rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen ohne Willen der Betriebsaufgabe / Betriebsaufgabeentschluß kann nicht zurückbezogen werden
Leitsatz (redaktionell)
Ein tarifbegünstigter Aufgabegewinn kann nur dann gewährt werden, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen in Verwirklichung eines Aufgabeentschlusses veräußert werden. Werden sie zunächst ohne Aufgabewillen veräußert und wird später ein entsprechender Entschluss gefasst, kann dieser Entschluss nicht rückbezogen werden.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1 Nr. 3, § 34 Abs. 1-2, § 24 Nr. 1, § 16 Abs. 3
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der durch Verkauf eines betrieblichen Grundstücks erzielte Ertrag zu einem tarifbegünstigten Aufgabegewinn geführt hat.
Die Klägerin erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 20. 5. 1987 das ca. 3.275 qm große Grundstück "X-Strasse" in Hamburg, das mit einem Bürogebäude, einer Ladenzeile und einem Restaurant mit Kegelbahn bebaut war. Den Kaufpreis in Höhe von 1.3 Mio DM finanzierte die Klägerin durch die Aufnahme von Bankdarlehen. Ende 1987 eröffnete sie in den zuvor leerstehenden Gastronomieräumen das Restaurant "A" und beabsichtigte, auf dem in der Nähe des Hamburger Flughafens gelegenen Grundstück ein Hotel zu errichten. Nachdem sich herausstellte, dass sie die hierzu benötigten finanziellen Mittel nicht würde aufbringen können, entschloss sich die Klägerin, das Anwesen an die N-Gesellschaft mbh & Co (künftig: "N") zu verkaufen. In dem notariellen Grundstückskaufvertrag vom 27/28. 9.1988 wurde ein Gesamtkaufpreis für das Grundstück nebst Gebäuden von 3.750.000 DM vereinbart. Die Klägerin verpflichtete sich unter § 3 Ziff. 4-7 des Kaufvertrages dazu, das Grundstück bis zum 31. 12. 1991 frei von Miet- und Pachtverhältnissen zu liefern, bis dahin jedoch für jährliche Mieteinnahmen in Höhe von 280.000 DM zu garantieren. Der Abschluss entsprechender Mieterhöhungsvereinbarungen mit den vorhandenen Mietern bzw. neue Mietverträge einzugehen oblag der Klägerin, die das Restaurant in den vorhandenen Räumen auch nach dem Übergabestichtag (1. 12. 1988) vereinbarungsgemäß weiterbetrieb und am 1. 6. 1989 noch weitere Flächen zur Nutzung als Clubraum des Restaurants von der Fa. N anmietete.
Am 25. 7. 1989 brach in der Büroetage oberhalb des Restaurants ein Feuer aus, wobei die Betriebsräume der Klägerin und das von ihr eingebrachte Inventar durch Löschwasser erheblich beschädigt wurden und das Restaurant geschlossen werden musste. Die Klägerin traf daraufhin auch im Namen einer von ihr zwischenzeitlich errichteten GmbH am 27. 11. 1989 mit der Fa. N eine Vereinbarung, wonach die zwischen ihnen bestehenden Mietverhältnisse zum 30. 11. 1989 aufgehoben werden und der Klägerin ein Abfindungsbetrag in Höhe von 250.000 DM auch für deren Verzicht auf einen Wiederaufbau gezahlt werden sollte. Für den erlittenen Wasserschaden zahlte die B-Versicherung der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 290.857 DM, wovon 271.835 DM auf beschädigte Einrichtungsgegenstände (Neuwert) entfielen.
Die Zahlung erfolgte in Höhe von 140.606 DM 1989, die Restbeträge wurde 1990 (80.760 DM) und 1991 (69.491 DM) ausgezahlt. Weitere 221.307,16 DM erhielt die Klägerin 1989 und 1990 aus ihrer Betriebsunterbrechungsschaden-Versicherung.
In ihrer Erklärung zur gesonderten Feststellung ihrer Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1988 erklärte die Klägerin für den Zeitraum vom 1.1.-30. 9. 1988 einen laufenden Verlust in Höhe von 154.127 DM und einen Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Grundstücks in Höhe von 814.694 DM sowie für die Zeit vom 1.10.-31. 12. 1988 einen laufenden Verlust in Höhe von 153.191 DM. Ein entsprechender Gewinnfeststellungsbescheid 1988 erging am 18. 12. 1990 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der Gewinn für 1989 wurde erklärungsgemäß mit ./. 109.913 DM und der Gewinn für 1990 mit 322.266 DM festgestellt, wovon 70.407 DM als Veräußerungsgewinn und 212.625 DM (Betriebsunterbrechungsentschädigung) als tarifbegünstigt gem. § 24 EStG berücksichtigt wurden. Die entsprechenden Feststellungsbescheide vom 18. 2. 1991 und 12. 11. 1992 standen ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Gem. Prüfungsanordnung vom 16. 6. 1994 wurde von dem für den Wohnsitz der Klägerin zuständigen Finanzamt Kiel-... bei der Klägerin eine Auftragsprüfung durchgeführt, die sich auf die Besteuerungszeiträume 1987-1990 erstreckte. Der Betriebsprüfer traf u. a. folgende - im Klageverfahren noch streitige - Feststellungen:
Während die Höhe des Gewinns aus dem Verkauf des zu 100% betrieblich genutzten Grundstücks (814.694 DM) unverändert blieb, führte die Veräußerung nach Auffassung des Betriebsprüfers nicht zu einer Betriebsaufgabe, da die Klägerin die Räume weiterhin aufgrund eines Mietvertrages vom 1. 6. 1989 bis zum 31. 12. 1991 nutzen konnte und sie den Restaurantbetrieb bis zu dem Eintritt des Brandschadens auch tatsächlich fortführte. Die Veräußerung des Betriebsgrundstückes sei deshalb dem laufenden Geschäftsbetrieb zuzuordnen, da ein...