Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH V B 60/14)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer: Zu "Burn-Out-Kursen" im Bereich der Primärprävention
Leitsatz (amtlich)
"Burn-Out-Kurse", die im Bereich der Primärprävention (§ 20 SGB V) ohne ärztliche Verordnung von Sozialpädagogen durchgeführt werden, sind nicht umsatzsteuerfrei.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14 S. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob "Burnout-Präventionskurse" als Leistungen im Rahmen der Primärprävention steuerfreie Heilbehandlungen sind.
Die Klägerin studierte Sozialpädagogik und absolvierte eine fünfjährige psychotherapeutische Zusatzausbildung. Ihre Ausbildung schloss sie vor ca. 33 Jahren ab. Sie war dann im Bereich der Therapie bzw. des Coachings tätig.
Die A Krankenkasse (im Folgenden: A) bat die Klägerin, einen Kurs für den Bereich "Prävention von Burnout" zu entwickeln. Aufgrund von Verträgen zwischen der A und der Klägerin erbrachte die Klägerin derartige Kurse im Bereich der Primärprävention gemäß § 20 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) Fünftes Buch (V). Die A übernahm des Weiteren die Reise- und Übernachtungskosten sowie die Raummiete der angemieteten Kursräume gegen Vorlage der Belege. Die Klägerin stellte der A für die in den jeweiligen Jahren erbrachten Kurse im Streitjahr 2006 insgesamt ... Euro zuzüglich Nebenkosten in Höhe von ... Euro (= ... Euro; Anteil an Gesamtumsätzen: 28,31 %) und im Streitjahr 2007 insgesamt ... Euro zuzüglich Nebenkosten in Höhe von ... Euro (= ... Euro; Anteil an Gesamtumsätzen: 91,62 %) ohne Umsatzsteuerausweis in Rechnung.
Die Klägerin gab für die Streitjahre keine Umsatzsteuererklärungen ab. Nach einer Betriebsprüfung gelangte der Beklagte u. a. zu der Auffassung, die vorgenannten Einnahmen seien wie die anderen Umsätze der Klägerin umsatzsteuerpflichtig. Zugleich berücksichtigte der Beklagte Vorsteuerbeträge für 2006 in Höhe von insgesamt ... Euro sowie für 2007 in Höhe von insgesamt ... Euro. Am 07.12.2012 erließ der Beklagte Umsatzsteuerbescheide für 2006 und 2007, in denen er die Umsatzsteuer für 2006 auf ... Euro und für 2007 auf ... Euro festsetzte. Hiergegen legte die Klägerin am 27.12.2012 Einsprüche ein, die der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23.01.2013 zurückwies.
Am 22.02.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die Leistungen im Rahmen der Primärprävention seien umsatzsteuerfrei, da es sich um Umsätze aus einer arztähnlichen heilberuflichen Tätigkeit handele. Sie erfülle die Qualitätsanforderungen, die nach dem "Leitfaden Prävention" der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen unter Beteiligung des GKV-Spitzenverbands (ab 01.07.2008: Spitzenverband Bund der Krankenkassen [GKV-Spitzenverband]) an die Qualifikation der Anbieter für diese Maßnahmen gestellt werden. Die von ihr angebotenen Kurse seien nach den Streitjahren in inhaltlich gleicher Form auch als Patientenschulungsmaßnahme von den Krankenkassen gemäß § 43 Abs. 1 SGB V finanziert worden. Es sei lediglich in der Anfangszeit ein "niedrigschwelliges" Angebot verlangt worden, da den Betroffenen in der Regel erst spät die Einsicht komme, krank zu sein, allerdings bereits frühzeitig geholfen werden solle. Die an "Burnout" erkrankten Personen erhielten wegen der schwierigen Diagnostik keine passenden Therapiemaßnahmen und fielen in eine Versorgungslücke, was durch die von ihr, der Klägerin, angebotenen Kurse habe abgedeckt werden sollen. Ärztliche Verordnungen zur Teilnahme an den Kursen seien nicht erforderlich gewesen und lägen für die Kurse der Streitjahre auch nicht vor. Die Kurse basierten auf einem psychotherapeutischen Ansatz und seien - wie Evaluationen zeigten - sehr erfolgreich. Im Übrigen sei ihr von einem Bearbeiter des Finanzamtes, dem sie die Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis vorgelegt habe, die Richtigkeit der Rechnungen bestätigt worden. Die von der Betriebsprüfung ermittelten Vorsteuerbeträge seien anteilig zu berichtigen.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007, jeweils vom 07.12.2012, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.01.2013 in der Weise zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2006 auf ... Euro und für 2007 auf ... Euro festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die von der Klägerin erbrachten Leistungen im Bereich der Primärprävention seien nicht umsatzsteuerfrei. Es fehle an dem erforderlichen unmittelbaren Krankheitsbezug. Im Übrigen sei die Qualifikation der Klägerin nicht mit den Qualifikationen derjenigen Heilberufe vergleichbar, die umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen könnten.
Dem Gericht haben vorgelegen Einkommensteuerakte Bände IV und V, Betriebsprüfungsakte, Umsatzsteuerakte Band I, Bp-Arbeitsakte sowie Rechtsbehelfsakte "USt 2006 + 2007" des Finanzamtes Hamburg-..., zu den Steuernummern .../.../... bzw. .../.../..., vorgelegen.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die Protokolle des Erörterungstermins vom 21.11.2013 und der mündlichen Ve...