Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer: Widerlegung des ersten Anscheins für Privatnutzung eines Pkw bei Taxiunternehmen
Leitsatz (amtlich)
1. Auch Taxen fallen in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, da es sich bei Taxen typischerweise um Fahrzeuge handelt, die für den Transport von Personen nebst einer gewissen Menge Gepäck und damit für private Zwecke verschiedenster Art geeignet sind.
2. Stehen einem Steuerpflichtigen neben einem als Großraumtaxi genutzten Pkw drei weitere Pkw für die Privatnutzung zur Verfügung und werden die privaten Pkw nur von vier Personen genutzt, kann der erste Anschein einer Privatnutzung betrieblicher Pkw widerlegt sein. Über die mögliche Erschütterung des Beweises des ersten Anscheins entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob auf einen von dem Kläger als Taxi genutzten Pkw-1 die sog 1 %-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG) anwendbar ist.
Der Kläger war im Streitjahr 2016 als Taxiunternehmer tätig. Zu seinem Betriebsvermögen gehörte seinerzeit ein Pkw-1 (HH-XX 1), welchen er als Großraumtaxi nutzte.
Im Rahmen seiner durch seine Steuerberaterin vorbereiteten Steuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger zunächst selbst eine Versteuerung nach der sogenannten 1 %-Regelung und ging von Erlösen in Höhe von ... € für die private Pkw-Nutzung des Taxis aus.
Der Beklagte veranlagte den Kläger erklärungsgemäß und erließ am 1. Dezember 2017 den Steuererklärungen entsprechende Steuerbescheide für das Streitjahr über Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag, gegen die der Kläger Einspruch einlegte. Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2018 als unbegründet zurück.
Gegen die Einspruchsentscheidung hat der Kläger am 17. Januar 2019 Klage erhoben, die er wie folgt begründet:
Die Versteuerung nach der sog. 1 %-Regelung im Rahmen der Steuererklärung sei für das Streitjahr versehentlich durch die Steuerberaterin vorgenommen worden.
Vielmehr sei es so, dass eine Privatnutzung des Pkw-1 zu keiner Zeit stattgefunden habe. Zum einen hätten ihm, dem Kläger, im Streitjahr für seine privaten Zwecke sowohl ein Pkw-2 (HH-XX 2) als auch ein Pkw-3 (HH-XX 3), welcher ihm gehöre und auf seine Lebensgefährtin, die Zeugin A, zugelassen gewesen sei, zur Verfügung gestanden. Nur der Pkw-2 und der Pkw-3 seien privat, der Pkw-1 sei dagegen ausschließlich betrieblich genutzt worden. Schon allein der Umstand, dass ihm, dem Kläger, zwei weitere Fahrzeuge für private Zwecke zur Verfügung gestanden hätten, zeige einen atypischen Lebenssachverhalt auf. Ein Großraumfahrzeug für acht Personen sei für den Privatgebrauch überdies völlig überdimensioniert.
Zudem handele es sich bei dem Pkw-1 um einen Kleintransporter, der zwar zum Personenverkehr umgerüstet worden, aber dennoch ausschließlich auf seine, des Klägers, betrieblichen Erfordernisse als Großraumtaxi zugeschnitten sei. Es möge zwar sein, dass der Pkw-1 sich grundsätzlich zum privaten Gebrauch eigne, dies beweise jedoch nicht, dass im Sinne des Anscheinsbeweises eine private Nutzung stattgefunden habe.
Zum anderen ergebe sich aus den vorgelegten Schichtzetteln, dass der Pkw-1 ausschließlich betrieblich genutzt worden sei. Die Schichtzettel hätten Fahrtenbuchcharakter, da sie hinsichtlich der Tachokilometerstände lückenlos seien. Es sei auch die von der Rechtsprechung geforderte geschlossene Form gegeben; dass die Schichtzettel auf Einzelblättern gefertigt worden seien, stehe dem nicht entgegen, da die Schichtzettel fortlaufend fest durch entsprechende Heftstreifen für jeden einzelnen Monat verbunden seien. Die formellen Anforderungen an ein Fahrtenbuch dürften nicht überspannt werden. Entscheidend sei, dass mithilfe der Aufzeichnungen und gegebenenfalls in Verbindung mit weiteren Belegen nachvollzogen werden könne, wann, ob und in welchem Umfang eine Privatnutzung des Fahrzeugs erfolgt sei. Im Streitfall könne anhand der Schichtzettel die ausschließliche betriebliche Nutzung nachvollzogen werden. Ein Fahrtenbuch in der von dem Beklagten geforderten Form würde eine Doppelerfassung nach sich ziehen, welche allein schon wegen der Vielzahl der täglichen Fahrten mit ständig wechselnden Fahrtzielen und Gästen eine unangemessene Mehrbelastung für ihn, den Kläger, bedeuten würde. Die aus den Schichtzetteln ersichtlichen "Leerfahrten" seien üblich und unvermeidbar im Taxigewerbe. Dabei handele es sich insbesondere um Fahrten zu Kunden, die über die Funkzentrale der B ein Taxi bestellt hätten. Ferner würden Fahrten zu den Taxiposten bei Schichtbeginn und/oder nach dem Absetzen von Kunden darunterfallen. Und schließlich seien solche Leerfahrten erfasst, die zum Zwecke der Fahrgastaufnahme auf Zuruf durchgeführt würden.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide für 2016 über Eink...