rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer/Abgabenordnung: ErbSt des Vorvermächtnisnehmers und ErbSt-Haftung des Generalbevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
1. So wie ein Vorerbe die durch die Vorerbschaft veranlasste Steuer aus den Mitteln der Vorerbschaft nach § 20 Abs. 4 ErbStG zu entrichten hat, muss entsprechend auch ein Vorvermächtnisnehmer die durch das Vorvermächtnis veranlasste Erbschaftsteuer aus den Mitteln des Vorvermächtnisses begleichen.
2. Bei dem insoweit anderweitig über das Vermögen verfügenden Generalbevollmächtigten kommt eine Haftung nach § 69 i. V. m. § 35 AO in Betracht.
Normenkette
AO §§ 35, 69; ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2, § 20 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 2100, 2126, 2187, 2191
Gründe
A. Die Nachlasspflegerin für die verstorbene Vorvermächtnisnehmerin wird zum Klageverfahren betreffend die Haftung der Klägerin für die Erbschaftsteuer der Vorvermächtnisnehmerin gemäß § 60 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) beigeladen. Zwecks Information über den Sach- und Streitstand werden Kopien des wesentlichen Inhalts der Gerichtsakte beigefügt und wird hingewiesen auf die Möglichkeit der Einsicht in die zu erwartenden Sachakten gemäß § 78 FGO.
B. Der Rechtsstreit wird gemäß § 6 FGO dem Einzelrichter übertragen.
C. Den Beteiligten werden folgende Hinweise zur weiteren Vorbereitung erteilt:
I. Die Erbschaftsteuerschuld eines Vermächtnisnehmers - hier der Vorvermächtnisnehmerin - folgt aus § 20 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG; vgl. Finanzgericht --FG-- Hamburg vom 27. September 2011 3 K 83/11, Juris).
II. Durch § 20 Abs. 4 ErbStG wird in zivilrechtlicher Hinsicht nicht nur für das Verhältnis zwischen Vor- und Nacherben klargestellt, dass der Vorerbe seine Erbschaftsteuer aus den Mitteln der Vorerbschaft zu entrichten hat (vgl. FG München vom 24. November 1999 4 K 72/79, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2000, 280, rechtskräftig durch Bundesfinanzhof --BFH-- vom 21. Dezember 2000 II B 18/00, BFH/NV 2001, 798; Meincke, ErbStG, 15. A., § 20 Rd. 14; Grunsky in Münchener Kommentar, BGB, 4. A., § 2100 Rd. 42; § 2126 Rd. 5; Edenhofer in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch --BGB--, 71. A, § 2100 Rd. 3 § 2126 Rd. 1); sondern Entsprechendes gilt für einen Vorvermächtnisnehmer im Verhältnis zum Nachvermächtnisnehmer gemäß § 6 Abs. 4 ErbStG (FG München vom 24. Juli 1986 X 60/84 Erb, EFG 1987, 254).
III. Der hier streitigen Haftung der Antragstellerin steht nicht entgegen, dass die Erbschaftsteuerschuld der Vorvermächtnisnehmerin in deren - nach Erbausschlagungen jetzt durch die Nachlasspflegerin vertretenen - Nachlass verblieben und nicht auf die Antragstellerin als Nachvermächtnisnehmerin übergegangen ist (vgl. zum Vor- und Nacherben Grunsky in Münchener Kommentar, BGB, 4. A., § 2100 Rd. 42).
IV. Die steuerrechtliche Haftung der Antragstellerin wird in dem Haftungsbescheid des Antragsgegners (des Finanzamts --FA--) in der ergänzten Fassung vom 05. Januar 2012 vielmehr darauf gestützt, dass die Antragstellerin in ihrer Eigenschaft als Generalbevollmächtigte der Vorvermächtnisnehmerin über das Vermächtnisvermögen zu ihren eigenen Gunsten als Nachvermächtnisnehmerin verfügt hat; und zwar auch insoweit, als es die für die Erbschaftsteuer der Vorvermächtnisnehmerin - nach zu erwartender Festsetzung - benötigten Mittel betrifft.
Eine Haftung für die Erbschaftsteuer kommt nach § 69 Abgabenordnung (AO) in Betracht bei einem aufgrund Generalvollmacht gemäß § 35 AO Verfügungsbefugten (vgl. FG Berlin vom 17. Januar 1989 V 95/86, EFG 1990, 28, 29 r. Sp., rechtskräftig durch BFH vom 11. August 1983 II R 14/90, BFHE 172, 209, BStBl II 19994, 16); so speziell auch im Fall des § 20 Abs. 4 ErbStG (vgl. FG Hamburg vom 18. Januar 1968 II 180/65, EFG 1968, 362 a. E.).
Fundstellen
Haufe-Index 2933834 |
EFG 2012, 1174 |
DStR 2012, 8 |
DStRE 2012, 1452 |
UVR 2012, 138 |
ZEV 2012, 12 |
ZEV 2012, 411 |
ZEV 2013, 51 |
Ubg 2012, 820 |