Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Bestellung als Steuerberater: Erhebliche Steuerschulden - konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erhebliche Steuerschulden eines Steuerberaters können einen Vermögensverfall im Sinne des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG begründen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Steuerberater bereits seit über fünf Jahren wiederkehrend in Vollstreckung befindet, Ratenzahlungsvereinbarungen nicht einhält und seinen Steuererklärungspflichten nicht nachkommt.

2. Eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen ist anzunehmen, wenn der Steuerberater in sonstigen geschäftlichen oder auch eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält. Hierzu zählen insbesondere steuerliche Erklärungs- und Zahlungsverpflichtungen. Denn in diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Steuerberater unter dem Druck seiner Vermögenslosigkeit auch Mandanteninteressen unter Missachtung vertraglicher Vereinbarungen verletzt, so groß, dass von einer konkreten Gefährdung von Auftraggeberinteressen auszugehen ist.

 

Normenkette

StBerG § 46

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater.

Der am ... geborene Kläger wurde am ... als Steuerberater (damals von dem Finanzministerium in A) bestellt.

Der Kläger kommt seinen Erklärungs-, und Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Finanzämtern Hamburg-1 (Sitz des Steuerberaterbüros) und B (private Wohnanschrift des Klägers und seiner Ehefrau) in eigenen Angelegenheiten nicht bzw. nur in ungenügender Weise nach. Für die Jahre 2011, 2012, 2014 und 2016 liegen beim Finanzamt Hamburg-1 keine Erklärungen vor. Die Erklärungen für 2013 und 2015 gingen dort erst nach Schätzungen ein. Die Steuererklärungen für 2017, 2018 und 2019 reichte der Kläger im Januar 2020 ein. Seit 2015 befindet er sich wiederkehrend in Vollstreckung bei den beiden zuständigen Finanzämtern. Im August 2018 wurde die Beklagte von der Finanzbehörde Hamburg darüber informiert, dass der Kläger Steuerschulden von insgesamt ... € hatte und seit 2015 Vollstreckungsmaßnahmen vollzogen wurden. Nach einer Mitteilung des Finanzamts B vom 21. September 2018 hatte der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau Steuerschulden in Höhe von ... €. Ratenzahlungsvereinbarungen hielt er nicht ein. Einer Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft vom 24. April 2018 folgte der Kläger nicht. Zu dem anschließend anberaumten Termin am 11. Juni 2018 erschien der Kläger nicht.

Die Beklagte gewährte dem Kläger u.a. durch Schreiben vom 26. September 2018 rechtliches Gehör zu dem beabsichtigten Widerruf seiner Steuerberaterzulassung. Anschließend erhielt der Kläger mehrfach die Gelegenheit sich zu äußern und den Nachweis zu erbringen, dass tatsächlich kein Vermögensverfall besteht. Am ... 2020 beschloss der Kammervorstand der Beklagten einstimmig den Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater.

Durch Bescheid ... 2020 wurde die Bestellung des Klägers zum Steuerberater wegen Vermögensverfalls widerrufen. Die Beklagte führte zur Begründung insbesondere an, dass der Kläger bereits seit Jahren Steuerschulden habe und sich seit 2015 in Vollstreckung befinde. Seine mehrfachen Versprechungen die Schulden zu begleichen, habe er nicht eingehalten. Vollstreckungsversuche der Finanzämter seien erfolglos gewesen. Die Steuerschulden beim Finanzamt B seien inzwischen auf ... € gestiegen und beliefen sich beim Finanzamt Hamburg-1 immer noch auf ... €. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Widerrufsbescheid vom ... 2020 verwiesen. Der Bescheid wurde am ... 2020 durch Postzustellungsurkunde zugestellt.

Der Kläger hat am 24. Juli 2020 Klage erhoben und am 17. November 2020 erstmalig begründet. Mandanteninteressen seien nicht gefährdet. Zur Abmilderung der Mandantengefährdung habe er auf Treuhandgeschäfte seit der Corona-Pandemie verzichtet. Die Zahlungsrückstände seien hauptsächlich durch die Erkrankung seiner Ehefrau entstanden, welche auch viel seiner Zeit in Anspruch genommen habe. Trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie werde er seine Steuerschulden bis Januar 2021 begleichen. Die Verzögerung der Bezahlung seiner Steuerverbindlichkeiten hänge mit der Corona-Pandemie zusammen.

Am 16. April 2021 teilte der Kläger mit, dass er begonnen habe, seine Steuerschulden trotz der Pandemie gegenüber den Finanzämtern zu bezahlen. Seine Ankündigung, die Steuerschulden bis Ende Januar 2021 zu begleichen, habe er nicht einhalten können, da viele seiner Mandanten wegen der Pandemie nur zögerlich zahlten.

Mit Schriftsätzen vom 16. April 2021 und 19. April 2021 wies der Kläger auf die Gefahr von Ansteckungen im Gericht hin und bat um Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Schreiben Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom ... 2020 über den Widerruf der Bestellung als Steuerberater aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung auf die im Widerrufsbesch...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge