rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung bei dauerdefizitärem Betrieb
Leitsatz (redaktionell)
Ergibt sich aus einer Gesamtsicht der Verhältnisse, dass eine Gesellschaft Aufwendungen nicht eigennützig, sondern gesellschaftsnützig aufwendet, dann ist es grundsätzlich möglich und zur Abgrenzung von Gesellschafts- und Gesellschaftersphäre geboten, steuerrechtlich das Entstehen von Gesellschaftsverlusten als im persönlichen Interesse der Gesellschafter liegend anzusehen und damit diesen als verdeckte Gewinnausschüttung zuzuordnen.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; KStG a.F. § 27 Abs. 3 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Vorliegen von verdeckten Gewinnausschüttungen.
Die Klägerin wurde mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 1.3.1991, auf den Bezug genommen wird (Bl. 5 bis 11 Akte Allgemeines), und Sitz in A gegründet und am 7.3.1991 in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens sind der Import und Export von Sportpferden, der Pferdeturniersport sowie der Handel mit Pferdesportartikeln. Gesellschafter der Klägerin sind - mit einer Beteiligung von je 25.000 DM am Stammkapital - Frau D und Herr M, der zugleich alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer ist.
Die Klägerin pachtete Pferde an, mit denen beide Gesellschafter in den Jahren 1991 bis 1993 dem Pferdeturniersport nachgingen. Die aus diesen Reitturnieren erzielten Erlöse flossen der Klägerin zu. Darüber hinaus erzielte die Klägerin in den Jahren 1991 bis 1993 Erlöse aus der Veräußerung von Fohlen aus dem angepachteten Pferdebestand. Insgesamt entstanden durch die Teilnahme an den Turnieren und durch die Aufwendungen für den laufenden Unterhalt der Pferde Betriebsausgaben, die nicht durch Erlöse gedeckt werden konnten. Die Klägerin wies in ihren Bilanzen für die Streitjahre folgende Jahresergebnisse aus (in DM):
|
Erlöse |
Betriebsausgaben |
Jahresergebnis (JE) |
kumuliertes JE |
1991 |
146.848 |
- 288.153 |
- 141.305 |
|
1992 |
150.768 |
- 324.637 |
- 173.869 |
- 315.174 |
1993 |
191.990 |
- 317.529 |
- 125.539 |
- 440.713 |
1994 |
-- |
- 102.330 |
- 102.330 |
- 543.043 |
1995 |
6.971 |
- 53.294 |
- 46.323 |
- 589.366 |
Summe |
496.577 |
-1.085.943 |
|
- 589.366 |
In ihren Bilanzen für die Streitjahre wies die Klägerin darüber hinaus folgende Darlehensverbindlichkeiten einschließlich Zinsen gegenüber den Gesellschaftern aus:
|
Frau D |
Herr M |
Summe |
1991 |
52.333 DM |
31.464 DM |
83.797 DM |
1992 |
55.996 DM |
55.038 DM |
111.034 DM |
1993 |
117.439 DM |
127.240 DM |
244.679 DM |
1994 |
|
|
390.540 DM |
1995 |
|
|
444.188 DM |
Hierzu erläuterte der Geschäftsführer der Klägerin in seinem Schreiben vom 29.8.1994 an das ehemals für die Klägerin zuständige Finanzamt F: "Da ich zwischenzeitlich einigen Finanzbedarf hatte, wurden mir von meiner Lebensgefährtin ... (D) Darlehen in Höhe von DM 390.000 ... gegeben. Über diese Darlehen gibt es Vereinbarungen ..." (Körperschaftsteuer-Akte Blatt 73).
Die Jahresabschlüsse zum 31.12.1991 bis 31.12.1993 enthalten jeweils den Bestätigungsvermerk der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, die die Bilanzen erstellt hat. Die Jahresfehlbeträge 1991 bis 1993 entsprechen dem in der jeweiligen von dem Geschäftsführer der Klägerin unterzeichneten Körperschaftsteuererklärung angegebenen Steuerbilanzverlust. Die von der Klägerin eingereichten Bilanzen zum 31.12.1991 und 31.12.1995 enthalten ebenso wie die von ihr eingereichten Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen für 1994 und 1995 keine Unterschrift des Geschäftsführers der Klägerin. In seinem Begleitschreiben vom 24.2.1998 teilte der Geschäftsführer der Klägerin dem Finanzamt F mit, dass die Originale der Steuererklärungen auf dem Postweg verloren gegangen seien und nunmehr die original unterschriebenen Kopien überreicht würden. Auf diesem Schreiben befindet sich der Vermerk des Sachbearbeiters vom 19.5.1999: "da die Originale nun vorliegen, können die Durchschriften/Kopien nach Bp vernichtet werden, um die Akte nicht unnötig zu füllen".
Mit Bescheiden vom 2.12.1997 setzte das Finanzamt F unter Berücksichtigung des jeweiligen Jahresfehlbetrages als verdeckte Gewinnausschüttung die Körperschaftsteuer für 1991 auf 79.484 DM, für 1992 auf 97.801 DM und für 1993 auf 53.802 DM fest und erließ entsprechende Bescheide über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 16.12.1997, eingegangen am 19.12.1997, Einspruch ein.
Nachdem der Geschäftsführer der Klägerin den Ort der Geschäftsleitung nach Hamburg verlegt hatte, führte der Beklagte in der Zeit vom 12.7.1999 bis 24.11.2001 eine Betriebsprüfung für die Jahre 1993 bis 1995 durch; auf den Prüfungsbericht vom 5.12.2000 wird Bezug genommen. Mit Bescheiden vom 6.3.2001 setzte der Beklagte unter Berücksichtigung von verdeckten Gewinnausschüttungen
- für 1993 in Höhe von 128.937 DM,
- für 1994 in Höhe von 104.671 DM und
- für 1995 in Höhe von 48.582 DM
die Körperschaftsteuer
- für 1993 auf 55.258 DM,
- für 1994 auf 44.859 DM und
- für...