Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Änderung des § 7 Satz 3 GewStG AfA-Bemessungsgrundlage bei Übergang von der pauschalen Gewinnermittlung nach § 5a EStG zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IV R 1/21)
Leitsatz (amtlich)
1. Im Fall des Übergangs von der pauschalen Gewinnermittlung nach § 5a EStG zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ergibt sich die AfA-Bemessungsgrundlage für das Handelsschiff für Wirtschaftsjahre, die bis zum 31. Dezember 2018 beginnen, aus dem gemäß § 5a Abs. 6 EStG anzusetzenden Teilwert abzüglich des Schrottwertes.
2. Der Begriff des Ausscheidens in § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG umfasst jeden Verlust der Mitunternehmerstellung unabhängig davon, ob der Gesellschafter unentgeltlich oder entgeltlich, im Wege der Einzel- oder der Gesamtrechtsnachfolge ausscheidet.
3. § 7 Abs. 3 GewStG i.d.F. des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl I 2019, 2451) steht der Kürzung des Gewinns aus der Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags nach § 9 Nr. 3 GewStG entgegen.
4. Die in § 36 Abs. 3 Satz 1 GewStG angeordnete rückwirkende Geltung dieser Gesetzesänderung ist verfassungsgemäß. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin darauf, dass hinzugerechnete Unterschiedsbeträge nach § 9 Nr. 3 GewStG zu kürzen wären, konnte sich im Streitjahr 2013 nicht entwickeln.
Normenkette
GewStG § 7 Sätze 1, 3, § 9 Nr. 3, § 36 Abs. 3 S. 1; EStG § 5a Abs. 4 S. 3, Abs. 6; FGO § 46 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags nach dem Rückwechsel der Klägerin von der Tonnagebesteuerung zur Besteuerung durch Betriebsvermögensvergleich Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf den Teilwert des Schiffes zu berücksichtigen sind, ob Unterschiedsbeträge dem Gewinn hinzuzurechnen sind, die auf durch Tod oder Schenkung der Kommanditanteile aus der Klägerin ausgeschiedene Gesellschafter entfallen, und ob der Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 3 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zu kürzen ist, soweit er auf der Hinzurechnung von Unterschiedsbeträgen beruht.
Die Klägerin ist eine Einschiffsgesellschaft in der Rechtsform einer KG. Sie wurde in 2017 aufgelöst. Zur Liquidatorin wurde die A Schiffsbeteiligungsgesellschaft mbH bestellt. Die Liquidatorin der Klägerin wurde ebenfalls aufgelöst; zu ihrer Liquidatorin wurde die B GmbH bestellt. Noch im Jahr 2017 wurde die Liquidation der Klägerin beendet und die Klägerin am ... 2017 im Handelsregister gelöscht.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war ausschließlich der Betrieb des Containerfrachtschiffs MS "XX" (im Folgenden: Handelsschiff) im internationalen Verkehr. Das Handelsschiff wurde im März 1998 von der chinesischen Werft an eine sogenannte Bestellergesellschaft abgeliefert und nach einem ca. sechswöchigen Betrieb von der Klägerin erworben. Die Anschaffungskosten der Klägerin betrugen ... €.
Die Klägerin ermittelte ihren steuerlichen Gewinn in den Erhebungszeiträumen 1998 und 1999 durch Betriebsvermögensvergleich nach den §§ 4, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dabei schrieb sie das Handelsschiff ausgehend von einer elfjährigen Nutzungsdauer degressiv ab.
Ab dem Wirtschaftsjahr 2000 optierte die Klägerin zur Gewinnermittlung nach der Tonnage nach § 5a EStG. Der Beklagte stellte gemäß § 5a Abs. 4 EStG auf den 31. Dezember 1999 einen Unterschiedsbetrag für das Handelsschiff in Höhe von ... DM (... €) fest.
Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 nahm die Klägerin den Antrag zur Gewinnermittlung nach der Tonnage zurück und ermittelte den Gewinn wieder durch Betriebsvermögensvergleich. In der Steuerbilanz auf den 31. Dezember 2011 setzte sie das Handelsschiff gemäß § 5 Abs. 6 EStG mit dem Teilwert in Höhe von ... € an, auf dessen Höhe sich die Beteiligten tatsächlich verständigt hatten.
Der zum 31. Dezember 1999 festgestellte Unterschiedsbetrag entfiel in Höhe von ... € auf Gesellschafter der Klägerin, die ihre Kommanditanteile bis einschließlich 2011 vererbt oder verschenkt haben. Auf einen in 2012 verstorbenen Kommanditisten entfiel ein Unterschiedsbetrag von ... €. Im Streitjahr 2013 verstarb ein Kommanditist, für den der festgestellte Unterschiedsbetrag am 1. Januar 2013 ... € betrug.
Mit Bescheid für 2013 vom 2. September 2013 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen auf ... € fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 2. Oktober 2013 Einspruch ein mit der Begründung, dass nach § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 EStG hinzugerechnete Unterschiedsbeträge nach Rückoption zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich unter § 7 Satz 1 GewStG fielen und deshalb nach § 9 Nr. 3 Satz 2 GewStG um 80 % zu kürzen seien.
Am 17. Dezember 2014 reichte die Klägerin die Gewerbesteuererklärung für 2013 ein. Hierin erklärte sie nach Abzug einer AfA auf das Seeschiff in Höhe von ... €, die sie aus der Differenz des Teilwerts und des mit ... € angesetzten Schrottwerts bei einer Restnutzungsdauer von fünf Jahren ermittelte...