Entscheidungsstichwort (Thema)
Tauschähnliche Umsätze, Erstattung von Entsorgungskosten
Leitsatz (amtlich)
Bei einem tauschähnlichen Umsatz mit Baraufgabe kann Vorsteuer aus einer Teilrechnung nicht geltend gemacht werden, wenn die neben der Baraufgabe geschuldete Leistung wertlos ist und für den mit der Teilrechnung abgerechneten Leistungsteil hingegeben wird.
Verpflichtet sich die Treuhandanstalt bzw. die spätere Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben in einem Kaufvertrag gegenüber dem Käufer zur Entsorgung von Rückständen auf dem Grundstück und kommt es aufgrund späterer Vereinbarungen dazu, dass sie stattdessen die Kosten der Entsorgung erstattet, so liegt ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch und nicht die Zahlung eines echten Zuschusses.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 12 S. 2, § 10 Abs. 1-2, § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist zum einen das Bestehen eines Vorsteueranspruchs aus Rechnungen für Abbruchleistungen und zum anderen die Umsatzsteuerpflicht für Entsorgungsarbeiten, deren Kosten die Klägerin erstattet erhalten hat. Wegen eines Zuständigkeitswechsels innerhalb der Finanzbehörden ist am 1. Oktober 2005 der nunmehrige Beklagte an die Stelle des zunächst beklagten Finanzamtes Hamburg-... (FA) getreten.
Die Klägerin ist durch Umwandlung aus dem VEB ... (A), ... hervorgegangen. a) Der VEB A war Eigentümer eines rund 30,3 Hektar großen Industriearreals in ... (S) bei ... (B). Das Unternehmen A existierte seit 1884 und war ein auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bedeutender ...-Betrieb, dessen Hauptwerk sich auf diesem Grundstück befand. b) Der Sachverständige Dr.-Ing. ... (L) erstellte zum 15. August 1993 ein (auszugsweise vorliegendes) Wertgutachten über das Grundstück. Das Gutachten nimmt u.a. Bezug auf eine betriebliche Abrisskonzeption vom 14. Juni 1993 und auf einen Bericht der Altlastenrisikoeinschätzung vom 19. Februar 1993. Es führt aus, dass für das Produktionsprogramm der A - z.B. ... u.a.m. - nach der Wende auf dem Markt kein angemessener Bedarf mehr bestanden habe und die Produktion eingestellt werden musste. In Übereinstimmung mit der betrieblichen Abrisskonzeption ging der Sachverständige davon aus, dass ca. 68% der mit Gebäuden bebauten Flächen und ca. 64% der Geschossflächen des Hauptwerkes kurz- und mittelfristig abzubrechen seien. Hierfür ermittelte der Sachverständige Abbruch- und Deponiekosten in Höhe von zusammen rund DM 24,5 Mio. Dabei hat er u.a. für die Einordnung der kontaminierten Bausubstanzen Bezug genommen auf den Bericht der Altlastenrisikoeinschätzung. Eine Aufteilung in Abbruchkosten und Deponiekosten findet sich in dem Gutachten (soweit es vorliegt) nicht. c) Ein Bestandteil des Industriekomplexes war eine 1973 errichtete, 1988 generalüberholte Schwefelsäureanlage. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vom Herbst 1990 kam zu dem Ergebnis, dass die Anlage für einen Weiterbetrieb zu unwirtschaftlich arbeite. Die Anlage wurde stillgelegt, konserviert und es wurde sich um ihren Verkauf bemüht. Im Verlauf der Verkaufsbemühungen wurde die Kaufpreisforderung von zunächst DM 6,5 Mio. im Jahr 1991 nach und nach reduziert, bis zuletzt auch Verhandlungen auf der Basis eines Kaufpreises in Höhe von DM 100.000 im Januar 1994 und in Höhe von DM 90.000 im Mai 1994 scheiterten.
Die Anteile an der Klägerin sind mit Vertrag vom 19. Mai 1994 mit Änderungen vom 19. Dezember 1994 von der Treuhandanstalt, die spätere Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), an die ... (H) GmbH ... veräußert worden, die eine Tochtergesellschaft der ... (F) AG, ..., ist.
a) Die Parteien dieses Veräußerungsvertrags gingen vertraglich davon aus, dass der - für den Veräußerungspreis der Anteile an der Klägerin - relevante Verkehrswert der Grundstücke der Klägerin DM 25,8 Mio. betrug und dass für den durchzuführenden Abbruch der aufstehenden Anlagen und Gebäude Kosten von DM 24,5 Mio. entstehen würden. Die genannten Beträge wurden aus dem Gutachten L abgeleitet. Der Veräußerungsvertrag sah eine nachträgliche Korrektur des Kaufpreises für den Fall vor, dass die Klägerin geringere als die angenommenen Abrisskosten aufzuwenden hat. Die tatsächlich aufgewendeten Abrisskosten waren gemäß § 12 des Vertrages bis zum 31. Dezember 1998 nachzuweisen. Sollte der Verpflichtung zum Nachweis nicht nachgekommen bzw. tatsächlich geringere als die angenommenen Abrisskosten aufgewendet werden, sollte der Unterschiedsbetrag als zusätzlicher Kaufpreis an die Verkäuferin entrichtet werden. Dazu ist es in der Folgezeit nicht gekommen.
b) In § 10 des Kaufvertrags hat sich die Verkäuferin zur Entsorgung von oberirdisch gelagerten Reststoffen und Chemikalien verpflichtet, die in einer Anlage zum Kaufvertrag erfasst waren. Zu dieser Vertragsklausel trafen die Vertragsparteien am 19. April 1996 eine "Ausfüllungsvereinbarung". Ohne dass die Regelung in § 10 des Kaufvertrags davon ...