rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer: Widerruf einer Dauerfristverlängerung
Leitsatz (amtlich)
Nachhaltige, nicht nur vorübergehende Steuerrückstände können den Widerruf einer Dauerfristverlängerung rechtfertigen
Normenkette
UStG § 18 Abs. 6; UStDV § 46
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Widerruf einer Dauerfristverlängerung.
Der Kläger ist als Inhaber der Einzelfirma A mit der Produktion kleiner Serien von ... Bekleidung für ... Anbieter befasst. Diese lassen die Bekleidung nach vorgelegten Schnitten und zur Verfügung gestellten Stoffen durch den Kläger nähen.
Im Jahr 2005 erzielte der Kläger einen Umsatz von 142.399,28 € und einen Gewinn von 37.683,23 €, im Jahr 2006 einen Umsatz von 187.307,78 € und einen Gewinn von 75.876,51 €. Das vorläufige Ergebnis der betriebswirtschaftlichen Auswertung zum 31.12.2007 beläuft sich auf 80.529,16 €, das einer betriebswirtschaftlichen Auswertung zum 30.06.2008 auf 6.739,55 €. Die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung für Februar 2007 erfolgte in Teilbeträgen am 19.04., 10.05., 23.05. und 21.06. 2007 (letzte Zahlung von 2.488,82 €). Nachdem der Kläger eine Dauerfristverlängerung für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen in Anspruch genommen hatte, widerrief der Beklagte diese mit Bescheid vom 06.06.2007 mit der Begründung, dass die Umsatzsteuervorauszahlung für Februar 2007 nicht oder nicht vollständig gezahlt worden sei. Den hiergegen am 11.06.2007 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit am 28.02.2008 zur Post gegebener Einspruchsentscheidung vom selben Tag als unbegründet zurück. Per 31.10.2007 bestanden Abgabenrückstände von insgesamt 29.938,64 € (Rechtsbehelfsakte - RbA - Bl. 8), per 06.02.2008 sofort vollstreckbare Steuerrückstände in Höhe von 23.487,92 € zzgl. Säumniszinsen von 1.310,50 € bzw. per 07.02.2008 Gesamtforderungen von 26.781,86 € (Rb Bl. 31, 32). In der Zeit vom 06.06.2007 bis zum 14.07.2008 hat der Kläger Zahlungen in Höhe von insgesamt 54.602,94 € geleistet (Aufstellung Gerichtsakte - GA - Bl. 42). Am 09.07.2008 hat der Kläger mit der Vollstreckungsstelle des Beklagten eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen, in der beginnend mit dem 10.08.2008 monatliche Teilzahlungen von 1.500 € auf die Steuerrückstände per 09.07.2008 in Höhe von 14.956,46 € zzgl. Säumniszuschläge in Höhe von 2.699,50 € vereinbart wurden.
Am 03.04.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor: Der Widerruf der Dauerfristverlängerung sei rechtswidrig. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Gefährdung des Steueranspruchs im Sinne von § 46 Abs. 1 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) sei der Erlass des Widerrufsbescheides vom 06.06.2007. Zu diesem Zeitpunkt seien auf die Umsatzsteuer für Februar 2007 bereits Teilbeträge geleistet worden. Allein aus der Tatsache noch rückständiger Beträge könne eine Gefährdung des Steueranspruchs nicht hergeleitet werden, zumal der Kläger mit dem Beklagten wegen einer Ratenzahlungsvereinbarung im Kontakt gestanden habe und die Gewinnsituation des Unternehmens des Klägers allenfalls Zahlungsstockungen, nicht aber die Gefahr eines Steuerausfalls erwarten ließe. Zwar seien die Steuerschulden bis Februar 2008 weiter angewachsen. Dennoch leiste der Kläger im Rahmen des Möglichen. Er habe auch nach dem 16.07.2008 Beträge geleistet, nämlich u.a. 5.000 € am 26.07.2008 und 1.500 € am 07.08.2008. Die hohen Rückstände seien dadurch entstanden, dass die laufenden Vorauszahlungen nicht angepasst worden seien und der Kläger keine Rücklagen für die fälligen Steuerbeträge gebildet habe. Zudem erhalte der Kläger branchenspezifisch im Dezember/Januar weniger Aufträge; im Jahr 2007 habe das "Winterloch" bereits im Oktober eingesetzt und bis März angedauert. Die Einschätzung des Klägers, die Steuerrückstände schon zu einem früheren Zeitpunkt zu begleichen, habe sich nicht bestätigt, weil der Kläger zum einen ein von seiner Familie erwartetes Darlehen nicht erhalten habe und zum anderen sich die erwartete Umsatzentwicklung für das erste Halbjahr 2008 nicht erfüllt habe. Für das 2. Halbjahr zeige sich allerdings eine positive Auftragslage, wenn auch das gute Ergebnis des Jahres 2007 wohl nicht erreicht werde. Zudem werde nunmehr das Familiendarlehen in naher Zukunft in Höhe von 7.000 € fließen, so dass der Ratenzahlungszeitraum abgekürzt werde. Nach dem Widerruf der Dauerfristverlängerung sei es dem Kläger nicht gelungen, die Voranmeldungen in der nun geltenden regulären Frist einzureichen; der Beklagte habe Verspätungszuschläge festgesetzt, gegen die der Kläger regelmäßig Einspruch eingelegt habe. Bei zutreffendem Verständnis des Gesetzes könne zudem angesichts der als Sicherheit zur Verfügung stehenden Sondervorauszahlung von 1/11 der Vorauszahlungen des Vorjahres von einer Gefährdung im Sinne des § 46 S. 2 UStDV nur ausgegangen werden, wenn die Voranmeldungen trotz Dauerfristverlängerung wiederholt verspätet abgegeben worden seien; der Kläger habe seine Voranmeldungen indes pünktlich abgegeben. Darüber hinaus sei es auch nahe...