rechtskräftig Revision zugelassen durch BFH Beschluss VII B 160/13 vom 17. 9. 2013

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Stromsteuerrecht: Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG; Widerruf einer Stromversorgererlaubnis ist keine Gewerbeuntersagung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch wenn der Widerruf der Versorgererlaubnis eine wesentliche Grundlage der konkreten Gewerbeausübung eines Stromversorgers betrifft, stellt der Widerruf der Versorgererlaubnis keine Gewerbeuntersagung und keine ihr gleichzustellende Maßnahme dar.

2. Elektrischer Strom aus erneuerbaren Energieträgern ist nur dann nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG steuerfrei, wenn er aus einem ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern gespeisten Netz entnommen wird.

 

Normenkette

AO § 361 Abs. 1 Sätze 1, 4; FGO § 69; StromStG § 4 Abs. 1-2, 4, § 9 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.09.2013; Aktenzeichen VII B 160/13)

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt Aussetzung der Vollziehung des Widerrufs ihrer Versorgererlaubnis nach § 4 StromStG.

1. Der Antragsgegner erteilte der Antragstellerin am 05.05.2011 eine Versorgererlaubnis nach § 4 Abs. 1, 2 StromStG.

Mit Bescheid vom 02.04.2012 widerrief der Antragsgegner gemäß § 4 Abs. 4 StromStG die Versorgererlaubnis mit sofortiger Wirkung. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid (nur), dass aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse im Rahmen des laufenden Ermittlungsverfahrens des Zollfahndungsamtes A (ZFA) Bedenken an der steuerlichen Zuverlässigkeit der Antragstellerin bestünden und damit die Voraussetzungen für eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 2 StromStG nicht mehr gegeben seien.

Die Antragstellerin legte Einspruch ein, über den bisher nicht entschieden worden ist, und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung (AdV).

Mit Bescheid vom 05.04.2012 setzte der Antragsgegner die Vollziehung zunächst bis zum 31.05 .2012 aus. Die Antragstellerin legte hiergegen Einspruch ein und stellte beim Finanzgericht einen Antrag auf AdV. Der Antragsgegner setzte sodann die Vollziehung mit Bescheid vom 16.05.2012 bis eine Woche nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Beendigung des Einspruchsverfahrens aus. Die AdV-Gewährung erfolgte ausdrücklich unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Hierzu führt der Bescheid aus, dass mit einem Widerruf zu rechnen sei, wenn sich die im Bescheid vom 02.04.2012 geltend gemachten Zweifel an der steuerlichen Zuverlässigkeit aufgrund neuerer Erkenntnisse entscheidend erhärten sollten, insbesondere wenn es in dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin, dem G, zu einer Anklagerhebung kommen sollte.

Mit Prüfungsanordnung vom 12.04.2013 ordnete der Antragsgegner eine Außenprüfung gemäß §§ 193 ff. AO für das Jahr 2012 bei der Antragstellerin an. Die im Mai 2013 begonnene Prüfung wurde sodann auf die Jahre 2010 und 2011 ausgedehnt und Anfang Juni 2013 abgebrochen. Das HZA als Betriebsprüfungsbehörde hielt in einem Vermerk vom 28.06.2013 fest, dass im Rahmen der Außenprüfung am 06.06.2013 Stromsteuerabrechnungen vorgelegt worden seien, die übergreifend den Ermittlungszeitraum 2011 und den Prüfungszeitraum 2012 beträfen; die dort abgerechneten Strommengen seien nicht mit der Stromsteueranmeldung der Antragstellerin vom 22.04.2013 angemeldet worden. Wegen des darin begründeten Verdachts einer Steuerstraftat sei die Außenprüfung in Absprache mit dem ZFA abgebrochen worden.

Mit umfänglich begründeten Bescheid vom 28.06.2013 widerrief der Antragsgegner die am 16.05.2012 gewährte AdV mit Wirkung zum 10.07.2013, untersagte deren Nutzung ab diesem Zeitpunkt und forderte die Antragstellerin zur unverzüglichen Rückgabe der erteilten Erlaubnisscheine auf.

Die Antragstellerin hat sich am 09.07 .2013 mit einem Eilantrag an das Finanzgericht gewendet, das mit Beschluss vom selben Tag die Vollziehung des Bescheids vom 02.04.2012 vorläufig bis zum 09.08 .2013 ausgesetzt hat.

...

4. Den Widerruf der AdV-Gewährung vom 28.06.2013 begründete der Antragsgegner damit, dass sich die Zweifel an der steuerlichen Zuverlässigkeit erhärtet hätten, die Jahresabschlüsse für 2011 und 2012 nicht erstellt worden seien - tatsächlich sind beide Jahresabschlüsse bisher nicht vorgelegt worden - und die Abgabenansprüche gefährdet erschienen. Für die Prüfung der steuerlichen Zuverlässigkeit komme es entscheidend auch auf die Person des G an. Die ihm zuzurechnenden Unternehmen... und ... hätten bereits in den Jahren 2009 bis 2011 an über 100 gewerbliche Kunden rund ... MWh Strom geleistet, ohne Steueranmeldungen abzugeben. Bei Beantragung der Versorgererlaubnis habe G hingegen erklärt, die Antragstellerin werde Strom nur an Versorger mit Erlaubnisschein leisten; die Antragstellerin habe es sodann pflichtwidrig unterlassen, den Antragsgegner über die Stromleistung an andere Personen sowie über die ständige Erhöhung der an diese Personen geleisteten Strommenge zu informieren. Wegen der pflichtwidrig verspätet und nur auf ausdrückliche Anforderung übermittelten Informationen zum Umfan...

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