rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Finanzierungskosten im Zusammenhang mit einer wesentlichen Beteiligung als Werbungskosten, hier: Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG für das Jahr 2001
Leitsatz (redaktionell)
- Zinsen für einen Kredit zum Erwerb einer wesentlichen Beteiligung sind auch dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar, wenn ein positives Gesamtergebnis der Vermögensnutzung ausschließlich mittels einer durch die Veräußerung zu realisierenden, nach § 17 EStG einkommensteuerpflichtigen Wertsteigerung erstrebt wird; dies gilt auch nach Herabsetzung der Wesentlichkeitsgrenze auf 1%.
- Die Abzugsbeschränkung des § 3c Abs. 2 EStG greift auch ein, wenn derartige Zinsaufwendungen lediglich in einem mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit künftig möglichen, gemäß § 3 Nr. 40 EStG zur Hälfte steuerfreien Einnahmen stehen.
- § 3c Abs. 2 EStG ist bereits auf die im Jahr 2001 angefallenen Zinsen erstmals anzuwenden, da Ausschüttungen der Beteiligungsgesellschaft für dieses Jahr bereits dem Halbeinkünfteverfahren unterfallen.
Normenkette
EStG §§ 9, 17, 20 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2, § 17 Abs. 1 S. 1, § 52; KStG § 34 Abs. 10a Nr. 1
Streitjahr(e)
2000, 2001
Tatbestand
Streitig ist, ob die vom Kläger geltend gemachten Finanzierungszinsen im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung im Sinne des § 17 Einkommensteuergesetz - EStG – als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind.
Der Kläger war in den Streitjahren 2000 und 2001 als Vorstandsvorsitzender der „W-AG” nichtselbständig beschäftigt. Er hielt zum Jahresbeginn 2000 0,99 v.H. der Aktien. Am 16.06.2000 erwarb der Kläger im Rahmen einer „Pre-IPO-Emission” weitere 150.000 Aktien der „W-AG” zu einem Kurs von 10,11 € pro Stück. Eine Verpflichtung zum Erwerb der Aktien aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bestand nicht. Die Anschaffungskosten der Aktien beliefen sich auf 1.516.500,00 € = 2.966.016,19 DM. Der Emissionskurs der Aktie belief sich am „Sommer 2000” auf „XX,XX” €. Die Aktie wurde am Neuen Markt an der Frankfurter Börse notiert. Die vom Kläger erworbenen Aktien durften bis einschließlich 16.06.2003 nicht veräußert werden. Nach Ablauf dieses Zeitraums endete das Veräußerungsverbot für 1/3 der Aktien. Nach Ablauf des vierten und des fünften Jahres durften jeweils ab dem 16.06.2004 bzw. ab dem 16.06.2005 ein weiteres Drittel veräußert werden. Sollte das Arbeitsverhältnis des Klägers vor Ablauf der Bindungsfrist enden, so sollten die Aktien von den anderen Aktionären übernommen werden. Bis zum 16.07.2003 sollte der Kläger dafür den Einstandspreis erhalten, vom 16.07.2003 bis zum 16.07.2004 14,25 € und bis zum 16.07.2005 15,62 € pro Aktie. Nach Ablauf von fünf Jahren konnte der Kläger die Aktien frei veräußern. Der Kläger hielt ab dem 16.06.2000 unmittelbar und mittelbar mehr als 1 v.H. der Aktien.
Der Erwerb der Aktien wurde in vollem Umfang fremdfinanziert. Vom 26.06.2000 bis zum 14.12.2000 erfolgte die Finanzierung über das Girokonto des Klägers. Am 14.12.2000 wurde der Saldo auf dem Girokonto in ein Darlehen der „T-Bank” „L-Stadt” umgewandelt. Die Darlehenshöhe belief sich auf 3.333.333,33 DM. Der Zinssatz betrug 6 v.H. Die Aktien wurden als Kreditsicherheit verpfändet. Das Darlehen war in drei Raten von jeweils 1.111.111,11 DM zum 15.12.2003, 15.12.2004 und 30.12.2005 zu tilgen. Im Einzelnen wendete der Kläger in den Streitjahren für das Darlehen und die Finanzierung über sein Girokonto die folgenden Zinsen auf:
Jahr |
Zinsen |
2000 |
(Kreditzinsen) 97.666,67 DM (Disagio) 333.333,33 DM (Girokonto) 81.720,87 DM |
2001 |
(Kreditzinsen) 97.666,67 DM |
Der Kläger machte in seinen Einkommensteuererklärungen die Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. In 2000 machte er zunächst im Veranlagungsverfahren einen Betrag in Höhe von 431.000,00 DM (= Kreditzinsen + Disagio) geltend.
Dividenden aus der Beteiligung an der „W-AG” erzielte der Kläger in den Streitjahren nicht. Die Gesellschaft erwirtschaftete in beiden Streitjahren Verluste. Im Jahr 2000 lag der Börsenkurs über den Anschaffungskosten des Klägers. Im Jahr 2001 schwankte er zwischen 8,00 € und 12,00 €. Mitte des Jahres 2002 setzte ein Abwärtstrend ein, der im Januar/Februar 2003 mit dem bislang niedrigsten Kurswert von „X,XX” € endete. Im August 2003 lag der Kurs bei 9,50 €, im Oktober 2001 bei 7,40 €. Im Jahr 2004 wurde die „W-AG” an den „B-Konzern” veräußert. Der Preis pro Aktie belief sich auf „XX,XX” €. Der Kläger veräußerte seine Aktien zu diesem Preis.
Im Einkommensteuerbescheid 2000 vom 18.01.2002 und im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 11.02.2003 versagte der Beklagte den Ansatz der Finanzierungskosten für die Aktien als Werbungskosten.
Mit seiner nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trägt der Kläger vor,
hinsichtlich der erworbenen Aktien handele er mit Einkünfteerzielungsabsicht. Die aufgewendeten Zinsen seien daher in vollem Umfang Werbungskosten bei den Einkünfte...