vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkung der doppelten Verlustberücksichtigung im In- und Ausland bei Organschaft, Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung der Neuregelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG i.d.F. des UntStVereinfG, unzulässige echte Rückwirkung, verfassungsrechtlich gebotene Reduktion des zeitlichen Anwendungsbereichs, Aufgabe des Erfordernisses des doppelten Inlandsbezugs. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 20/22)
Leitsatz (redaktionell)
Die Beschränkung der doppelten Berücksichtigung von Verlusten eines Organträgers oder einer Organgesellschaft im In- und Ausland gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG i.d.F. des UntStVereinfG 2013 findet aufgrund einer verfassungskonform einschränkenden Auslegung der den zeitlichen Anwendungsbereich dieser Norm regelnden Vorschrift des § 34 Abs. 9 Nr. 8 KStG i.d.F. des UntStVereinfG keine Anwendung, wenn noch nicht bestandskräftig abgeschlossene Veranlagungen für Veranlagungszeiträume vor 2013 solcher Steuerpflichtigen betroffen sind, die ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Inland hatten und deshalb gerade nicht aufgrund der Aufgabe des Erfordernisses des doppelten Inlandsbezugs mit der gleichzeitigen Änderung des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG erstmals als Organgesellschaft anerkennungsfähig geworden sind.
Normenkette
KStG § 14 Abs. 1 Sätze 1, 1 Nr. 5, § 34 Abs. 9 Nr. 8
Streitjahr(e)
2010
Tatbestand
Streitig sind die Nichtberücksichtigung eines Verlustes im Streitjahr 2010 durch Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und die Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit höherrangigem Recht.
Die Klägerin ist eine im Handel mit und der Durchführung von Dienstleistungen im Bereich des Facility- und Immobilienmanagements tätige GmbH mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Inland. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die in den USA ansässige A . Von Dezember 2008 bis zum 31.08.2015 war die Klägerin Alleingesellschafterin der B GmbH, mit der sie einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag vom 02.03.2009 abgeschlossen hatte und im Streitjahr als Organträgerin eine ertragsteuerliche Organschaft bildete. Die B GmbH war die einzige Organgesellschaft der Klägerin. Die Klägerin hatte ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, das vom 01.10. bis zum 30.09. des Folgejahres lief.
Für Zwecke der US-amerikanischen Besteuerung wurde die Klägerin im Streitjahr unter Anwendung des sog. „check-the-box-election"-Verfahrens als „disregarded entity“ behandelt. Hiernach galt die Klägerin für US-Steuerzwecke nicht als eigenständiges Steuersubjekt, sondern als Betriebsstätte ihrer Alleingesellschafterin bzw. wiederum deren Gesellschaftern im…-Konzern. Als Folge dieser Behandlung wurden sowohl positive als auch negative Einkünfte der Klägerin nach den Besteuerungsgrundsätzen der USA ermittelt und für die Besteuerung der Alleingesellschafterin und deren Gesellschaftern in den USA berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 06.02.2012 setzte das zum damaligen Zeitpunkt zuständige Finanzamt Z-Stadt die Körperschaftsteuer für 2010 für die Klägerin gemäß der am 27.12.2011 eingereichten Körperschaftsteuererklärung auf…Euro unter Zugrundelegung eines nach Maßgabe deutscher Gewinnermittlungsvorschriften ermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte i.H.v. ./.…Euro fest; darin enthalten war das der Klägerin als Organträgerin zugerechnete Einkommen der B GmbH i.H.v. ./.…Euro. Der gesondert festgestellte verbleibende Verlustabzug auf den 31.12.2010 betrug…Euro (Bescheid vom 06.02.2012 über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2010). In dem gemäß der Gewerbesteuerklärung vom 27.12.2011 ergangenen Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2010 vom 06.02.2012 wurde der Gewerbeertrag vor Verlustabzug mit ./.…Euro festgesetzt. Mit Bescheid vom 06.02.2012 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2010 wurde der vortragsfähige Gewerbeverlust nach Berücksichtigung des Gewerbeverlustes des Jahres 2010 auf…Euro festgestellt. Die Bescheide ergingen ebenso wie die zwischenzeitlich aus nicht den Streitfall betreffenden Gründen ergangenen Änderungsbescheide vom 05.12.2012 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Bei einer bei der Klägerin für die Jahre 2010 bis 2012 durchgeführten Außenprüfung im Jahr 2015 stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin nach Maßgabe der Gewinnermittlungsmethode US-GAAP gemäß US-amerikanischem Recht umgerechnet Ergebnisse in den Jahren 2010 bis 2012 wie folgt erzielt hatte (Bericht über die Betriebsprüfung vom 17.02.2017):
2010 |
2011 |
2012 |
./.…Euro |
+…Euro |
+…Euro |
Der Prüfer stellte weiter und in Übereinstimmung mit der Klägerin fest, dass der in den USA für die Klägerin als „disregarded entity“ im Jahr 2010 ermittelte Verlust i.H.v. umgerechnet…Euro bei der US-amerikanischen Besteuerung der ...-Unternehmensgruppe berücksichtigt wurde. Infolgedessen erachtete der Prüfer eine Korre...