Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Kraftfahrzeugsteuer für ein auf den Insolvenzschuldner zugelassenes Kfz ist unbeschadet einer Freigabe des Fahrzeugs durch den Insolvenzverwalter für die Zeit von der Insolvenzeröffnung bis zur verkehrsrechtlichen Abmeldung aus der Insolvenzmasse zu begleichen.
  2. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit steht der Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht entgegen.
 

Normenkette

KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Nr. 1; AO § 34; InsO §§ 35, 55 Abs. 1 Nr. 1, 2. Altern., § 80 Abs. 1, § 313 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.03.2010; Aktenzeichen II B 172/09)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger nach Freigabe eines Kraftfahrzeugs (Kfz) Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit schuldet. Der Kläger ist Treuhänder über das Vermögen der Frau A. (Insolvenzschuldnerin). Auf den Namen der Insolvenzschuldnerin ist seit dem 09. Oktober 2006 ein Personenkraftwagen (Pkw) mit dem Kennzeichen XXX zugelassen. Nachdem das Amtsgericht A-Stadt am 31. Juli 2007 über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und den Kläger zum Treuhänder ernannt hatte, erließ der Beklagte (das Finanzamt – FA –) gegenüber dem Kläger am 02. April 2008 einen Steuerbescheid, mit dem er die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug ab dem 31. Juli 2007 auf jährlich 108 Euro festsetzte. Mit Schreiben vom 08. April 2008 teilte der Kläger der Zulassungsbehörde mit, dass er das Fahrzeug am 08. April 2008 aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben habe. Das sich anschließende Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Zur Begründung seiner Klage, mit der der Kläger die Änderung des angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheides ab dem Tag der Freigabe begehrt, führt der Kläger im Wesentlichen aus, der Bundesfinanzhof (BFH) habe in einer Entscheidung aus dem Jahr 2004 festgestellt, dass die Kraftfahrzeugsteuer vom Gemeinschuldner zu tragen sei, wenn das Fahrzeug freigegeben werde. Dies sei am 08. April 2008 geschehen. Das BFH-Urteil zum Verfahren IX R 4/07 sei dahin zu verstehen, dass durch eine Anzeige der Freigabe an das Straßenverkehrsamt die Steuerpflicht beendet werde. Die Freigabemitteilung stelle eine solche Veräußerungsanzeige dar. Er habe dem Straßenverkehrsamt A-Stadt „diese Veräußerungsanzeige” zugeleitet.

Im Übrigen verstoße die BFH-Rechtsprechung gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Der BGH habe in der Entscheidung zum Verfahren IX ZR 84/07 zutreffend entschieden, dass der Treuhänder durch eine Insolvenz nicht automatisch den Besitz an der Sache erlange, vielmehr müsse er sich die tatsächliche Herrschaft über sie aneignen. Er – der Kläger – habe sich den Besitz an dem in Rede stehenden Kfz aber nie angeeignet. Des Weiteren sei die Haltereigenschaft nicht von der Insolvenzschuldnerin auf ihn übergegangen, was er der Zulassungsbehörde auch angezeigt habe. Darüber hinaus sei das Insolvenzverfahren massearm. Er habe inzwischen dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit mitgeteilt. Ein Zahlungsbescheid sei deshalb nicht mehr zulässig. Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Änderung des Bescheides vom 02. April 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 2008 ihm gegenüber als Treuhänder über das Vermögen der Frau A. die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen XXX nur für die Zeit vom 31. Juli 2007 bis 08. April 2008 festzusetzen. Das FA beantragt, die Klage abzuweisen. Unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung trägt es vor, mit der Insolvenzeröffnung werde der Insolvenzverwalter automatisch Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer. Die auf ihn übergegangene Steuerpflicht könne er nur durch Abmeldung des Fahrzeugs beenden. Ob der Kläger das Kfz der Insolvenzschuldnerin zur Masse habe ziehen können, sei unbeachtlich. Das Steuerrecht knüpfe ausschließlich an die Haltereigenschaft an. Diese sei nach der Insolvenzordnung (InsO) auf den Verwalter übergegangen. Mit Beschluss vom 31. August 2009 ist das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet nach § 94a Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Kraftfahrzeugsteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das FA die Kraftfahrzeugsteuer für das auf die Insolvenzschuldnerin zugelassene Kfz für die Zeit ab dem Tag der Insolvenzeröffnung gegenüber dem Kläger als Treuhänder festgesetzt.

1. Die Kraftfahrzeugsteuer ist für den in Rede stehenden Pkw auch für die Zeit ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden. Die Steuerpflicht dauert nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG), solange das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist. Steuerschuldner ist die Insolvenzschuldnerin als die Person, für die das Kfz zum Verkehr zugelassen ist (§ 7 Nr. 1 KraftStG). Dies wird vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt.

2. ...

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