Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung einer auch für den Fall der Invalidität erteilten Pensionszusage
Leitsatz (amtlich)
1. Wird dem Geschäftsführer einer GmbH eine Pensionszusage auch für den Fall der Invalidität erteilt und tritt dieser Versorgungsfall ein, ist die Pensionsrückstellung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG mit dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen zu bewerten. Versäumt es die GmbH, die Pensionsrückstellung am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Versorgungsfall eingetreten ist, entsprechend anzusetzen, kann sie dies in späteren Wirtschaftsjahren grundsätzlich nicht nachholen (§ 6a Abs. 4 Sätze 1 und 5 EStG).
2. Ein GmbH-Geschäftsführer, der aufgrund eines Unfalls keine Geschäftsreisen mehr unternehmen kann, die bis zum Unfall seine Haupttätigkeit bildeten, ist regelmäßig nicht invalide i.S. der ihm erteilten Pensionszusage, wenn er bei fortbestehendem Anstellungsverhältnis und gleichbleibendem Gehalt die Reisetätigkeit delegiert und stattdessen vom Büro aus strategische Entscheidungen trifft und eine leitende Funktion ausübt.
Normenkette
EStG § 6a Abs. 3 S. 2 Nrn. 1-2, Abs. 4 Sätze 1, 5; SGB VI § 43; BBG § 44 Abs. 1; VVG § 172 Abs. 2-3
Tatbestand
Streitig ist bei der Bewertung einer Pensionsrückstellung, ob der Versorgungsfall eingetreten ist.
Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2005 gegründet. Geschäftsführer waren zunächst Herr A und Herr B, der Ende 2009 als Geschäftsführer ausschied. Seit 2009 ist die C GmbH, deren Alleingesellschafter A ist, zu 40 % an der Klägerin beteiligt. Zu insgesamt 60 % beteiligt sind seit 2009 weitere fünf Kapitalgesellschaften, die sog. D-Gruppe.
Die Klägerin ist Alleingesellschafterin der am ... 1990 gegründeten F ... GmbH (im Folgenden: F-GmbH). Geschäftsgegenstand der F-GmbH ist XX, insbesondere XX. Im Wesentlichen vertreibt die F-GmbH XX an ... Geschäftsführer der F-GmbH war A. In 2009 schied der weitere Geschäftsführer B aus und im April 2017 wurde als zweiter Geschäftsführer Herr G bestellt. A schied im März 2021 als Geschäftsführer aus und Herr H wurde zum neuen Geschäftsführer bestellt.
Zwischen der Klägerin und der F-GmbH bestand im Streitjahr 2013 aufgrund eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom ... 2006 eine ertragsteuerliche Organschaft mit der F-GmbH als Organgesellschaft.
Mit Vertrag vom ... 1992 erteilte die F-GmbH A eine Pensionszusage. Hierin war u.a. Folgendes vereinbart:
1. Bei Ausscheiden aus den aktiven Diensten nach Vollendung Ihres 65. Lebensjahres erhalten Sie ein jährliches lebenslängliches Ruhegeld in Höhe von DM ... (...) Dieses Ruhegeld steigt ab Zusagebeginn für jedes volle Dienstjahr, das Sie bei uns verbringen, um 3 %. (...)
2. Ein Ruhegeld in Höhe von DM 100.00 % des unter Ziffer 1. genannten Ruhegeldes erhalten Sie auch bei Dienstunfähigkeit. Dienstunfähigkeit liegt vor, wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht nur vorübergehend außerstande sind, Ihre Tätigkeit für unsere Gesellschaft auszuüben. Sie ist durch ein Gutachten eines von der Gesellschaft zu benennenden Facharztes nachzuweisen und gilt im übrigen durch einen Berufsunfähigkeitsbescheid des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der für die Gesellschaft zuständigen Berufsgenossenschaft als nachgewiesen.
Die F-GmbH schloss bei der J AG zwei Rückdeckungsversicherungen für die Pensionszusage, jeweils mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen, ab. Versicherte Person der Rückdeckungsversicherungen war A. Auf den Inhalt der ab 2005 gültigen Versicherungsbedingungen wird Bezug genommen (...).
Nach dem mit der F-GmbH geschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag in der Fassung vom ... 2005 erhielt A ein jährliches Gehalt von ... € zuzüglich einer Tantieme.
Durch einen Reitunfall am ... 2008 erlitt A eine Verletzung des XX.
Mit dem nach dem Ausscheiden des weiteren Geschäftsführers zwischen der F-GmbH und A geschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom ... 2010 wurde das bisherige Gehalt des A ab dem 1. September 2010 auf ... € p.a. zzgl. einer Tantieme erhöht und die Pensionszusage fortgeführt.
In einem unfallchirurgischen Gutachten vom 3. Mai 2011 diagnostizierte der im K - Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie - als Oberarzt tätige Herr Dr. med. L bei A eine unfallbedingte XX und eine fortschreitende XX und unter Berücksichtigung der Tätigkeit des A als Geschäftsführer in noch gesunden Tagen (mit einer nach seinen, des A, Angaben ausgeprägten Reisetätigkeit, auch ins ferne Ausland, und der aktiven und passiven Teilnahme an Sportveranstaltungen) eine Dienstunfähigkeit hinsichtlich dieser Tätigkeit zu 100 %.
Die F-GmbH und A stellten am 14. Oktober 2008 gemeinsam Anträge bei der J-AG auf Leistungen aus den dort abgeschlossenen Versicherungen wegen einer durch den Unfall eingetretenen Berufsunfähigkeit des A. Nach mehrjährigen Verhandlungen schloss die J-AG mit der F-GmbH als Versicherungsnehmerin und mit Zustimmung des A als dem Versicherten am ... April / ... Mai 2013 eine Vereinbarung ab,...