Leitsatz
Zinsen für den Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft von mehr 1 % der Anteile sind auch dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen, wenn der Anteilseigner unter Einbeziehung des nach § 17 EStG steuerpflichtigen Gewinns insgesamt mit einem Überschuss der Einnahmen bzw. Gewinne über die Werbungskosten rechnen konnte. Für das Jahr 2001 angefallene Zinsen unterliegen dabei dem hälftigen Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG, da evtl. Dividenden für das Jahr 2001 bereits nach dem Halbeinkünfteverfahren zu versteuern wären.
Sachverhalt
Der Kläger hatte im Jahr 2000 seine Beteiligung an einer am "Neuen Markt" notierten AG auf mehr als 1 % der Anteile aufgestockt. Der Erwerb der Anteile wurde vom Kläger fremdfinanziert. Die Aktien konnten vom Kläger frühestens ab dem 1.6.2003 i.H.v. jährlich einem Drittel des Bestands veräußert werden.
In den Jahren 2000 und 2001 schüttete die AG nicht aus, da sie Verluste erwirtschaftete. Die Schuldzinsen wurden vom Kläger folglich als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen geltend gemacht. Durch die Veräußerung der Aktien im Jahr 2004 erzielte er einen bescheidenen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 EStG, der aber bei weitem nicht die bis dahin entstandenen Verluste abdeckte.
Das Finanzamt berücksichtigte die negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht nicht. Nach seiner Auffassung lagen in den Streitjahren keine Anhaltspunkte und Zahlen vor, wonach der Kläger mit einem Totalüberschuss rechnen konnte. Es seinen keine Dividenden ausgeschüttet worden. Die schwankenden Kurswerte der Aktien, die zudem teilweise unter den Anschaffungskosten gelegen hätten, führten zudem dazu, dass auch für die Möglichkeit eines Ausgleichs der Verluste durch Veräußerungsgewinne keine Anhaltspunkte vorlägen.
Entscheidung
Das FG gab der Klage teilweise statt. Zunächst stellte es mit Verweis auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung klar, dass für die Prognose, ob durch die Beteiligung ein Totalüberschuss erzielbar ist, eine Renditeberechnung anzustellen sei, in die neben den möglichen Ausschüttungen auch die steuerpflichtigen Veräußerungsgewinne einzubeziehen seien. Nach Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG auf 1 % der Anteile gelte diese auch für nach dieser Vorschrift steuerpflichtige Veräußerungsgewinne. Bei der Renditeberechnung sei nicht auf das Ergebnis weniger Jahre abzustellen, sondern das Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung entscheidend. Die unerwartete Ertragslosigkeit einer Beteiligung reiche für eine Versagung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht aus. Vielmehr müssten auch steuerpflichtige Wertsteigerungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Erwerb einer Beteiligung i.S.d. § 17 EStG regelmäßig auf eine gewinnbringende, steuerpflichtige Beteiligung gerichtet sei. Die gelte aus der Sicht der Jahre 2000 und 2001 auch (noch) für eine Beteiligung an einem Unternehmen des "Neuen Markts". Nicht nur der Kläger, sondern auch zahlreiche Analysten seien damals noch von einer überaus positiven Kursentwicklung der Anteile ausgegangen. Der unerwartete Vermögensverfall könne im Nachhinein nicht zur Versagung der Einkünfteerzielungsabsicht herangezogen werden.
Allerdings seinen die Schuldzinsen für das Jahr 2001 nach § 3c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte zu berücksichtigen. Das hälftige Abzugsverbot nach dieser Vorschrift komme zur Anwendung, wenn die Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Einnahmen des Gesellschafters stehen, für die § 3 Nr. 40 EStG anzuwenden ist. Dies gelte unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Einnahmen anfallen. Dieser wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den angefallenen Zinsen und späteren Einnahmen sei im entschiedenen Fall zu bejahen. Bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr unterlägen evtl. Ausschüttungen für das Wirtschaftsjahr 2001, die frühestens in 2002 beschlossen und ausgezahlt werden, dem Halbeinkünfteverfahren. Damit sei § 3c Abs. 2 EStG auch bereits auf die im Streitjahr 2001 angefallenen Zinsen anzuwenden.
Die Revision gegen diese Entscheidung wurde zwar zugelassen, jedoch nicht eingelegt.
Hinweis
Bei der Fremdfinanzierung eines Anteilserwerbs von mehr als 1 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft geht das FG von einer Einkünfteerzielungsabsicht aus, weil der Kläger glaubhaft machen konnte, dass er unter Einbeziehung steuerpflichtiger Veräußerungsgewinne insgesamt mit einem Totalüberschuss rechnen konnte. Es bietet sich deshalb in vergleichbaren Fallgestaltungen, insbesondere bei der Beteiligung an zunächst ertraglosen GmbH, an, bereits bei Erwerb der Beteiligung Prognoseentscheidungen über die mögliche Gewinnerwartung schriftlich zu dokumentieren. Bei der Fremdfinanzierung des Anteilserwerbs könnte ggf. ein Wertgutachten der finanzierenden Bank hilfreich sein. Sprechen Sie insoweit rechtzeitig mit ihrem Bankberater.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Ur...