Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrecht: Streitwert bei Prüfungsentscheidungen von Steuerberatern
Leitsatz (amtlich)
Für den Streitwert bei Steuerberaterprüfungen ist auf das pauschalisierte Jahresgehalt eines angestellten Steuerberaters abzustellen.
Normenkette
GKG § 52 Abs. 1
Gründe
I.
Der Kläger wendete sich im Klageverfahren gegen den Nichtbestehensbescheid der Steuerberaterprüfung 2022/2023.
Mit Urteil vom 31. Mai 2024 wies das Finanzgericht Hamburg die Klage ab.
Mit Schriftsätzen vom 19. Mai 2023 und 28. Juni 2024 beantragte der Kläger, den Streitwert auf 50.000 Euro festzusetzen.
Dieser Streitwert ergebe sich in analoger Anwendung von 36.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 und unter Zugrundelegung des zu erwartenden Jahresverdienstes eines angestellten Steuerberaters in Höhe von mindestens 50.000 Euro. Der Streitwertkatalog für die Finanzgerichtsbarkeit vom 15. Juni 2009 sei veraltet. Beide Streitwertkataloge beruhten auf § 52 des Gerichtskostengesetzes (GKG) - es müsse eine gleichmäßige Behandlung gleichgelagerter Sachverhalte sichergestellt werden. Der ansonsten für alle übrigen den Berufszugang eröffnenden Prüfungen im Bereich des Verwaltungsrechts anwendbare Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichtsbarkeit sei auch hier heranzuziehen. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) stütze sich in seinen hierzu ergangenen Entscheidungen auf eine Anpassung an die Entwicklung der Einkommensverhältnisse angestellter Steuerberater. Die Bedeutung der Sache ergebe sich aus der Eröffnung des Berufszugangs durch die Steuerberaterprüfung, das heiße dem Jahresbetrag des Einkommens eines Berufsanfängers als angestellter Steuerberater. § 52 Abs. 6 Nr. 1 GKG sehe hinsichtlich der Begründung eines Beamtenverhältnisses als Streitwert die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge vor. Dies spreche ebenfalls für den zu erwartenden Jahresverdienst.
Das Gericht hat bei der Beklagten angefragt, welchen Beruf der Kläger vor der Prüfung ausübte und ob ggf. Durchschnittswerte zum Verdienst dieses Berufs vorlägen. Des Weiteren hat das Gericht nach dem durchschnittlichen Jahresgehalt eines angestellten Steuerberaters im ersten Berufsjahr in Hamburg gefragt.
Die Beklagte hat daraufhin mitgeteilt, der Kläger sei von Beruf Steuerfachangestellter und als Steuerassistent tätig. Statistiken zu Gehältern von Steuerfachangestellten würden nicht geführt. Im Jahr 2018 habe eine Umfrage bei den lokalen Steuerberatern ergeben, dass in Hamburg durchschnittlich ein Bruttojahresgehalt von 78.182 Euro gezahlt werde. Im Bundesdurchschnitt habe das Jahresgehalt 75.128 Euro betragen.
Der Kläger führt insoweit aus, dass die bisherige Tätigkeit unbeachtlich für die Streitwertfestsetzung sei.
II.
1. Ein Rechtschutzbedürfnis für die Streitwertfestsetzung besteht.
Nach § 63 Abs. 2 Satz 2 GKG wird der Gebührenstreitwert in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nur festgesetzt, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Hier liegt ein Antrag auf Streitwertfestsetzung vor. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH muss für einen solchen Antrag aber zusätzlich ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis vorliegen (BFH, Urteil vom 25. September 2018, IX R 35/17, BStBl. II 2019, 167, juris Rn. 27; Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 135 FGO Rn. 130 m.w.N., Stand: September 2023). Dieses fehlt unter anderem dann, wenn sich die Höhe des Streitwerts aus den Anträgen der Beteiligten eindeutig ermitteln lässt (BFH, Urteil vom 25. September 2018, IX R 35/17, BStBl. II 2019, 167, juris Rn. 27). Hier ergibt sich der Streitwert nicht eindeutig aus den Anträgen, weil es nicht um in Bescheiden festgesetzte Zahlen bzw. Geld geht, sondern um das Nichtbestehen einer Prüfung. Dies ist nicht direkt bezifferbar.
2. Der Streitwert ist auf 50.000 Euro festzusetzen.
Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Finanzgerichten der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG).
Hier ist ein pauschaliertes Jahresgehalt eines Berufsanfängers als Steuerberater in Höhe von 50.000 Euro nach § 52 Abs. 1 GKG zugrunde zu legen. Denn die Bedeutung der Sache - Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung - ist mit dem pauschaliert zu betrachtenden zu erwartenden Jahresgehalt eines Berufsanfängers als Steuerberater zu bemessen. Dies entspricht der Rechtsprechung des BFH, wonach bei Streitigkeiten, bei denen es um das Bestehen einer Prüfung als Steuerberater geht, "Rücksicht auf die Einwicklung der Einkommensverhältnisse zu nehmen" ist (vgl. BFH, Beschluss vom 4. Juli 2005, VII E 4/05, BFH/NV 2005, 2021, juris Rn....