Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Gewährung von Eigenheimzulage für ein in den Niederlanden gelegenes Einfamilienhaus
Leitsatz (redaktionell)
- Die dreijährige Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO findet bei der Festsetzung der Eigenheimzulage (hier: Förderung eines in den Niederlanden gelegenen Einfamilienhauses bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht gem. § 1 Abs. 3 EStG) keine Anwendung.
- Aus der Verletzung der Auskunftspflichten des Finanzamtes nach § 89 AO kann, selbst wenn ein solcher Pflichtverstoß zu bejahen wäre, kein Anspruch auf Festsetzung der Eigenheimzulage für festsetzungsverjährte Jahre abgeleitet werden.
- Die Festsetzungsfristen des § 169 Abs. 2 AO sind nicht wiedereinsetzungsfähig.
- Ein qualifizierter Verstoß der Bundesrepublik Deutschland gegen das Gemeinschaftsrecht kann nur erheblich sein, wenn der Stpfl. den nach nationalem Recht möglichen Rechtsweg nicht ausgeschöpft hat.
- Eine emmottsche Fristenhemmung kommt nur im Fall der nicht ordnungsgemäßen Umsetzung einer Richtlinie, nicht aber bei der Feststellung eines Verstoßes gegen Art 18, 39 und 43 EG (hier durch EuGH- Urteil C-152/05) in Betracht.
- Es verstößt weder gegen den Grundsatz der Effektivität noch der Gleichwertigkeit des Gemeinschaftsrechts, dass die nationale Rechtordnung die Festsetzung der Eigenheimzulage wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung versagt.
Normenkette
EigZulG § 2 Abs. 1 S. 1, §§ 5, 11 Abs. 1 Sätze 4-5, §§ 10, 15 Abs. 1 S. 1; AO §§ 89, 110 Abs. 1, § 155 Abs. 4, § 169 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 1; EG Art. 18, 39, 43
Streitjahr(e)
1999, 2000, 2001, 2002
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Eigenheimzulage für die Jahre 1999 bis 2002 hat.
Der Kläger war in den Streitjahren unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gem. § 1 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Jeweils im auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahr hatte er die Einkommensteuererklärung eingereicht.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 16.08.1999 erwarb er gemeinsam mit seiner Ehefrau jeweils zur Hälfte ein in 1988 errichtetes Einfamilienhaus in Vaals in den Niederlanden. Besitz, Nutzen und Lasten gingen ebenfalls am 16.08.1999 über. Die Anschaffungskosten einschließlich Kosten für den Grund und Boden betrugen 178.500 EURO.
Am 22.02.2008 beantragte der Kläger unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 17.01.2008 (Rechtssache – Rs.- C-152/05, – Sammlung der Rechtsprechung – Slg. – 2008, I-00039) die Festsetzung von Eigenheimzulage für die Jahre ab 1999.
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 16.05.2008 unter Berücksichtigung des Miteigentumsanteils des Klägers Eigenheimzulage für die Jahre ab 2003 i.H.v. jeweils 1.406,05 EURO fest. Für die Jahre 1999 bis 2000 lehnte er die Festsetzung von Eigenheimzulage wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung ab.
Im Rahmen des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens setzte der Beklagte mit Bescheid vom 27.10.2008 die Eigenheimzulage für die Jahre ab 2003 unter Berücksichtigung des Miteigentumsanteils der Ehefrau des Klägers i.H.v. jeweils 1.908,14 EURO fest. Im Übrigen blieb der Einspruch erfolglos.
Der Kläger hat am 09.04.2009 die vorliegende Klage erhoben.
Er ist der Ansicht, dass wegen Verletzung der Beratungs- und Auskunftspflichten gem. § 89 Abgabenordnung (AO) sich der Beklagte nicht auf die vierjährige Festsetzungsfrist berufen könne. Auf seine Nachfrage im Jahr 2000, ob ein Anspruch auf Eigenheimzulage bestehe, sei ihm von einem Bediensteten des FA A-Stadt die falsche Rechtsauskunft erteilt worden, er habe keinen Anspruch auf Eigenheimzulage, da sich das Wohnhaus in den Niederlanden befinde. Dadurch sei er davon abgehalten worden, bereits im Jahr 2000 einen Antrag auf Eigenheimzulage zu stellen. Wegen dieses Amtshaftungsanspruchs (Naturalrestitution) sei er so zu stellen, wie er stünde, wenn er eine richtige Auskunft erhalten und fristgemäß einen Antrag gestellt hätte. Hierzu verweise er auf die Urteile des Finanzgerichts (FG) Köln vom 21.04.1992 (3 K 6630/91, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1993, 4) und des FG des Landes Brandenburg vom 01.06.1999 (3 K 212/97 I, EFG 1999, 915).
Darüber hinaus seien die Voraussetzungen eines gemeinschaftsrechtlichen Haftungsanspruchs gegeben. Aus dem Umstand, dass die Europäische Kommission die Bundesrepublik Deutschland verklagt habe, ergebe sich, dass die Europarechtswidrigkeit des § 2 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) offenkundig gewesen sei. Schadensersatz sei in dem Sinne zu leisten, dass die Rechtslage wieder hergestellt werde, die bestehen würde, wenn es die europarechtswidrige Rechtslage nicht gegeben hätte. Dieser Anspruch führe ebenfalls dazu, dass er so zu stellen sei, als habe er fristgerecht Eigenheimzulage beantragt.
Er beantragt,
den Bescheid über Eigenheimzulage ab 2003 vom 27.10.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.03.2009 dahingehend zu ändern, dass ihm ab dem Jahr 1999 Eigenheimzulage i.H.v. 1.908,14 EURO gewährt wird.
Der Beklagte...