Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Kindergeld nur bei Aufenthaltsberechtigung
Leitsatz (redaktionell)
Ein Ausländer hat nur Anspruch auf Kindergeld, wenne r im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 2 S. 1; GG Art. 3; FGO § 142 Abs. 1
Tatbestand
Mit Bescheid vom 1.10.1999 hob die Antragsgegnerin die Kindergeldfestsetzung für das Kind K ab April 1998 und für das Kind C ab April 1999 auf. Die Aufhebung wurde damit begründet, dass die Antragstellerin, die die nigerianische Staatsangehörigkeit besitzt, nur bis zum 28.3.1998 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen sei. Der Einspruch der Antragstellerin blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung wurde am 28.10.1999 abgesandt.
Am 30.11.1999 erhob die Antragstellerin Klage und beantragte Prozesskostenhilfe. Sie bezweifelt zunächst die Anwendbarkeit der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, da sie - die Antragstellerin - seit Ablauf ihrer Arbeitserlaubnis Mitte des Jahres 1999 nicht mehr erwerbstätig sei. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Kindergeldfestsetzung seien zudem deshalb nicht gegeben, weil sie ausländerrechtlich im Besitz einer Duldung gewesen sei. Sie habe in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Die Anwendung der Vorschrift des § 62 Abs. 2 EStG verstoße bei dieser Sachlage gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Grundgesetz - GG -), wenn es für den Anspruch auf Kindergeld allein auf den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis bzw. -berechtigung ankommen solle.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid über Aufhebung der Kindergeldfestsetzung vom 1.10.1999 aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift des § 62 Abs. 2 EStG.
Die Kindergeldakte ... hat vorgelegen,
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe muss abgelehnt werden, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO -).
Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG in der ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung hat ein Ausländer nur Anspruch auf Kindergeld, wenn er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 des Ausländergesetzes - AuslG -) oder Aufenthaltserlaubnis (§ 15 AuslG) ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der der Senat folgt, ist diese Voraussetzung nur und erst dann erfüllt, wenn der Ausländer eine Aufenthaltsgenehmigung der gesetzlich vorgeschriebenen Art tatsächlich in Händen hält, ihm also das Aufenthaltsrecht in Bundesrepublik durch entsprechenden Verwaltungsakt mit Wirkung für die Bezugszeit des Kindergeldes zugebilligt worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 1.12.1997 VI B 147/97, BFH/NV 1998, 696 sowie vom 18.12.1998 VI B 221/98, BStBl II 1999, 140).
Im Streitfall sind diese Voraussetzungen nicht gegeben. Nach den im Verwaltungsverfahren eingeholten Auskünften der Ausländerbehörde bzw. von der Antragstellerin überreichten Unterlagen (Bl. 50 ff. KG-Akte) endete die ihr erteilte Aufenthaltserlaubnis am 28.3.1998. Am 3.5.1999 wurde eine Aussetzung der Abschiebung (Duldung) erteilt. Die Duldung (§ 55 AuslG) stellt weder eine Aufenthaltsberechtigung noch Aufenthaltserlaubnis dar. Damit fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld.
Gegen die Regelung des § 62 Abs. 2 EStG bestehen keine ernsthaften verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Verfassungsmäßigkeit der inhaltsgleichen Vorschrift des § 1 Abs. 3 des Bundeskindergeldgesetzes ist von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestätigt worden (vgl. BSG-Urteile vom 31.10.1995 10 R Kg 23/94 und vom 30.9.1996 10 R Kg 24/95, beide in Juris). Der BFH hat sich jedenfalls für das summarische Verfahren, wozu auch das Verfahren über die Gewährung von Prozesskostenhilfe gehört, dieser Auffassung angeschlossen (BFH-Beschluss vom 14.8.1997 VI B 43/97, BFH/NV 1998, 169). Die Unterschiede der Kindergeldgewährung für Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung einerseits und Ausländern ohne einen solchen aufenthaltsrechtlichen Status andererseits lässt sich mit der Erwägung rechtfertigen, das Letztere über kein gesichertes Aufenthaltsrecht verfügen und daher ein nur vorübergehender Aufenthalt in der Bundesrepublik in Betracht kommt. Es erscheint nicht willkürlich, die Gewährung der Steuervergütung vom Bestehen eines rechtlich gesicherten und damit typischerweise längerfristig angelegten Aufenthalts in der Bundesrepublik abhängig zu machen (Bundestags-Drucksache 12/5502 S. 44; vgl. auch Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.1998 VI K 83/97, Juris Online). Eine vergleichbare gesetzliche Regelung findet sich auch für ausländische Arbeitnehmer, die zur vorübergehenden Dienstleistung in das Inland entsandt sind (§ 62 Abs. 2 Satz 2 EStG). Da der Antrag auf Prozesskostenhilfe schon wegen fehlender Erfolgsaussicht abzuweisen war, bedarf es keiner Prüfung der Frage, ob die vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtscha...