vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuberechnung des steuerfreien Anteils einer Witwenrente aufgrund von Einkommensanrechnungen
Leitsatz (redaktionell)
Anpassungen des Jahresbetrages einer Witwenrente aufgrund von Einkommensanrechnungen (hier: Versorgungsbezüge) führen zu einer Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente, da sie keine regelmäßigen Rentenanpassungen i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 7 EStG darstellen.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 a) aa) S. 6, S. 3 a) aa) S. 7
Streitjahr(e)
2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des steuerfreien Anteils einer Witwenrente.
Die Klägerin bezieht seit Oktober 2000 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Hinterbliebenenrente in Form der großen Witwenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann. Darüber hinaus bezieht die Klägerin seit 2001 Versorgungsbezüge. Die Höhe der Witwenrente ist variabel, weil sie jährlich unter Berücksichtigung des aktuellen Erwerbsersatzeinkommens (hier: Versorgungsbezüge) neu berechnet wird. Die Änderungen des Zahlbetrags der Hinterbliebenenrente aufgrund der Änderung des anzurechnenden Einkommens wurden jeweils zum 1. Juli eines Jahres berücksichtigt.
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2011 (Streitjahre) zunächst mit Schätzungsbescheiden vom 06.11.2012 fest.
Hiergegen wandte die Klägerin sich mit dem Einspruch und reichte für die Streitjahre Einkommensteuererklärungen ein. Sie erklärte Rentenbeträge einschließlich Einmalzahlungen aus der Hinterbliebenenrente i.H.v. 6.972 € (2006); 6.621 € (2007); 6.659 € (2008); 6.729 € (2009); 6.776 € (2010); 6.823 € (2011).
Auf der Basis der eingereichten Steuererklärungen erließ der Beklagte unter dem 25.01.2013 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Gegen diese wandte sich die Klägerin mit der Begründung, der steuerpflichtige Anteil der Rente sei nicht korrekt ermittelt worden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 16.05.2013 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Der steuerfreie Teil der Rente sei korrekt ermittelt worden. Dieser ermittele sich aus dem Jahresbetrag der Rente abzüglich des Rentenanpassungsbetrages. Der steuerfreie Teil der Rente betrage die Hälfte des so ermittelten Betrages (2006: 3.486 € [6.972 € x 50%]; 2007: 3.302 € [(6.621 € - 17 €) x 50%]; 2008: 3.294 € [(6.659 € - 71 €) x 50%]; 2009: 3.269 € [(6.729 € - 191 €) x 50%]; 2010: 3.257 € [(6.776 € - 263 €) x 50 %]; 2011: 3.262 € [(6.823 € - 299 €) x 50%]).
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren weiter mit der Klage. Nicht der Prozentsatz des steuerfreien Teils der Rente, sondern dessen Betrag sei für die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs festgeschrieben. Die Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen sei kein die Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente auslösendes Ereignis. Denn das Rentenstammrecht, aus dem die Leibrente bezogen werde, werde durch die Anrechnung nicht geschmälert. Dass die Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen keine die Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente auslösende Anpassung i.S.d. § 22 Nr. 1 a) aa) Sätze 6 und 7 des Einkommensteuergesetzes - EStG - sei, folge auch daraus, dass der Gesetzgeber diesen Fall - anders als in der vergleichbaren Regelung des § 19 Abs. 2 Sätze 9 und 10 EStG - nicht explizit aufgenommen habe. Für diese Rechtsansicht spreche ferner, dass es anderenfalls zu einer steuerlichen Doppelerfassung kommen könne. Denn der Anstieg des Erwerbersatzeinkommens, welches dem individuell anzuwendenden Einkommensteuertarif unterliege, führe zu einer höheren Anrechnung auf den Jahresbetrag der Rente und mithin zu einem niedrigeren Rentenzahlbetrag. Dies würde wiederum bei einer Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente dazu führen, dass dieser sinke und korrespondierend der steuerpflichtige Teil der Rente steige. Da auf die (höheren) Versorgungsbezüge bereits der Einkommensteuertarif anzuwenden sei, komme es zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten doppelten steuerlichen Belastung. Für den Fall, dass gleichwohl eine Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente aufgrund der Anrechnung des Erwerbsersatzeinkommens notwendig sei, macht die Klägerin hilfsweise geltend, der Beklagte habe die erforderliche Verhältnisrechnung i.S.d. § 22 Nr. 1 a) aa) Satz 6 EStG nicht zutreffend durchgeführt.
Die Klägerin beantragt,
die Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2011 vom 06.11.2012 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 25.01.2013 sowie der Einspruchsentscheidung vom 16.05.2013 dahin zu ändern, dass sonstige Einkünfte i.H.v. 3.288 € für 2006, 2.937 € für 2007, 2.975 € für 2008, 3.045 € für 2009, 3.092 € für 2010 und 3.112 € für 2011 festgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Klägerin sei darin zuzustimmen, dass der steuerfreie Teil der Rente grundsätzlich betragsmäßig auf die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs festgeschrieben werde und auch die regelmäßigen Rentenanpassungen keine Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente auslösten. Ändere sic...