Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage der Prozeßvollmacht; Verschulden des Prozeßbevollmächtigten
Leitsatz (redaktionell)
Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Ausschlussfrist für die Vorlage der Prozessvollmacht.
Das Verschulden eines Prozessbevollmächtigten muss sich der Kläger zurechnen lassen, solange Vollmacht nicht gegenüber dem Gericht widerrufen worden ist. Auf eine etwaige Kündigung des Mandats im Innenverhältnis kommt es nicht an.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1, § 62 Abs. 3, § 56 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin hat mit einem am 9. November 1998 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz ihres früheren Prozessbevollmächtigten Klage erhoben, mit der sie sich gegen zwei Steueränderungsbescheide des Beklagten wendet. Der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit der Klageschrift angekündigt, eine Prozessvollmacht in Schriftform nachzureichen; die Vollmacht ist dem Gericht jedoch nicht vorgelegt worden. Mit Verfügung des Berichterstatters vom 14. Februar 2000, dem früheren Prozessbevollmächtigten zugestellt 16. Februar 2000, ist dieser aufgefordert worden, eine Prozessvollmacht vorzulegen. Hierfür ist eine Frist mit ausschließender Wirkung bis 28. Februar 2000 gesetzt worden. (Wegen der Form und des Inhalts der zugestellten Verfügung wird auf Bl. 22 und 22 R d.A. verwiesen.) Weder die Klägerin noch ihr früherer Prozessbevollmächtigte hat hierauf innerhalb der gesetzten Frist reagiert.
Erst mit Schriftsatz vom 8. März 2000, beim Gericht eingegangen am 10. März 2000, hat der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin die auf ihn am 4. März 1999 ausgestellte Prozessvollmacht vorgelegt und macht nunmehr geltend, dass die vom Gericht zur Vorlage der Vollmacht gesetzte Ausschlussfrist nicht wirksam gesetzt worden sei. Der Text der Fristsetzung sei nicht durch die Unterschrift des Berichterstatters gedeckt. Außerdem sei weder eine Ausfertigung noch eine beglaubigte Abschrift dieser Verfügung zugestellt worden. Die zugestellte Verfügung lasse nicht erkennen, ob es sich hierbei um eine Zweitschrift handele; sie enthalte keine Überschrift, die auf eine beglaubigte Abschrift schließen lasse. Der Vermerk "für die Richtigkeit" reiche insoweit nicht; er sei zudem nur auf der zweiten Seite der Verfügung angebracht.
Mit einem am 13. April 2000 eingegangenen Schriftsatz ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten, die in Untervollmacht für Brüsseler Rechtsanwälte (Hauptbevollmächtigte) der Klägerin handeln, hat die Klägerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung trägt sie Folgendes vor:
Ihr gesetzlicher Vertreter habe die auf den früheren Prozessbevollmächtigten ausgestellte Vollmacht am 4. März 1999 in dessen Büro unterzeichnet. Das Mandatsverhältnis sei aber mit Schreiben ihrer (der Klägerin) Muttergesellschaft vom 24. Dezember 1999 gekündigt worden. Das Mandat sei den Hauptbevollmächtigten übertragen und von diesen auch am 28. Dezember 1999 übernommen worden. Mit Schreiben vom 20. Januar 2000 habe der frühere Prozessbevollmächtigte Kopien der Prozessunterlagen den Hauptbevollmächtigten übersandt und erklärt, dass er das Finanzgericht über den Widerruf der Vollmacht informieren und den Hauptbevollmächtigten hiervon eine Kopie zusenden werde. Über die Verfügung des Berichterstatters vom 14. Februar 2000 mit der enthaltenen Fristsetzung und seinen dem Gericht mit der Vollmacht übersandten Schriftsatz vom 8. März 2000 habe der frühere Prozessbevollmächtigte weder sie (die Klägerin) noch die Hauptbevollmächtigten informiert. Sie (die Klägerin) sei daher ohne Verschulden verhindert gewesen, die Ausschlussfrist einzuhalten. Ein etwaiges Verschulden ihres früheren Prozessbevollmächtigten sei ihr nicht zuzurechnen, da die Vollmacht durch die Kündigung des Mandats im Innenverhältnis bereits erloschen gewesen sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei auch fristgerecht gestellt worden, da ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten von der gesetzten Ausschlussfrist und dem Schriftsatz des früheren Prozessbevollmächtigten vom 8. März 2000 erst durch die am 31. März 2000 genommene Akteneinsicht erfahren hätten. Hilfsweise werde gerügt, dass die gesetzte Ausschlussfrist mit einer Länge von knapp zwei Wochen zu kurz gewesen sei. An die Stelle der zu kurz bemessenen Frist müsse eine angemessene Frist von vier Wochen treten, so dass die Vollmacht als rechtzeitig vorgelegt anzusehen sei.
Die Klägerin beantragt, - ihr wegen der Versäumung der Ausschlussfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, - den Steueränderungsbescheid des Beklagten vom 17. Dezember 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 1998 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin Antidumpingzölle in Höhe von 62.352,69 DM zu erstatten, - den Steueränderungsbescheid des Beklagten vom 24. August 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 1998 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin Antidumpingzölle...