Beschwerde eingelegt (BFH VII B 22/12)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Finanzprozessrecht: Vorläufige Vollstreckbarkeit eines beschwerdefähigen AdV-Beschlusses
Leitsatz (amtlich)
1. Aus welchen Titeln vollstreckt wird, ist für den Bereich der Finanzgerichtsbarkeit im § 151 Abs. 2 FGO erschöpfend geregelt (im Anschluss an BFH, Beschluss vom 30.01.1973, VII B 128/71).
2. Der abschließende Katalog des § 151 Abs. 2 FGO erfasst zwar auch unanfechtbare AdV-Beschlüsse, nicht aber Entscheidungen gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist.
3. Im Anwendungsbereich der FGO können auch andere Entscheidungen als Endurteile, z. B. beschwerdefähige AdV-Beschlüsse, für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Normenkette
FGO § 151 Abs. 1-3, § 155; ZPO §§ 704, 708 Nr. 10, § 711
Nachgehend
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der Vollziehung einer Steueranmeldung betreffend Kernbrennstoffsteuer.
1. Die Antragstellerin betreibt in A ein Kernkraftwerk. Im ... 2011 setzte die Antragstellerin Brennelemente in den Kernreaktor ein und löste anschließend eine selbsttragende Kettenreaktion aus. Die verwendeten Brennelemente enthielten ... kg Uran ... kg Plutonium ... und ... kg Plutonium 241. In ihrer Steueranmeldung gegenüber dem Antragsgegner vom 13.07.2011 berechnete die Antragstellerin einen Betrag von EUR ... als Kernbrennstoffsteuer gemäß Kernbrennstoffsteuergesetz (KernbrStG). Am 18.07.2011 erhob die Antragstellerin beim Finanzgericht Hamburg Sprungklage gegen die Steueranmeldung (FG Hamburg 4 K 130/11), die aufgrund fehlender Zustimmung des Antragsgegners sodann als Einspruch behandelt und vom Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 18.11.2011 abgelehnt wurde. Die Antragstellerin hat hiergegen fristgerecht Klage beim Finanzgericht eingelegt (FG Hamburg 4 K 275/11), über die noch nicht entschieden worden ist.
2. Den am 19.07.2011 von der Antragstellerin beim Antragsgegner gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 21.07.2011 ab. Den gegen diese Ablehnung gerichteten Einspruch der Antragstellerin vom 26.07.2011 lehnte der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 18.11.2011 ab. Die Antragstellerin hat die angemeldete Kernbrennstoffsteuer zwischenzeitlich gezahlt.
3. Am 09.12.2011 hat die Antragstellerin bei Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Die Antragstellerin ist der Meinung, die Steueranmeldung sei rechtswidrig, denn das Kernbrennstoffsteuergesetz sei mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass einer Kernbrennstoffsteuer formell verfassungswidrig, materiell verfassungswidrig und unionsrechtswidrig. Sie nimmt zur Begründung ihres Antrags Bezug auf ihren gegenüber dem Antragsgegner gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sowie die in Kopie beigefügten Entscheidungen des Finanzgerichts Hamburg vom 16.09.2011 (4 V 133/11, juris) und des Finanzgerichts München vom 04.10.2011 (14 V 2155/11, juris). Beide Gerichte haben in gleichgelagerten Fällen die Vollziehung einer Steueranmeldung betreffend Kernbrennstoffsteuer wegen ernstlicher Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes ohne Sicherheitsleistung aufgehoben. Über die jeweils eingelegte Beschwerde hat der Bundesfinanzhof (BFH) noch nicht entschieden. Ergänzend trägt die Antragstellerin zu den Voraussetzungen einer Aussetzung der Vollziehung vor, dass im Rahmen des Eilverfahrens sowohl im Hinblick auf die Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit als auch an der Europarechtskonformität des Kernbrennstoffsteuergesetzes keine Abwägung mit öffentlichen Interessen an einer geordneten Haushaltsführung stattfinde. Im Übrigen sei die geordnete Haushaltsführung im Fall der Nichtvereinnahmung der Kernbrennstoffsteuer nicht gefährdet, weil sie nach den Erwartungen mit rund EUR 1,3 Mrd. nur ca. 0,5 % der Bundeseinnahmen ausmache. Die Antragstellerin sei durch die Steuer neben dem sogenannten Atomausstieg wirtschaftlich hart getroffen worden. Es sei auch zu beachten, dass der Kreis der von der Steuer belasteten Unternehmen sehr klein sei, d. h. ihre Last sich auf einige wenige besondere hart getroffene Unternehmen verteile.
Die Antragstellerin beantragt, die Vollziehung der angemeldeten Kernbrennstoffsteuer in Höhe von EUR ... zunächst bis einen Monat nach Zustellung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs über die beiden dort anhängigen Beschwerden (Az. VII B 171/11, Az. VII B 185/11) gegen die Gewährung der Aufhebung der Vollziehung in den Parallelverfahren vor dem FG Hamburg (Az. 4 V 133/11) und dem FG München (Az. 14 BV 2155/11), längstens bis einen Monat nach Zustellung der Entscheidung über den Abschluss der Klage, auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
Nachdem die Antragstellerin die angemeldete Kennbrennstoffsteuer zwischenzeitlich gezahlt habe, komme eine Aussetzung der Vollziehung ...