Entscheidungsstichwort (Thema)
Negative Kürzungen nach § 9 Nr. 3 GewStG auch bei Anwendung von § 32 c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG
Leitsatz (amtlich)
Negative Kürzungen nach § 9 Nr. 3 GewStG gelten auch bei Anwendung von § 32 c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG. Der Begriff der Kürzung ist in beiden Fällen in gleicher Weise auszulegen.
Bei § 32c EStG handelt es sich um eine nicht mehr gültige Rechtsnorm, zu der noch eine Vielzahl von Fällen zu derselben Rechtsproblematik anhängig sind, und es besteht ein berechtigtes Interesse der Beteiligten, durch ein Urteil die gesetzlichen Auslegungsfragen einer höchstrichterlichen Entscheidung zuzuführen.
Normenkette
EStG § 32c; GewStG § 9 Nr. 3
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob § 32c Abs. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 9 Nr. 3 GewStG auch dann zur Anwendung gelangt, wenn es um die Kürzung von negativen Beträgen geht.
Die Klägerin ist eine mit Vertrag vom 16.8.1996 gegründete Kommanditgesellschaft, deren Unternehmensgegenstand der Bau und Betrieb des im September 1997 fertiggestellten Containerschiffs "... (MS)" im internationalen Verkehr ist. Neben 84 Kommanditisten ist persönlich haftende Gesellschafterin die ... MS Gesellschaft "..." mbH. Seit dem 14.12.1998 wird das Schiff unter liberianischer Flagge betrieben. Die Klägerin erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG und ermittelt den Gewinn nach §§ 5, 4 Abs. 1 EStG. Die Kommanditistin A ist zwischenzeitlich aus der Klägerin ausgeschieden und mit Beschluss vom 22.2.2006 zu diesem Verfahren beigeladen worden.
Für den Zeitraum 1995 bis 1999 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt. Der Betriebsprüfer kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Tarifbegünstigung nach § 32c Abs. 2 Nr. 1 EStG um die Kürzungsbeträge nach § 9 Nr. 3 GewStG zu vermindern sei. Im Verlustfall sei bei Anwendung des § 32c EStG eine negative Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG nicht vorzunehmen, denn die Vorschrift des § 32c Abs. 2 EStG beziehe sich nur auf positive Kürzungsbeträge. Die Verluste minderten somit in vollem Umfang etwaige positive Einkünfte nach § 32c EStG.
Auf der Grundlage dieser Feststellungen des Betriebsprüfers änderte der Beklagte mit Bescheid vom 2.7.2004 den Bescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, setzte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -5.180.260,68 DM fest und berücksichtigte hierbei gewerbliche Einkünfte, die der Tarifbegrenzung nach § 32c EStG unterliegen vor Anwendung des § 15a EStG in Höhe von 55.645,46 DM. Der Bescheid erging vorläufig im Hinblick auf das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren hinsichtlich der Anwendung des § 32c EStG (und zwar nur im Hinblick auf die Frage, ob diese Vorschrift mit höherrangigem Recht vereinbar ist). Mit inzwischen bestandskräftigem Bescheid für 1999 über den Gewerbesteuermeßbetrag und die Gewerbesteuer setzte der Beklagte den Gewerbesteuermeßbetrag und die Gewerbesteuer auf Null fest. Dem lagen folgende Besteuerungsgrundlagen zu Grunde:
Gewinn aus Gewerbebetrieb |
-5.180.261 DM, |
Hinzurechnungen |
|
Entgelte für Dauerschulden |
1.826.832 DM |
davon 50 v.H. |
913.416 DM, |
negativer Teil des Gewerbeertrags ausl. Betriebsstätten |
3.413.476 DM, |
Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen |
- 853.369 DM. |
Gegen den Gewinnfeststellungsbescheid hat die Klägerin am 16.7.2004 Einspruch eingelegt, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 1.9.2004 als unbegründet zurückgewiesen hat.
Mit Schreiben vom 30.9.2004, eingegangen am 1.10.2004, hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG für negative wie positive Einkünfte gelte. Zu Unrecht sei in dem Feststellungsbescheid für Kommanditisten, bei denen nach Anwendung des § 15a EStG laufende negative Einkünfte festgestellt worden seien, 100% der anzusetzenden Einkünfte gemäß § 32c EStG qualifiziert. Bei der Qualifizierung nach § 32c EStG sei die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 3 GewStG entsprechend zu berücksichtigen und die der Tarifbegünstigungsvorschrift zu unterwerfenden Einkünfte seien um 80% zu kürzen. Indem der Beklagte die negativen Kürzungsbeträge im Sinne des § 9 Nr. 3 EStG bei der Anwendung des § 32c EStG unbeachtet lasse, führten die bei der Klägerin getroffenen Feststellungen dazu, dass den Steuerpflichtigen die Privilegierung - zumindest für einen Teil ihrer Einkünfte - in einem überhöhten Maß genommen werde. Dieses habe auch der I. Senat des Finanzgerichtes Hamburg in seinem Urteil vom 31.3.2004 (I 275/02) so gesehen. Im Übrigen beziehe sich das von dem Beklagten zitierte Urteil des FG Münster nicht auf die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 3 GewStG, sondern die des § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG, für die eine vergleichbare Rechtsprechung des BFH zur Anwendung von negativen Kürzungsbeträgen nicht existiere. Ebenso spreche die vom BFH in der Entscheidung vom 10.7.1974 (I R 248/71) umschriebene Sonderstellung des § 9 Nr. 3 GewStG dafür, das...