Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Sonderausgaben; fehlende Verrechnungsmöglichkeit im Erstattungsjahr als rückwirkendes Ereignis
Leitsatz (amtlich)
1. Ein sog. Kirchensteuererstattungsüberhang ist durch Abzug von der Kirchensteuerschuld des ursprünglichen Zahlungsjahres im Wege der Änderung des betreffenden Einkommensteuerbescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO auszugleichen.
2. Kommt es zu Erstattungen für verschiedene Veranlagungszeiträume, ist ein nach Verrechnung mit der im Erstattungsjahr gezahlten Kirchensteuer verbleibender Überhang den Veranlagungszeiträumen im Verhältnis der Erstattungen zuzuordnen.
3. Die hiervon abweichende Verrechnung des gesamten Erstattungsüberhangs mit der Kirchensteuer nur eines der Veranlagungszeiträume verstößt gegen die steuersystematisch richtige Korrektur und ist auch unter Praktikabilitätsgesichtspunkten nicht zulässig.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 4, § 11 Abs. 1; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob eine nachträgliche Änderung der Einkommensteuerfestsetzung des Jahres der Kirchensteuerzahlung aufgrund der sich erst einige Jahre später nach Durchführung der Veranlagung für das betreffende Zahlungsjahr ergebenden Kirchensteuererstattung rechtmäßig ist.
Der Antragsteller (-Ast-) wurde (u.a.) in den Jahren 2000 bis 2002 zur Einkommensteuer veranlagt. Im Rahmen der Veranlagungen wurde die vom Ast im jeweiligen Jahr gezahlte Kirchensteuer - ggf. unter Abzug der ihm im selben Jahr vergüteten Kirchensteuer - als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (-EStG-) abgezogen.
Für das Jahr 2002 erklärte der Ast in 2002 gezahlte Kirchensteuer in Höhe von EUR 540 und in 2002 erstattete Kirchensteuer der Jahre 2000 und 2001 in Höhe von EUR 1.296. Wegen des betragsmäßigen Übersteigens der geleisteten Zahlung durch die Erstattung kam es für 2002 nicht zum Sonderausgabenabzug von Kirchensteuer. Diese Handhabung wird von dem Ast nicht angegriffen.
Der verbleibende Erstattungsüberhang an Kirchensteuer für 2000 und 2001 beträgt zusammen EUR 756 bzw. DM 1.478,61. Der Ag änderte aus Vereinfachungsgründen lediglich die Einkommensteuerfestsetzung 2001 vom 17.07.2002 durch den auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (-AO-) gestützten Änderungsbescheid vom 13.07.2004. Hierbei reduzierte er den bisher für 2001 in Höhe von DM 2.404 veranlagten Kirchensteuersonderausgabenabzug um den vollen, verbleibenden Erstattungsüberhang von DM 1.478 auf nunmehr DM 926.
Die aus Vereinfachungsgründen nicht erfolgte Änderung beider Erstattungsjahre, also auch anteilig des Jahres 2000, sondern die Beschränkung der Änderung auf das Jahr 2001 durch den vollen Abzug wird vom Ast ausdrücklich nicht beanstandet.
Der Ast wandte sich mit Einspruch vom 09.08.2004 gegen den Einkommensteueränderungsbescheid 2001 vom 13.07.2004 und beantragte zu-gleich Aussetzung der Vollziehung der Einkommen- und Kirchensteuernachzahlungsbeträge. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Ag mit Bescheid vom 18.08.2004 ab.
Der Ast verweist auf den Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG, wonach die "gezahlte" Kirchensteuer als Sonderausgabe abzugsfähig ist. Maßgebend für den Abzug sei daher - auch der Höhe nach - lediglich die tatsächliche, im jeweiligen Steuerjahr erfolgte Zahlung; auf die endgültige wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen hiermit komme es nicht an. Die Verrechnung späterer Erstattungen dieser Kirchensteuer sei nur in dem - späteren - Besteuerungszeitraum möglich, in dem die jeweils zur Erstattung führende Veranlagung durchgeführt würde und nur bis zu der Höhe, in der Kirchensteuer in dem betreffenden Besteuerungszeitraum gezahlt worden sei. Steuerliche Vorteile des Einzelnen, die sich aus mangelnder Verrechenbarkeit ergäben, habe der Gesetzgeber billigend in Kauf genommen.
Der Ast beantragt, die Aussetzung der Vollziehung der mit dem Einkommensteuerbescheid 2001 vom 13.07.2004 festgesetzten Einkommen- und Kirchensteuer in Höhe der Nachzahlungsbeträge von EUR 196,33 und EUR 15,78.
Der Ag beantragt, den Antrag abzuweisen.
Er trägt unter Hinweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung vor, bei der Erstattung von Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG handele es sich um ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Gezahlte Sonderausgaben, die in einem späteren Veranlagungszeitraum erstattet werden, seien aus Gründen der Praktikabilität im Erstattungsjahr mit gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen; Erstattungsüberhänge minderten den entsprechenden Sonderausgabenabzug des Jahres der Verausgabung.
Der Ag hat ergänzend mitgeteilt, dass die streitigen Beträge des Jahres 2001 bereits durch Verrechung mit dem aus der Veranlagung 2002 entstandenen Guthaben des Ast ausgeglichen sind.
Dem Gericht hat die Einkommensteuerakte Band II, beginnend mit dem Veranlagungszeitraum 2001, des Ast zur Steuernummer ... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
II. Der A...