Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer: Tonnagebesteuerung: Auflösung von Unterschiedsbeträgen bei Ausscheiden von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen
Leitsatz (amtlich)
1. Grundsätzlich sind geleistete Anzahlungen als Vorleistung in einem schwebenden Vertrag auf eine vom anderen Vertragsteil zu erbringende Lieferung oder Leistung zu verstehen mit der Folge, dass die Anzahlung in die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eingeht, wenn die Gegenseite die Sach- oder Dienstleistungsverpflichtung erfüllt.
2. Steht auf Grund der besonderen vertraglichen Gestaltung der Charakter der Finanzierung des zur Sachleistung verpflichteten Vertragspartners im Vordergrund, endet mit der Ablieferung des Schiffes das Kreditgeschäft. Das Wirtschaftsgut "geleistete Anzahlung" scheidet aus dem Betriebsvermögen aus, der Unterschiedsbetrag gemäß § 5a Abs. 4 Satz 2 EStG ist aufzulösen.
Normenkette
EStG § 5a Abs. 4, § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der zum 31.12.2004 festgestellte Unterschiedsbetrag gemäß § 5a Abs. 4 S. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für geleistete Anzahlungen im Streitjahr 2006 dem Gewinn hinzuzurechnen ist.
Die Klägerin ist eine im November 2003 gegründete Kommanditgesellschaft, die mit Wirkung vom ... 2004 in KG A Schifffahrts-GmbH & Co. umbenannt wurde und seit November 2006 unter dem Namen KG MS "B" C Reederei GmbH & Co. firmiert. Komplementärin ist die D Schifffahrts-GmbH, die nicht am Vermögen der Klägerin beteiligt ist. Als Gründungskommanditisten waren zunächst die Reederei E GmbH & Co. KG sowie die F & Co. GmbH & Co. KG (im Folgenden die Beigeladene) beteiligt. Mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2006 wurde der Gegenstand des Unternehmens geändert in Erwerb, gewerblicher Betrieb und die Veräußerung des Containerschiffes "B" sowie die Durchführung von Seetransporten und damit im Zusammenhang stehende Geschäfte. Als Kommanditist trat G mit einer Beteiligung von ... US-Dollar ein und die Beigeladene schied als Gesellschafterin aus. Die Kommanditbeteiligung der Reederei E GmbH & Co. KG wurde auf ... US-Dollar erhöht. Laut Handelsregister ist der Kommanditist G in 2008 aus der Gesellschaft wieder ausgeschieden.
Mit Vertrag vom 19.08.2004 bestellte die Klägerin bei einer koreanischen Werft ein Containerschiff mit einer Containerkapazität von 8400 TEU. Der Kaufpreis des Schiffes betrug ... US-Dollar, zahlbar durch drei Raten von jeweils ... US-Dollar und zwar im September 2004, 180 Tage nach Vertragsunterzeichnung und bei Beginn des Stahlschneidens sowie eines Restbetrags von ... US-Dollar (70 %) bei Ablieferung des Schiffes bis spätestens zum 31.12.2006. Nach den weiteren Vertragsbedingungen war die Vorauszahlung von dem Schiffsbauer bei Kündigung, Ungültigkeit oder Aufhebung an den Käufer einschließlich einer Verzinsung zu erstatten. Im Fall der Rückzahlung war die Vorauszahlung ab dem Tag der Zahlung mit 6 % p. a. zu verzinsen (vgl. Tz. X.6 des Schiffsbauvertrags). Der Schiffbauer hatte ferner eine Bürgschaft der Bank-1 (...), einer koreanischen Bank, zur Absicherung der Erstattung der Vorauszahlungsraten zu stellen (Tz. X.9 des Schiffsbauvertrags).
Zur Finanzierung der Baupreisanzahlungen gewährte die Bank-2, H, mit Vertrag vom 01.09.2004 ein Darlehen in Höhe von ... US-Dollar mit dem ausschließlichen Zweck der Finanzierung der ersten drei Teilzahlungen, zuzüglich einer Kreditlinie bis zu ... US-Dollar für die Zahlung der Bauzinsen. Als Sicherheit des Zwischenfinanzierungsdarlehns diente die von dem Schiffsbauer gestellte Bürgschaft der Bank-1 (vgl. Präambel C des Darlehensvertrags über die Zwischenfinanzierung). Die Tilgung des Darlehens sollte nach Tz. 4 des Vertrages in einer Summe spätestens bei Ablieferung des Schiffes oder nicht später als bis zum 30.06.2007 erfolgen. Die langfristige Endfinanzierung des Schiffes erfolgte mit Darlehensvertrag vom 24.11.2004 ebenfalls über die Bank-2.
Am 12.12.2005 beantragte die Klägerin, ab dem Jahr 2005 die Gewinnermittlung nach der Tonnage gemäß § 5a EStG durchzuführen.
Mit einem durch Einspruchsentscheidung vom 22.11.2010 geänderten Bescheid auf den 31.12.2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Unterschiedsbetrags gemäß § 5a Abs. 4 EStG stellte der Beklagte folgende Unterschiedsbeträge fest:
Fremdwährungsverbindlichkeiten ... €
Bauvertrag ... €
Anzahlung- ... €.
Eine gegen diese Feststellungen gerichtete Klage (2 K 31/13) hatte zunächst wegen eines Musterverfahrens vor dem Bundesfinanzhof (BFH) geruht. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens sagte der Beklagte zu, den Bescheid auf den 31.12.2004 über die Feststellung des Unterschiedsbetrages nach § 5a Abs. 4 EStG bezüglich des Bauvertrages aufzuheben. Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Mit vom 15.08.2013 datierenden Änderungsbescheid hat der Beklagte nur noch - der Höhe nach unveränderte - Unterschiedsbeträge für die Fremdwährungsverbindlichkeiten und die Anzahlung festgestellt.
Die Ablieferung des Schiffe...