Entscheidungsstichwort (Thema)
Mantelkauf: überwiegend neues Betriebsvermögen bei innenfinanzierter Anschaffung von Umlaufvermögen; Branchenwechsel bei Holdinggesellschaften
Leitsatz (amtlich)
Aus eigenen Mitteln finanzierte Anschaffungen sind jedenfalls dann als neues Betriebsvermögen i.S. des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1999 zu qualifizieren, wenn ein Branchenwechsel vollzogen wurde.
Bei der Frage, ob ein Branchenwechsel vorliegt, ist nicht allein auf den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand abzustellen, sondern vor allem auf den konkreten Geschäftsbetrieb.
Bei einer Holdinggesellschaft ist der Branchenwechsel nach ihren eigenen Verhältnissen zu beurteilen und nicht nach den Branchen, denen die Beteiligungsunternehmen angehören.
Wird mit vorhandenen Mitteln im Wege der Innenfinanzierung neues Betriebsvermögen angeschafft (Aktivtausch), liegt überwiegend neues Betriebsvermögen vor, wenn die neu angeschafften Wirtschaftsgüter das durch den Aktivtausch verringerte Restaktivvermögen wertmäßig übersteigen.
Normenkette
KStG 1999 § 8 Abs. 4; GewStG 1999 § 10 a S. 4
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist erstens streitig, ob die A GmbH (vormals B GmbH) Verluste, die vor einem vollständigen Gesellschafterwechsel entstanden sind, von später entstandenen Gewinnen abziehen kann, und zweitens, ob ein etwaiger Verlustvortrag der A GmbH im Zuge der Verschmelzung auf die Klägerin auf diese übergegangen ist.
I.
1. Die B GmbH (im Folgenden: B GmbH) mit Sitz in C wurde durch Gesellschaftsvertrag vom ... 1991 gegründet und am ... 1992 in das Handelsregister eingetragen.
a. Nach der Satzung der B GmbH in der Fassung vom ... 1995 (Handelsregisterauszug, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband, Fach 3) umfasste der Geschäftsgegenstand
"den Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen, insbesondere von Gesellschafts- und Geschäftsanteilen an Gesellschaften und Unternehmen, die in der Produktion oder dem Im- und Export sowie dem Groß- und Einzelhandel auf dem Gebiet von Multimedia-Produkten, insbesondere Computerspielen, Computerzubehör, Audio- und Videoprodukten sowie Büchern und Literatur und sonstiger im weiteren Sinn artverwandter Artikel tätig sind."
Im Jahr 1998 waren Gesellschafter der B GmbH die D GmbH (37 %), Herr E (33,45 %), Herr F (18,9 %) und Herr G (10,65 %; Bilanzbericht 1998 S. 8, Bilanzakten -BilA- A GmbH Bd. III). Geschäftsführer waren Herr F, Herr G und Herr H.
Am 21. März 1995 schloss die B GmbH Beratungsverträge mit der I Ltd. und mit der E GmbH ab (Betriebsprüfungsarbeitsakten -BpAA- Klägerin Bd. IV Bl. 140 ff.). Vereinbart war die Beratung der B GmbH in den Bereichen Geschäftsführung und Investitions-, Finanz- und Jahresplanung sowie die Beratung bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens, insbesondere bei der Entwicklung eines strategischen Unternehmenskonzeptes. Für die E GmbH wurde Herr J tätig, der auch dem Beirat der B GmbH angehörte.
b. Bis 1998 war die B GmbH als Holding der B-Gruppe tätig, die im Wesentlichen mit Computerspielen und Zubehör handelte und diese Produkte auch selbst herstellte. Im Jahr 1997 erzielte die B-Gruppe einen Gesamtumsatz von DM 212 Mio. (Konzerngewinn- und -verlustrechnung, BilA A GmbH Bd. II, Anlage 4 zum Jahresabschluss 1997). Die B GmbH hatte durchschnittlich zehn bis elf Mitarbeiter (Personalaufwendungen von rund DM 2,5 Mio. jährlich). Ihre Erlöse erzielte sie aus Kostenumlagen, Gewinnabführungen und Beteiligungserträgen. 1996 und 1997 handelte die B GmbH auch selbst mit Computerspielen (Umsatz hieraus in 1996: DM 1.923.059,66, Bilanzbericht 1996 S. 43, BilA A GmbH Bd. II; in 1997: DM 279.813,67, Bilanzbericht 1997 S. 40, BilA A GmbH Bd. II).
Die B GmbH reichte in den Jahren 1992 bis 1997 bei dem damals zuständigen Finanzamt K nicht nur ihre eigenen Jahresabschlüsse und Gewinn- und Verlustrechnungen ein, sondern auch Konzernbilanzen, Konzerngewinn- und -verlustrechnungen und Konzernlageberichte. Die eingereichten Bilanz- und Lageberichte der B GmbH enthalten folgende Ausführungen:
1993: "Durch den Erwerb der L Vertrieb konnte die B-Gruppe ihre dominierende Position auf dem Markt für Unterhaltungssoftware und -zubehör weiter ausbauen und festigen." (Bilanzbericht S. 8, BilA A GmbH Bd. I)
"In den Konzernabschluss sind die B GmbH, C, als Mutterunternehmen und alle Tochterunternehmen, die unter einheitlicher Leitung des Mutterunternehmens stehen, einbezogen." (Anhang und Konzernanhang -Anlage V- S. 1, BilA A GmbH Bd. I)
Die Umsatzerlöse werden im Inland und ausschließlich auf dem Gebiet der Unterhaltungssoftware und entsprechendem Zubehör realisiert." (Anhang und Konzernanhang -Anlage V- S. 7, BilA A GmbH Bd. I)
1994: "Im Geschäftsjahr fielen die Personalaufwendungen für das Management erstmalig in voller Höhe bei der B an. Die sonstigen Erträge resultieren im Wesentlichen aus an die M und N weiterbelasteten Personal- sowie sonstigen Aufwendungen." (Bilanzbericht S. 8, BilA A GmbH Bd. I)
"Durch die im Geschäftsjahr erfolgten Beteiligungserwerbe hat die B-Gruppe i...