Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Verwertungsverbot, wenn Außenprüfung verfahrensfehlerbehaftet ist
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Prüfungsanordnung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Unterschrift des Sachgebietsleiters fehlt.
2. Verfahrensfehler wie die Mitwirkung örtlich unzuständiger Prüfungsbeamter oder das Unterlassen einer Schlussbesprechung begründen kein Verwertungsverbot hinsichtlich der Prüfungsfeststellungen.
Normenkette
AO §§ 119, 125 Abs. 1, §§ 127, 196
Tatbestand
I. Die Antragstellerin (Astin) wendet sich gegen die steuerliche Verwertung der Ergebnisse einer Außenprüfung. Das Finanzamt (FA) Schwerin erließ am 16.09.1996 eine Prüfungsanordnung für eine Außenprüfung bei der Astin für die Kalenderjahre 1990 bis 1994. Als Prüfer(in) wurden Frau A und Herr B, seinerzeit Bedienstete des FA für Körperschaften-... in Hamburg, benannt. Die Prüfungsanordnung war von der zuständigen Sachgebietsleiterin mit Paraphe unterzeichnet worden. Streitig ist, ob die Unterschrift den rechtlichen Anforderungen einer Unterschrift genügt. Die Prüfung begann an 07.10.1996 und endete mit Unterbrechungen am 13.03.2000. Eine Schlussbesprechung hat nicht stattgefunden.
Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen für die im Einzelnen auf den Betriebsprüfungsbericht vom 14.03.2000 Bezug genommen wird, erließ der Antragsgegner (Ag) am 15.11. bzw. 26.11.2001 geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer 1991 und 1993, gesonderte Feststellung gemäß § 47 KStG zum 31.12.1990 bis 31.12.1994, gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1991, 21.12.1992 und 21.12.1993, Umsatzsteuer 1991, 1993 und 1994 sowie Gewerbesteuermessbescheid 1993. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Astin Klage. Die Hauptsache ist beim erkennenden Senat unter I 121/02 anhängig.
Am 17.06.2002 stellte die Astin den gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung verweist sie zunächst auf die gleichzeitig erhobene Klage. In dieser rügt sie, dass die Prüfer aufgrund befristeter Abordnung nach dem 31.10.1996 nicht mehr an das FA Schwerin abgeordnet gewesen seien, sondern wieder Hamburger Finanzämtern angehört hätten. Mithin sei die Prüfung von unzuständigen Prüfungsbeamten durchgeführt worden. Eine Auftragsprüfung habe nicht vorgelegen. Aufgrund der befristeten Abordnung der Prüfer sei davon auszugehen, dass nach dem 30.10.1996 keine Prüfungshandlungen des zuständigen FA Schwerin stattgefunden hätten, zumal sich die dortige Sachgebietsleiterin nicht in die weitere Prüfungstätigkeit eingeschaltet habe. Die eingetretene Ablaufhemmung (§ 171 Abs.4 AO) sei durch die Untätigkeit des FA Schwerin aufgelöst worden.
Eine Schlussbesprechung habe entgegen der zwingenden Vorschrift des § 204 Abs.1 AO nicht stattgefunden. Die Prüfungsergebnisse seien damit rechtlich nicht verwertbar.
Aufgrund der fehlenden deutlichen Unterschrift sei die Prüfungsanordnung unwirksam, was allein schon ein Verwertungsverbot nach sich ziehe. Die Nachholung der Schlussbesprechung sei nach Klagerhebung nicht mehr möglich. Eine Schlussbesprechung wäre im Streitfall von besonderem Gewicht gewesen, da voraussichtlich eine Einigung über den streitigen Komplex verdeckte Gewinnausschüttung erzielt worden wäre.
Die Astin beantragt,
1) den Gewerbesteuermessbescheid 1993 von der Vollziehung auszusetzen
2) die streitigen Steuerbeträge |
DM |
Körperschaftsteuer 1993 |
1.487,00 |
Zinsen KSt 1993 |
3.048,00 |
Umsatzsteuer 1991 |
202.961,63 |
Zinsen USt 1991 |
48.696,00 |
Umsatzsteuer 1993 |
13.665,36 |
Zinsen USt 1993 |
3.264,00 |
Umsatzsteuer 1994 |
5.822,20 |
Zinsen USt 1994 |
1.943,00 |
Gewerbesteuer 1993 für Hamburg |
64,00 |
Gesamtbetrag |
280.951,19 |
von der Vollziehung auszusetzen.
Der Ag beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er trägt vor:
Die Prüfungsanordnung sei von der zuständigen Sachgebietsleiterin mittels Paraphe unterzeichnet worden. Dies genüge der Anforderung der Schriftform. Selbst das Fehlen einer Unterschrift könne jedoch nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts führen. Die von der OFD Hamburg abgeordneten Prüfer seien im Rahmen der Amtshilfe für das Finanzamt Schwerin tätig geworden. Die Amtshilfe sei gemäß Art. 35 Abs. 1 Grundgesetz (GG) erfolgt. Die Bundesländer Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen (OFD Münster) und Schleswig-Holstein hätten sich auf der Grundlage des Art. 15 Abs. 2 des Einigungsvertrages vom 06.07.1990 verpflichtet, dem Land Mecklenburg-Vorpommern unter anderem auch beim Aufbau einer Steuerverwaltung zu helfen. Eine zeitliche Begrenzung der Verwaltungshilfe sei nicht erfolgt. Die Verwaltungshilfe sei sowohl für die Durchführung von Außenprüfungen im Wege der Auftragsprüfung nach § 195 Abs. 2 AO als auch durch Amtshilfe nach § 111 AO in Form der Aufbau- bzw. Arbeitshilfe erfolgt. Die fehlende Schlussbesprechung habe nicht zu einer Fehlerhaftigkeit der auf der Grundlage des Gerichtsprüfungsberichtes ergangenen Steuerbescheide geführt. Im Übrigen habe am 10.02.1999 eine Besprechung der Betriebsprüfer mit den Beratern der Astin sowie dem Vertreter der seiner...