Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Berücksichtigung eines Auflösungsverlustes
Leitsatz (amtlich)
Frühester Zeitpunkt für die Berücksichtigung eines Auflösungsverlustes ist die Rechtskraft des Beschlusses des Amtsgerichts, mit dem die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt wird. Zum Zeitpunkt der Beantragung der Konkurseröffnung fehlt es an der Voraussetzung der Auflösung.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 4
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung eines Verlustes aus seiner Beteiligung an der ... T Gesellschaft mbH nach § 17 Abs. 4 EStG.
Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der T Gesellschaft mbH (im folgenden GmbH), vormals ... K Gesellschaft mbH. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 51.000 DM und war voll eingezahlt. Am 31.10.1995 beantragte die GmbH die Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen. Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 3.6.1996 wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt.
Mit Einkommensteuerbescheid vom 21.8.1998 hatte das damals zuständige Finanzamt Hamburg-... die Einkommensteuer 1995 auf 4.340 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt. Dem lag eine Schätzung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung zu Grunde. Mit einer bei dem inzwischen zuständigen Finanzamt S eingereichten Einkommensteuererklärung 1995 machte der Kläger einen Verlust aus seiner Beteiligung an der GmbH nach § 17 EStG in Höhe von 672.186 DM geltend.
Dieser Verlust setzte sich nach Angaben des Klägers folgendermaßen zusammen:
Verlust des Stammkapitals |
51.000,00 DM |
Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft an die D GmbH |
121.185,71 DM |
Inanspruchnahme durch die B-Bank gemäß Schuldanerkenntnis (Urkundenrolle .../1996) |
500.000,00 DM |
|
672.385,71 DM |
Zum Nachweis seiner Inanspruchnahme für Forderungen der GmbH reichte er ein Schreiben seines damaligen Steuerberaters A vom 24.2.1996 ein, in dem dieser der D GmbH einen Verrechnungsscheck des Klägers in Höhe von 121.186,71 DM zur Erfüllung der Forderungen gegenüber der K GmbH übersandte. Ferner legte er ein mit notarieller Urkunde vom 14.6.1996 (Urkundenrolle Nr. .../1996) gegenüber der B-Bank abgegebenes Schuldanerkenntnis in Höhe von 500.000 DM vor sowie weitere Schreiben der B-Bank vom 14.3.1996 und 5.5.1997 über die Tilgung der persönlichen Schulden des Klägers und der Schulden der GmbH.
Mit Bescheid vom 2.6.2000 setzte das Finanzamt S die Einkommensteuer auf der Grundlage der Einkommensteuererklärung für 1995 auf 8.853 DM fest, berücksichtigte hierbei jedoch nicht den geltend gemachten Verlust nach § 17 EStG. Mit Bescheid vom 24.9.2001 hob der inzwischen zuständig gewordene Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung hinsichtlich der Einkommensteuer 1995 auf.
Am 29.6.2000 legte der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 1995 Einspruch ein. Mit Schreiben vom 6.5.2002 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass seiner Auffassung nach der Auflösungsverlust frühestens im Jahr 1996 geltend gemacht werden könne. Der Kläger vertrat demgegenüber jedoch die Auffassung, dass der Verlust in 1995 bereits zu berücksichtigen sei. Mit Einspruchsentscheidung vom 6.2.2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit Schreiben vom 24.2.2004, eingegangen am 25.2.2004, hat der Kläger Klage erhoben. Während des Klageverfahrens beantragte der Kläger bei dem Beklagten, den Verlust in dem Kalenderjahr 1996 zu berücksichtigen. Dies lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, dass der Einkommensteuerbescheid 1996 nicht mehr geändert werden könne, weil insoweit die Festsetzungsfrist abgelaufen sei.
Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus, dass sich der Verlust aus seiner Beteiligung an der GmbH bereits im Zeitpunkt der Konkursbeantragung am 31.10.1995 realisiert habe, denn das Amtsgericht habe die Eröffnung des Konkursverfahrens mit Beschluss vom 3.6.1996 mangels Masse abgelehnt. Dies sei ein typischer Fall, in dem sich der Veräußerungsverlust bereits vor Abschluss des Konkursverfahrens realisiert habe. Bei der Bürgschaft gegenüber der D GmbH und dem Schuldanerkenntnis gegenüber der B-Bank handle es sich um nachträgliche Anschaffungskosten. Gegenüber der B-Bank habe er bereits 1985 eine unbegrenzte Bürgschaft übernommen. Die darauf beruhende Verpflichtung sei durch das Schuldanerkenntnis in 1996 begrenzt worden, denn die B-Bank hatte zuvor eine als Sicherheit gegebene Grundschuld verwertet. Gegenüber der D GmbH habe er bereits im März 1993 und somit vor Eintritt der Krise, eine Bürgschaft übernommen.
Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 2.6.2000 in der Fassung vom 24.09.2001 und die Einspruchsentscheidung vom 6.2.2004 in der Weise zu ändern, dass in 1995 ein Veräußerungsverlust von 672.185,71 DM berücksichtigt wird.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass der geltend gemachte Verlust nicht ausnahmsweise vor Abschluss des Konkursverfahrens zu berücksichtigen sei. Insbesondere sei in 1995 noch nicht absehbar...