Entscheidungsstichwort (Thema)
Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung trotz zeitnaher Feststellung des neuen Aufenthaltsortes der Nichtgemeinschaftswaren durch das Zollamt. Inanspruchnahme einer Zollpräferenz
Leitsatz (redaktionell)
- Nichtgemeinschaftswaren, die dem inländischen Empfänger nach Gestellung bei dem Zollamt zur vorübergehenden Verwahrung überlassen worden sind, werden durch Entfernung vom zugelassenen Lagerungsort auch dann mit der Folge der Entstehung der Zollschuld und der Einfuhrumsatzsteuer der zollamtlichen Überwachung entzogen, wenn der neue Aufenthaltsort der Waren durch das Zollamt zeitnah festgestellt werden kann.
- Die Inanspruchnahme einer Zollpräferenz setzt voraus, dass die Zollschuld durch ordnungsgemäße Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr entstanden ist.
Normenkette
ZK Art. 20 Abs. 3 Buchst. d, Art. 51 Abs. 1, Art. 92 Abs. 1, Art. 145 Abs. 1, Art. 201, 203 Abs. 1, Art. 204 Abs. 1 Buchst. a; ZKDV Art. 900 Abs. 1 Buchst. o; UStG § 21 Abs. 2 S. 1 1. Halbsatz
Tatbestand
Am 14. September 1997 wurden beim Hauptzollamt 2.950 Stück Textilwaren aus Polen gemäß Ladeliste in das externe Versandverfahren übergeführt - T1 - 3529 -. Als Empfänger der Waren wurde der Kläger angemeldet. Diese Textilwaren wurden am 15. September 1997 gemeinsam mit dem Versandschein T1 - 3529 beim beklagten Hauptzollamt - Zollamt - gestellt. Nachdem die Waren teilweise beschaut worden waren, wurden diese dem Kläger zur vorübergehenden Verwahrung in seinem Betrieb in . . . überlassen. Dem Kläger wurde vom Zollamt . . . ein schriftlicher Hinweis erteilt, dass die Waren unverändert und vollständig einer zollrechtlichen Bestimmung zuzuführen seien. Die Zollanmeldung sei bis zum 20. Tag nach Abgabe der summarischen Zollanmeldung abzugeben. Der vom Zollamt . . . ausgefüllte Vordruck 0308 zu dem Zollbeleg GB - 2849 vom 15. September 1997 enthält in Feld 8 keine Unterschrift des Klägers als derjenigen Person, die die Verwahrung der Waren schriftlich bestätigt.
Am 16. September 1997 erschien die Zollsachbearbeiterin des Klägers, T, beim Zollamt . . . und gab für die am 15. September 1997 gestellten Textilwaren Zollanmeldungen ab, mit denen unter Bezugnahme auf vorgelegte Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 bzw. EUR.2 eine Zollpräferenzbehandlung beantragt wurde. Ausweislich eines hierüber angefertigten Aktenvermerks des Zollamts soll T auf die Ankündigung einer Beschau der Waren im Betrieb des Klägers erklärt haben, dass diese bereits ausgeliefert worden seien. Auf telefonische Nachfrage habe G bestätigt, dass der Lkw zur Auslieferung der Textilwaren bereits unterwegs gewesen sei. G habe sich bereit erklärt, den Lkw zur Rückkehr zu veranlassen. Im Verlaufe des 16. September 1997 habe sich G nochmals gemeldet und mitgeteilt, dass nur noch 61 Pullover zur Beschau zur Verfügung gestellt werden könnten. Der Rest der Textilwaren sei bereits an die Kunden des Klägers ausgeliefert worden.
Das beklagte Hauptzollamt ging deshalb davon aus, dass die am 15. September 1997 gestellten Textilwaren - mit Ausnahme der 61 Pullover, die noch im Betrieb des Klägers hätten beschaut werden können - der zollamtlichen Überwachung entzogen worden seien. Dementsprechend setzte es gegen den Kläger unter Anwendung der für die Textilwaren geltenden Regelzollsätze mit Steuerbescheiden vom 10. Oktober und 6. November 1997 Zoll von 14.466,76 DM und Einfuhrumsatzsteuer von 18.406,17 DM, mithin Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 32.872,93 DM fest.
Gegen diese Steuerbescheide legte der Kläger am 14. Oktober 1997 Einspruch ein, mit dem er im Wesentlichen vorbrachte: Die in Rede stehenden Textilwaren hätten sich in der Auslieferung befunden, als Herr K vom Zollamt seiner Ehefrau gegenüber, G, angekündigt habe, dass eine Beschau der Waren in seinem Betrieb durchgeführt werden solle. Da lediglich die Position von 61 Pullovern unklar erschienen sei, habe Herr K vom Zollamt . . . seiner Ehefrau die Anweisung erteilt, nur diese Waren zur Verfügung zu stellen. Er hätte sämtliche am 15. September 1997 gestellten Textilwaren zur Durchführung einer Beschau zur Verfügung gestellt, falls Herr K dies klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht hätte. Er könne daher die Zollpräferenz für Textilwaren mit Ursprung in Polen in Anspruch nehmen. Darüber hinaus stehe ihm auch eine Zollermäßigung für die Veredelungserzeugnisse aus Polen zu.
Mit Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 1998 wies das beklagte Hauptzollamt den Einspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die Zollschuld sei hier nach Art. 203 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG Nr. L 302/1) (Zollkodex - ZK -) entstanden, weil der Kläger die Textilwaren der zollamtlichen Überwachung entzogen habe. Die dem Kläger überlassenen Waren hätten die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung gehabt. Der Kläger habe diese Waren deshalb auf Verlangen der zuständigen Zollstelle vorführen müs...