Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch auf Kindergeld bei Aufenthaltsbefugnis mit nachfolgender Duldung
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer Aufenthaltsbefugnis mit nachfolgender Duldung durch die Ausländerbehörde aufgrund einer Härtefallregelung besteht kein Anspruch auf Kindergeld.
Normenkette
ZPO § 114; FGO § 142; EStG § 62 Abs. 2 S. 1, § 70 Abs. 3
Tatbestand
I. Streitig ist, ob eine Aufenthaltsbefugnis mit nachfolgender Duldung der Ausländerbehörde aufgrund einer Härtefallregelung für Ausländer mit langer Aufenthaltsdauer für den Anspruch auf Kindergeld ausreicht.
Der Antragsteller (Ast) beantragte am 08.05.1999 Kindergeld für seine Kinder K. (geboren am ...1988) und L. (geboren am ...1993). Im Verwaltungsverfahren legte der Ast u.a. eine Aufenthaltsbefugnis der Ausländerbehörde vor.
Die Familienkasse (Beklagte) lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13.04.1999 ab.
Am 09.09.1999 beantragte der Ast, den ergangenen - bestandskräftigen Bescheid - abzuändern und Kindergeld in gesetzlicher Höhe für die beiden Kinder festzusetzen. Mit Bescheid vom 29.09.1999 lehnte die Beklagte den Änderungsantrag ab. Hiergegen wandte sich der Ast mit Einspruch. Der Rechtsbehelf blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung wurde am 29.10.1999 abgesandt.
Am 02.12.1999 erhob der Ast Klage und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Er beruft sich darauf, dass er selbst und seine Ehefrau im Besitz von Aufenthaltsbefugnissen aufgrund einer Härtefallregelung der Behörde für Inneres vom 19.04.1996 (Weisung Nr. 3/96) seien. Die Härtefallregelung vermittele ihnen ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Für den Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) komme es allein darauf an, ob dem Berechtigten ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht gewährt worden sei. Die Bezeichnung des Aufenthaltstitels sei dagegen nach seiner Auffassung nicht entscheidend.
Im Übrigen würden ihm - dem Ast - und seiner Ehefrau nach § 25 Abs.1 Ausländergesetz (AuslG) Daueraufenthaltsrechte aus humanitären Gründen in Form unbefristeter Aufenthaltserlaubnisse gewährt werden, wenn für die beiden Kinder Kindergeld gezahlt würde. Die Erteilung unbefristeter Aufenthaltserlaubnisse scheitere zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich daran, dass der Lebensunterhalt der Familie nicht gänzlich aus eigenen Mitteln gesichert sei. Zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen verweist der Ag über die im Prozesskostenhilfe-Verfahren abgegebene Erklärung.
Sinngemäß beantragt der Ast, den Bescheid vom 29.09.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.10.1999 mit der Maßgabe abzuändern, dass Kindergeld für die beiden Kinder K. und L. in gesetzlicher Höhe ab 01.09.1999 festgesetzt wird.
Die Beklagte hat im Hauptsacheverfahren beantragt, die Klage abzuweisen, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG nicht gegeben seien.
Die Kindergeldakte ... hat vorgelegen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe muss abgelehnt werden, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Nach § 142 Finanzgerichtsordnung (FGO) in Verbindung mit den Vorschriften der §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten sind gegeben, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein vollständiges und teilweise Obsiegen des Ast im Hauptsacheverfahren spricht, d. h., wenn das Gericht bei summarischer Prüfung und Würdigung der wichtigsten Sachverhaltsumstände den schlüssig vorgebrachten Rechtsstandpunkt des Ast nach dessen Sachdarstellung und dem Inhalt der vorhandenen Akten für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält. Dabei ist zur Beurteilung der voraussichtlichen Erfolges der zum Zeitpunkt der Entscheidung liegende Sach- und Streitstand zugrunde zu legen (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH-, vgl. Beschluss vom 24.06.1997 VII B 83/97, BFH/NV 1999, 78, und vom 19.05.1999 VI B 22/99, BFH/NV 1999, 1425).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG in der ab 01.01.19996 geltenden Fassung hat ein Ausländer nur Anspruch auf Kindergeld, wenn er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG) oder Aufenthaltserlaubnis (§ 15 AuslG) ist. Eine Aufenthaltsbefugnis (§ 20 AuslG) genügt demgegenüber nicht. Nach der Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, knüpft die Vorschrift nach ihrem eindeutigen Wortlaut an den "Besitz" einer Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis an. Diese Voraussetzung ist nur und erst dann erfüllt, wenn der Ausländer eine Aufenthaltsgenehmigung der gesetzlich vorgeschriebenen Art tatsächlich in den Händen hält, ihm also das Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik durch entsprechenden Verwaltungsakt mit Wirkung für die Bezugszeit des Kindergeldes zugebilligt worden...