Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Ausnahme vom Abflussprinzip für Kirchensteuern, die aufgrund einer rückwirkenden Besteuerung nach § 22 Abs. 2 UmwStG gezahlt werden
Leitsatz (amtlich)
1. Kirchensteuern sind als Sonderausgaben im Jahr der Zahlung und nicht im Jahr der Steuerentstehung abzugsfähig. Das gilt auch für Fälle außerordentlicher Einkünfte wie Veräußerungsgewinnen (Anschluss an die BFH-Rechtsprechung).
2. Dies gilt auch für die rückwirkende Besteuerung von Einbringungsgewinnen gemäß § 22 Abs. 2 UmwStG. Diese Fallkonstellation unterscheidet sich nicht wesentlich von den bereits entschiedenen Fällen.
Normenkette
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 4, § 11 Abs. 2, § 37; UmwStG § 22 Abs. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung von gezahlter Kirchensteuer. Der Kläger war im Streitjahr Mitglied der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.
I.
Der Kläger war Gesellschafter der A GmbH (A GmbH). Im Jahr 2014 brachte er ... Anteile im Weg eines qualifizierten Anteilstausches in die B GmbH (B GmbH) ein. Der Ansatz der Anteile erfolgte auf Antrag gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG)zum Buchwert.
Die B GmbH veräußerte Anteile hiervon in den Jahren 2018 und 2019 innerhalb der Sperrfrist gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG mit der Folge, dass der Kläger Einbringungsgewinne rückwirkend auf das Veranlagungsjahr der Einbringung, 2014, zu versteuern hatte.
1. Aus der Anteilsveräußerung zum Stichtag 15.01.2018 ergab sich ein "Einbringungsgewinn II" (§ 22 Abs. 2 Satz 3 UmwStG) i.H.v. ... €.
Der Kläger zeigte dem Beklagten die Veräußerung an und beantragte mit Schreiben vom 13.06.2019, die Einkommensteuerfestsetzung für 2014 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO)zu ändern.
Der Beklagte änderte am 01.07.2019 den ursprünglichen Bescheid über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für 2014 vom 20.08.2015 entsprechend. Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 12.08.2019 seine Erklärung zum Einbringungsgewinn noch einmal korrigiert hatte, erließ der Beklagte am 28.08.2019 einen insoweit nochmals geänderten Einkommensteuerbescheid für 2014 (Anl. A1), in dem er die Einkommensteuer auf ... € und die Kirchensteuer auf... € festsetzte. Der Kläger beglich die sich aus den Änderungsbescheiden wegen des Einbringungsgewinns ergebenden Nachzahlungsbeträge, darunter Kirchensteuer i.H.v. insgesamt ... €, vollständig im Jahr 2019.
Der Einkommensteuerbescheid 2014 vom 28.08.2019 wurde bestandskräftig.
2. Die B GmbH veräußerte zum Stichtag 13.09.2019 weitere sperrfristbehaftete Anteile. Hieraus ergab sich für den Kläger ein nachträglicher zu versteuernder Veräußerungsgewinn i.H.v. ... €.
Der Kläger zeigte dem Beklagten die Veräußerung an und beantragte mit Schreiben vom 06.01.2021 die rückwirkende Änderung des Einkommensteuerbescheids 2014.
Der Beklagte änderte den Einkommensteuerbescheid des Klägers für 2014 am 11.05.2021 (Anl. A2) erneut im Hinblick auf einen höheren"Einbringungsgewinn II" von nunmehr insgesamt ... €. Der Beklagte setzte Einkommensteuer i.H.v. ... € sowie Kirchensteuer i.H.v. ... € fest. Der Kläger zahlte die Differenz zur zuvor festgesetzten Kirchensteuer i.H.v. ... € im Jahr 2021.
II.
1. Der Kläger legte gegen den geänderten Bescheid vom 11.05.2021 am 07.06.2021 Einspruch ein (Anl. A3), mit dem er geltend machte, die durch den im Veranlagungszeitraum 2014 rückwirkend zu versteuernden Einbringungsgewinn verursachten Kirchensteuerzahlungen seien als Sonderausgaben, § 10 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), bereits im Veranlagungsjahr 2014 abzuziehen - unbeschadet der erst später erfolgten tatsächlichen Zahlung und des in § 11 EStG geregelten Zu- und Abflussprinzips. Zur Vermeidung sonst eintretender Wertungswidersprüche zu dem Prinzip der wirtschaftlichen Verursachung sei Kirchensteuer in demselben Jahr zu berücksichtigen, für das sie festgesetzt werde. Das Zu-und Abflussprinzip gelte nicht uneingeschränkt, wie sich in der Norm selbst und durch das Bestehen einer Vielzahl sachlich begründeter Abweichungen zeige. § 11 EStG könne dann keine Anwendung finden, wenn Steuern rückwirkend festzusetzen seien - so wie in § 22 UmwStG geregelt. § 11 EStG bzw. § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG wiesen insofern eine planwidrige Regelungslücke auf, die durch eine analoge Anwendung von § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu schließen sei.
2. Der Beklagte wies den Einspruch mit der Einspruchsentscheidung vom 13.07.2021 als unbegründet zurück. Kirchensteuer sei als Sonderausgabe aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 11 Abs. 2 EStG im Jahr der Zahlung abzugsfähig. Eine vom Kläger geltend gemachte planwidrige, im Wege der Analogie zu schließende Regelungslücke für eine Berücksichtigung im Jahr der - nachträglichen - Gewinnentstehung gebe es nicht.
III.
Der Kläger hat dagegen am 12.08.2021 Klage erhoben.
Er meint, die durch den Einbringungsgewinn verursachte Kirchensteuer i.H.v. ... € sei als Sonderausgabe im Streitjahr 2014 abziehba...