Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung des Einkommensteuerbescheides auf der Grundlage von § 174 Abs. 4 AO

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn aufgrund einer irrigen Beurteilung des Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Einspruchs des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, können nach § 174 Abs. 4 AO aus einem bestimmten Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung des Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgen gezogen werden.

 

Normenkette

AO § 174 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.05.2010; Aktenzeichen IX R 25/09)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, den Einkommensteuerbescheid 1999 zu ändern.

Die Kläger erzielten in dem Streitjahr Einkünfte aus Beteiligungen, aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung.

Der Kläger war zusammen mit einem Mitgesellschafter F zur Hälfte sowohl an der ... A GmbH (im Folgenden A GmbH) als auch an der ... B mbH (im Folgenden B GmbH) beteiligt. Nachdem die Gesellschafter im Jahr 1997 bereits eine Hälfte der Anteile an der A GmbH veräußert hatten, veräußerten sie am 7.12.1998 die andere Hälfte ihrer Anteile an die B GmbH zu einem Kaufpreis von 7.000.000 DM, wobei auf den Kläger 3.500.000 DM entfielen. Bei der Veräußerung wurde vereinbart, dass die B GmbH einen Kaufpreisrückerstattungsanspruch gegenüber den Gesellschaftern in Höhe der Differenz für den Fall haben sollte, dass sie im Falle der bereits verabredeten Weiterveräußerung die Beteiligung zu einem geringeren Preis als 7.000.000 DM verkauft. Die B GmbH veräußerte die Gesellschaftsanteile an der A GmbH 1999 weiter, erzielte dabei jedoch einen geringeren Preis, so dass ihr ein Kaufpreisrückerstattungsanspruch gegenüber dem Kläger in Höhe von 500.000 DM entstand. Der Kläger war in 1999 noch weiter als Geschäftsführer bei der A GmbH tätig. Mit notariellem Vertrag vom 19.05.1999 wurde das Anstellungsverhältnis vorzeitig gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 500.000 DM, fällig zum 01.01.2000, aufgelöst. Der Kläger trat den Abfindungsbetrag an die B GmbH ab, der er wegen der Kaufpreisrückerstattung 500.000 DM schuldete. Mit Schreiben vom 11.11.1999 zeigte er diese Abtretung der A GmbH an. Am 21.12.1999 zahlte A GmbH den Betrag direkt an die B GmbH, nachdem diese der A GmbH hierüber am 11.11.1999 eine Rechnung erteilt hatte.

Am 02.04.2004 erhielt das damals zuständige Finanzamt Hamburg-1 eine Kontrollmitteilung des Finanzamtes Hamburg-2, dass der Kläger eine Abfindungszahlung in Höhe von 500.000 DM aufgrund der vorzeitigen Aufhebung des Geschäftsführervertrages erhalten habe. Die Zahlung an die B GmbH sei am 21.12.1999 erfolgt.

Das zuständige Finanzamt Hamburg-1 änderte mit Bescheid vom 16.03.2005 den Einkommensteuerbescheid der Kläger für 1999, ohne die Kontrollmitteilung auszuwerten.

Auf die spätere Anhörung teilte der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 10.08.2005 mit, dass versehentlich eine steuerrechtliche Zuordnung der Abfindungszahlung an die B GmbH im Veranlagungsjahr 1999 erfolgt und der Betrag dort als Betriebseinnahme der Besteuerung unterworfen worden sei. Bei der Entschädigung handle es sich jedoch um Arbeitslohn des Klägers, der grundsätzlich bei dessen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit im Veranlagungsjahr 1999 zu versteuern sei. Die Steuerbescheide betreffend die B GmbH seien konsequenterweise zu ändern.

Am 16.12.2005 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für 1999 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und setzte die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der gezahlten Abfindung auf 271.811,97 € (531.618 DM) fest.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 09.01.2006 Einspruch mit der Begründung ein, dass nach Berücksichtigung des Abfindungsbetrags bei der Einkommensteuer des Klägers konsequenterweise in Höhe dieses Betrages der Körperschaftsteuerbescheid der B GmbH berichtigt werden müsste. Das habe das für die B GmbH zuständige Finanzamt wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung abgelehnt. Es werde daher beantragt, dieses Verfahren im Hinblick auf das Verfahren gegen den Körperschaftsteuerbescheid ruhen zu lassen.

In dem inzwischen am Finanzgericht Hamburg anhängigen Verfahren der B GmbH (3 K 78/06) betreffend die Körperschaftsteuer 1999 erteilte das Gericht an den inzwischen für die Einkommensteuer zuständig gewordenen Beklagten den Hinweis, dass der an die B GmbH abgetretene Abfindungsbetrag von 500.000 DM eine Kaufpreiserstattung auf die im Jahr 1998 an die B GmbH veräußerte Beteiligung des Klägers an der A GmbH sei. Die Zahlung der 500.000 DM sollte nach Auffassung des Gerichts nicht nur isoliert im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit Berücksichtigung finden, sondern auch die damit verbundene Minderung des Veräußerungsgewinns. In der Folge wurde der Beklagte zu der mündlichen Verhandlung am 13.12.2006 in dem gerichtlichen Verfahren 3 K 78/06 geladen, obwohl er nicht Beteiligter war. Am 11.12.2006...

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