rechtskräftig

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt eine Fotosetzerei. Der Beklagte erließ am 14.2.1996 eine Prüfungsanordnung wegen Umsatz- und Einkommensteuer 1991 bis 1993. Die Prüferin ermittelte für die Prüfungsjahre steuerfreie Umsätze von … DM, … DM, bzw. … DM. Es handelte sich hierbei um Zuschüsse des Arbeitsamtes Hamburg, die nach Auffassung der Prüferin nicht Zuschüsse für den Betrieb des Klägers, sondern Zuschüsse für die einzelnen Teilnehmer von Fortbildungsmaßnahmen waren. Die Prüferin kürzte deshalb anteilig die vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerbeträge, und zwar um … DM, … DM, bzw. … DM.

Der Beklagte erweiterte mit Verfügung vom 10.4.1996 den Prüfungszeitraum auf Umsatzsteuer 1989 und 1990. Die Rechtsbehelfsbelehrung verwies auf die Möglichkeit der Beschwerde. Die Verfügung wurde am 13.6.1996 zusammen mit einem Schreiben der Prüferin an den Kläger vom 12.6.1996 zur Post gegeben. Das Schreiben bezog sich auch auf eine Besprechung mit Frau C, die für den Kläger Auskünfte erteilte. Es verweist auf die Umsatzsteuerfreiheit der Leistungen des Arbeitsamts und weist auf die Rückforderung der nicht abzugfähigen Vorsteuern für die Jahre 1989 bis 1993 hin.

Mit am 24.6.1996 beim Beklagten eingegangenen Schreiben wandte sich Frau C im Namen des Klägers gegen die in dem Schreiben vom 12.6.1996 dargestellte Beurteilung der Leistungen des Arbeitsamts. Es heißt dann: „Damit entfällt ihre Begründung für die Prüfungserweiterung”.

Mit Schreiben vom 19.11., eingegangen am 22.11.1996 legte der Kläger ausdrücklich Einspruch gegen die Prüfungserweiterung ein. Der Beklagte verwarf den Einspruch mit Entscheidung vom 5.12.1996 als unzulässig.

Mit der Klage vom 30.12.1996 macht der Kläger geltend: Er habe rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist Einspruch eingelegt, da das Schreiben von Frau C als Einspruch aufzufassen sei. Im übrigen habe die angefochtene Prüfungsanordnung eine falsche Rechtsmittelbelehrung enthalten.

Der Kläger beantragt,

die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 5.12.1996 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Klage für unzulässig. Auch sei das Schreiben vom 22.6.1996 nicht als Einspruch zu werten, da eine Vollmacht für Frau C zur Einspruchseinlegung nicht vorgelegt worden sei und sich das Schreiben auch nur gegen die steuerliche Behandlung der Zahlung des Arbeitsamtes wende, nicht jedoch gegen die Prüfungsanordnung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Dem Senat haben die Umsatzsteuer-, Betriebsprüfungs- und Rechtsbehelfsakten sowie die Betriebsprüfungsarbeitsakten mit 2 Ordnern zur Steuer-Nr. … vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere sind die Anforderungen des § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO erfüllt. Wie sich aus dem Inhalt der mündlichen Verhandlung ergibt, wendet sich der Kläger dagegen, daß der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 5.12.1996 seinen Einspruch wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen hat. Dieses Begehren des Klägers ergab sich im übrigen bereits klar aus seiner Klagschrift vom 22.12.1996.

Die Klage ist auch begründet. Zu Unrecht hat der Beklagte den Einspruch wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen.

Nach § 355 Abs. 1 AO ist der Einspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ist der Verwaltungsakt schriftlich ergangen, beginnt die Frist jedoch nach § 356 Abs. 1 AO in der ab 1.1. 1996 geltenden Fassung des Grenzpendlergesetzes vom 24.6.1994 (BGBl I S. 1395) nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die Einzelheiten der Frist schriftlich belehrt worden ist. Die Verfügung vom 10.4.1996, mit dem die Prüfungsanordnung erweitert worden ist, enthielt als Rechtsbehelfsbelehrung den Hinweis auf die Beschwerde. Dies war seit dem 1.1.1996 unrichtig. Der Tatbestand des § 356 Abs. 1 AO ist danach erfüllt. Nach der Rechtsprechung des RFH (Urteile vom 12.5.1922 II A 123 StuW 1922 Nr 720 und vom 18.1.1924 V A 396 StuW 1924 Nr 90) ist die unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels allerdings unschädlich, wenn der Steuerpflichtige dadurch nicht irregeführt und an der rechtzeitigen Einlegung nicht gehindert wird. Diese dem eindeutigen Gesetzeswortlaut widersprechende Auslegung ist mit den heute allgemein anerkannten rechtstaatlichen Auslegungsregeln nicht vereinbar und kann deshalb nicht aufrecht erhalten werden (vgl BFH Urteil vom 6.7.1983 I R 177/80 BFHE 139,218, BStBl II 1984,84; a.A. möglicherweise Tipke-Kruse AO,FGO 16. Aufl § 55 FGO Tz 5).

Unerheblich ist, daß die übrigen Anforderungen an die Rechtsbehelfsbelehrung erfüllt gewesen waren. Das Gesetz verlangt ausdrücklich, daß nicht nur über diese, sondern auch über den Einspruch zu belehren ist. Eine Umdeutung oder Auslegung einer falschen Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht zulässig. Sie kann nur vom Finanzamt mit der Wirkung berichtigt werden, daß die Monatsfrist ab Bekanntgabe der zutre...

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