Entscheidungsstichwort (Thema)
Tatbestandsberichtigung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob die Vorschrift des § 108 FGO auch auf Urteile anwendbar ist, die im schriftlichen Verfahren ergangen sind.
Normenkette
FGO § 108; ZPO § 559
Gründe
I. Die Beteiligten haben sich in dem finanzgerichtlichen Verfahren 4 K 323/07 mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.10.2007, Bl. 3 der Gerichtsakte). Daraufhin hat das Finanzgericht über die Klage ohne mündliche Verhandlung entschieden und diese mit Urteil vom 05.12.2008 abgewiesen; das Urteil ist der Klägerin am 16.12.2008 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 29.12.2008 - bei Gericht am selben Tage eingegangen - hat die Klägerin beantragt, den Tatbestand des Urteils vom 05.12.2008 zu berichtigen. Sie führt zur Begründung aus: Spätestens mit Schriftsatz vom 10.06.2005 habe sie vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass durch die Mitarbeiter des Beklagten - scil. Herr A und Frau B - der für die Verzollung notwendige Zusatzcode 7203 ermittelt worden sei. Dafür seien den Mitarbeitern des Beklagten die entsprechenden Informationen zu Milchfett/Stärke/Milchprotein mitgeteilt worden. Dieser Vortrag sei in den Tatbestand aufzunehmen.
II. Der Antrag auf Tatbestandsberichtigung hat keinen Erfolg.
Enthält der Tatbestand eines Urteils andere als die in § 107 FGO genannten Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann gemäß § 108 Abs. 1 FGO binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils die Berichtigung beantragt werden. Die Vorschrift des § 108 FGO trägt dem Umstand Rechnung, dass der Tatbestand Beurkundungsfunktion vor allem hinsichtlich des Vortrags und der Prozesserklärungen der Beteiligten insbesondere für das Rechtsmittelverfahren hat. Allerdings geht der Bundesfinanzhof in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass § 108 FGO auf die Berichtigung eines Urteils, das im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist (§ 90 Abs. 2 FGO), nicht anwendbar sei (vgl. BFH, Beschluss vom 17.12.1999, V B 116/99, BFH/NV 2000, 852; BFH, Beschluss vom 19.4.1991, IX B 151/90, BFH/NV 1991, 615). Diese Judikate beruhen auf der Erwägung, dass der Tatbestand eines im schriftlichen Verfahren ergangenen Urteils keinen Beweis für das schriftsätzliche Vorbringen einschließlich der in den Schriftsätzen gestellten Anträge sowie des sonstigen Akteninhalts liefere (vgl. BFH, Beschluss vom 19.4.1991, IX B 151/90, BFH/NV 1991, 615; BFH, Beschluss vom 1.12.1982, I R 75/82, BStBl II 1983, 277). Diese Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist freilich nicht nur dem Bedenken ausgesetzt, dass sich der Wortlaut des § 108 FGO ohne erkennbare Einschränkung auf alle Urteile - folglich auch auf solche, die im schriftlichen Verfahren ergehen - bezieht (vgl. Brandt, in: Beermann/Gosche, Kommentar zur AO und FGO, § 108 FO, Rz. 18). Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, dass vor dem Hintergrund der Normierung des § 155 FGO i. V. m. § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein Bedürfnis für eine Urteilsberichtigung auch in Fällen eines schriftlichen Verfahrens besteht, weil nach dieser Regelung der Beurteilung des Revisionsgerichts nur dasjenige Parteivorbringen unterliegt, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Diese Bindungswirkung tritt unabhängig davon ein, ob die Entscheidung des Finanzgerichts im schriftlichen Verfahren oder aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen ist (vgl. Brandis, in: Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 108 FGO, Rz. 2). Die Frage, ob die Vorschrift des § 108 FGO auch auf eine Berichtigung eines Tatbestands eines Urteils, das im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, Anwendung findet, bedarf in diesem Verfahren indes keiner abschließenden Klärung.
Denn der vorliegende Antrag hat jedenfalls deshalb keinen Erfolg, weil der Tatbestand des Urteils vom 05.12.2008 keine Unrichtigkeiten oder Unklarheiten im Sinne des § 108 Abs. 1 FGO enthält. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass eine im Sinne des § 108 Abs. 1 FGO "andere Unrichtigkeit" auch in einer Auslassung bestehen kann. Abgesehen davon, dass eine solche nicht vorliegt, soweit die Wiedergabe von Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in zulässiger Weise durch eine Bezugnahme nach § 105 Abs. 3 Satz 2 FGO ersetzt ist, kommt eine Berichtigung nach § 108 Abs. 1 FGO nur in Betracht, wenn dem Tatbestand des Urteils eine entscheidungserhebliche Unrichtigkeit bzw. Unklarheit anhaftet (vgl. BFH, Beschluss vom 17.7.2007, II R 5/04, BFH/NV 2007, 2302; BFH, Beschluss vom 2.12.1992, II B 112/91, BFH/NV 1993, 259; FG Nürnberg, Beschluss vom 2.3.2005, VII 248/2004, juris). Daran fehlt es indes im Streitfall. Die Klägerin begehrt mit ihrem Berichtigungsantrag die Darstellung von Umständen, die die Entscheidung vom 05.12.2008 erkennbar nicht beeinflusst haben. Das Gericht hat in seinem Urteil vom 05.12.2008 insoweit ausgeführt:
"Das erkennende Gericht übersieht im gegebenen Kontext nicht, dass die Klägerin einwendet, si...