Umzugskosten für Homeoffice während der Pandemie
Aufwendungen für einen Umzug sind grundsätzlich steuerlich nicht abziehbare Kosten der allgemeinen Lebensführung. Umzugskosten können aber als Werbungskosten abzugsfähig sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist, private Gründe also eine allenfalls ganz untergeordnete Rolle spielen.
Eine derartige berufliche Veranlassung hat der BFH beispielsweise anerkannt, wenn der Umzug aus Anlass eines Arbeitsplatzwechsels erfolgen musste oder wenn - auch ohne berufliche Veränderung - durch den Umzug der erforderliche Zeitaufwand für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wesentlich vermindert worden ist. Als wesentliche Verkürzung der Wegezeit hat er dabei eine Ersparnis von mindestens einer Stunde täglich angesehen.
Wesentliche Erleichterung/Verbesserung der Arbeitsbedingungen
Eine rein berufliche Veranlassung ist auch angenommen worden, wenn der Umzug zu einer wesentlichen Erleichterung/Verbesserung der Arbeitsbedingungen geführt hat. Bisher ist dies etwa bei einer Erreichbarkeit der Arbeitsstätte ohne Verkehrsmittel nach dem Umzug angenommen worden.
BFH zur Möglichkeit des häuslichen Arbeitszimmers nach Umzug
Der BFH hat mit Urteil v. 16.10.1992, VI R 132/88, entschieden, dass eine berufliche Veranlassung nicht anzunehmen ist, wenn sich durch den Wohnungswechsel die Fahrzeiten zwischen Wohnung und Beschäftigungsstätte(n) um weniger als eine Stunde pro Arbeitstag verkürzen und die neue Wohnung Platz für die Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers bietet.
Auch der hinzutretende Umstand, dass die neue Wohnung aufgrund der wesentlich großzügigeren Platzverhältnisse die Einrichtung eines Arbeitszimmers ermöglichte, reiche für die Feststellung eines Umzugs aus nahezu ausschließlich beruflichen Gründen nicht aus; denn aufgrund des natürlichen Bestrebens nach Verbesserung der Wohnqualität lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermitteln, ob die Einrichtung des Arbeitszimmers Anlass oder nur Folge des Umzugs in eine wesentlich größere Wohnung mit besseren Wohnbedingungen gewesen sei.
FG Hamburg zum Umzug während Corona-Pandemie
Im Rahmen eines Klageverfahrens vor dem FG Hamburg arbeiteten die Kläger bis März 2020 nur in Ausnahmefällen zu Hause. Ab März 2020 - mit Beginn der Corona-Pandemie - arbeiteten beide dann auf Anweisung/Bitten ihrer Arbeitgeber im Homeoffice. Beide Kläger benötigten für ihre Tätigkeit einen großen Bildschirm.
Zu Beginn des Homeoffices Mitte März 2020 nutzen die Kläger den Esstisch nicht nur als Esstisch der Familie, sondern zudem als Schreibtisch. Dort war indes nur Platz für einen großen Bildschirm. Auch sonst konnte ein solcher in der Wohnung nicht aufgestellt werden. Da die Klägerin in ihrer Arbeit zudem durch die vielen Telefonate des Klägers gestört wurde, wechselten sie sich nach Möglichkeit mit der Nutzung des Esstisches ab. Dies war nur möglich, weil beide in gewissem Maße die Arbeitszeit frei einteilen konnten.
Die Kläger erkannten, dass die Corona-bedingten Einschränkungen nicht nur ganz kurzfristig sein würden, und suchten im April 2020 nach einer Wohnung, die es ihnen ermöglichen würde, zwei Arbeitszimmer einzurichten. Im Juli 2020 zogen die Kläger (nur 2 km weiter) um. Hier konnten sie nun zwei Arbeitszimmer beziehen, welche im Rahmen der Steuererklärung auch vom Finanzamt anerkannt wurden.
Umzugskosten vom Finanzamt abgelehnt
Das beklagte Finanzamt gewährte aber nicht die ebenfalls beantragten Umzugskosten. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch die Nutzung zweier Arbeitszimmer begründe keine berufliche Veranlassung des Umzugs. Zwar habe der Umzug die Einrichtung zweier Arbeitszimmer ermöglicht, aber der Fahrtweg habe sich für beide Kläger hierdurch nicht verändert. Zum Zeitpunkt des Wohnsitzwechsels sei zudem nicht absehbar gewesen, wie lange Pandemie und Homeoffice-Verpflichtung dauern würden, so dass private Erwägungen den Umzug dominiert haben müssten.
FG Hamburg gewährt Umzugskosten
Dies sieht das FG Hamburg aber anders (Urteil v. 23.02.2023, 5 K 190/22). Der Umzug sei objektiv beruflich veranlasst und subjektiv zur Förderung des Berufs bestimmt. Zwar sei es richtig, dass eine erhebliche Verkürzung des Arbeitswegs nicht eingetreten ist, denn das Homeoffice der Kläger sei nicht als erste Tätigkeitsstätte einzuordnen.
Das FG ist aber davon überzeugt, dass der Umzug zu einer wesentlichen Verbesserung und Erleichterung der Arbeitsbedingungen der Kläger geführt hat. Der Umzug habe erst eine ungestörte Ausübung der nichtselbstständigen Tätigkeit beider Eheleute ermöglicht. Vorher sei dies nur mit erheblichen Beeinträchtigungen durch ein Abwechseln mit der Tätigkeit und der Inkaufnahme von Störungen bei gleichzeitiger Tätigkeit einhergegangen.
Die Kläger hätten zur Beseitigung dieser Situation eine neue Wohnung mit genau zwei zusätzlichen Arbeitszimmern gesucht und ausgewählt. Die Einrichtung von zwei Arbeitszimmern sei angesichts der verschiedenen Arbeitsweisen der Eheleute erforderlich für die (ungestörte) Ausübung der jeweiligen Tätigkeit. Anders als in dem im Jahr 1992 entschiedenen Fall lägen hier insgesamt andere Umstände vor, so dass ein vom BFH damals angenommenes "natürliches Bestreben nach Verbesserung der Wohnqualität" der beruflichen Veranlassung hier nicht entgegensteht.
Aufgrund der Gesamtumstände lasse sich hier mit der erforderlichen Sicherheit ermitteln, dass die Einrichtung der Arbeitszimmer Anlass des Umzugs war.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Gegen die Entscheidung des FG Hamburg läuft ein Revisionsverfahren vor dem BFH. Vergleichbare Fälle können offengehalten werden, bis der BFH entschieden hat (Az VI R 3/23).
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