rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einhaltung der Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob eine Überschreitung des ersten Transportintervalls zum Anlass genommen werden darf, die Ausfuhrerstattung nach Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 vollständig oder teilweise zu versagen.

 

Normenkette

EGV 615/98 Art. 5 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung, die ihr durch das beklagte Hauptzollamt als Vorschuss gewährt worden war.

Mit Ausfuhranmeldung vom 29.4.2002 meldete die Klägerin beim Hauptzollamt A insgesamt 40 lebende Rinder der Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 9071 9000 zur Ausfuhr in den Libanon an und beantragte hierfür die vorschussweise Gewährung von Ausfuhrerstattung, die ihr mit Bescheid vom 27.1.2003 in Höhe von € 8.515,29 antragsgemäß gewährt wurde.

Im Rahmen der Auswertung des von der Klägerin vorgelegten Transportplanes stellte das beklagte Hauptzollamt fest, dass die Transportdauer beginnend am 29.4.2002 um 12.30 Uhr in B (Abfahrt) mit Ankunft am 30.4.2002 gegen 18.00 Uhr in C und anschließender Verladung auf das Schiff insgesamt 29 1/2 Stunden betragen hatte. Diese Feststellung der Transportdauer nahm das beklagte Hauptzollamt zum Anlass, die der Klägerin vorschussweise gewährte Ausfuhrerstattung mit Änderungsbescheid vom 10.2.2005 mit einem Zuschlag von 10 % mit der Begründung zurückzufordern, dass sie die nach den gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzbestimmungen zulässige Höchsttransportzeit von 29 Stunden überschritten habe.

Den gegen den Änderungsbescheid vom 10.2.2005 gerichteten Einspruch der Klägerin wies das beklagte Hauptzollamt mit Einspruchsentscheidung vom 16.12.2005 zurück. Es führte zur Begründung u. a. aus: Nach Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 setze die Zahlung der Ausfuhrerstattungen für lebende Tiere des KN-Codes 0102 voraus, dass während des Transports der Tiere bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland die Richtlinie des Rates 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport eingehalten werde. In Kapitel VII Ziffer 48 Nr. 4 des Anhangs der Richtlinie 91/628/EWG sei geregelt, dass den Tieren nach einem Transportintervall von maximal 14 Stunden eine mindestens einstündige Ruhepause zu gewähren sei, während der sie zu tränken und nötigenfalls zu füttern seien. Nach einer zweiten Transportphase von wiederum höchstens 14 Stunden seien die Tiere im Rahmen einer Ruhepause von 24 Stunden an einem zugelassenen Aufenthaltsort zu entladen, zu füttern und zu tränken. Unter Berücksichtigung der im Transportplan angegebenen Abfahrtszeit von 12.30 Uhr, die ersichtlich nicht den Verladebeginn fixiere, habe die Klägerin die nach der Richtlinie 91/628/EWG zulässige Höchsttransportzeit von 29 Stunden, die die Umladung der Tiere auf das Schiff einschließe, um wenigstens 30 Minuten überschritten. - Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Mit ihrer am 19.1.2006 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie verweist darauf, dass ausweislich des Transportplanes nach einer ersten Transportphase von 13 Stunden der Transport für eine dreistündige Ruhepause unterbrochen worden sei, in der die Tiere gefüttert und getränkt worden seien. Die nach der Richtlinie 91/628/EWG vorgeschriebene Mindestpausenzeit sei damit sogar um zwei Stunden überschritten worden. Im Anschluss an die Ruhepause sei der Transport fortgesetzt worden, wobei diese zweite Transportphase einschließlich der Umladung der Tiere auf das Seeschiff 13 1/2 Stunden betragen habe. Die Vorgaben der Richtlinie 91/628/EWG, wonach die beiden Transportphasen jeweils 14 Stunden nicht überschreiten dürften, seien im Streitfall eingehalten worden.

Die Klägerin beantragt,

den Änderungsbescheid vom 10.2.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 16.12.2005 aufzuheben.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten des beklagten Hauptzollamtes verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage führt zum Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten merkt der erkennende Senat im Einzelnen Folgendes an:

Als Rechtsgrundlage für die Rückforderung des gemäß Art. 24 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom 15.4.1999 (ABl. Nr. L 102/11, im Folgenden VO Nr. 800/1999) gezahlten Vorschusses kommt allein die Vorschrift des Art. 25 Abs. 1 der genannten Verordnung in Betracht. Danach hat der Ausführer den Unterschiedsbetrag zwischen dem Betrag des gewährten Vorschusses und der für die Ausfuhr tatsächlich geschuldeten Ausfuhrerstattung, erhöht um 10 %, zurückzuzahlen. Die Voraussetzungen diese...

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