Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer: Abgrenzung zwischen Zinsen und Veräußerungsentgelt bei der Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Veräußerungspreis für einen GmbH-Geschäftsanteil gehört das Entgelt, das der Erwerber dafür zahlt, dass er bei Erwerb während des Wirtschaftsjahres am Gewinn bereits vom Beginn des Wirtschaftsjahres beteiligt sein soll, oder für eine andere, von § 101 Nr. 2 BGB abweichende Gewinnaufteilung.
2. Dagegen sind Zinsen auf eine gestundete Kaufpreisforderung für eine wesentliche Beteiligung i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
3. Für die in § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG vorgeschriebene notarielle Beurkundung für einen Kaufvertrag über einen GmbH-Geschäftsanteil genügt es, wenn ein Vertrag beurkundet wird, der ein Optionsrecht einer Vertragspartei auf Abschluss des Kaufvertrages begründet. Die Ausübung der Option durch diese Partei bedarf dann keiner notariellen Beurkundung mehr.
4. Kommt mit der Optionsausübung ein derartiger Kaufvertrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zustande und vereinbaren die Parteien im Rahmen einer späteren Vertragsänderung, dass der Kaufpreis erst im Zeitpunkt der Änderung zu bezahlen und ab dem Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrages bis zur Änderung zu verzinsen sein soll, sind die vom Erwerber gezahlten Zinsen voll zu versteuernde Einkünfte des Veräußerers aus Kapitalvermögen und nicht Teil des dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden Veräußerungsgewinns. Das gilt auch, wenn gleichzeitig vereinbart wird, dass dem Erwerber der Gewinn ab dem Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrages zustehen soll. Die Parteien stellen sich damit im Ergebnis so, wie sie bei Erfüllung der beiderseitigen Leistungspflichten im Zeitpunkt ihrer ursprünglichen Fälligkeit, dem Zustandekommen des Vertrages, stünden. Die Zinsen sind dann das Entgelt für die Stundung der Kaufpreisforderung.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 7, Abs. 8, § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. c, d, § 3c Abs. 2; BGB § 101 Nr. 2, § 154 Abs. 1-2; GmbHG § 15 Abs. 3-4, § 29 Abs. 1
Tatbestand
A.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob anlässlich des Verkaufs von GmbH-Geschäftsanteilen vereinbarte Zahlungen als dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) oder als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG zu qualifizieren sind.
I.
1. Der Kläger zu 1. (im Folgenden: Kläger) schloss am ... 2000 mit der A GmbH und zwei weiteren Personen einen notariell beurkundeten Joint-Venture-Vertrag (Anlagen zum Schriftsatz der Kläger vom 25.09.2012 und vom 20.12.2012, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband). Die Vertragsparteien vereinbarten in diesem Vertrag die Zusammenarbeit auf dem Gebiet ... durch eine gemeinsame Gesellschaft ("Joint-Venture-Gesellschaft" oder "JV-Gesellschaft"). Zu diesem Zweck sollte eine Vorratsgesellschaft erworben und in B GmbH umfirmiert werden.
Der Joint-Venture-Vertrag vom ... 2000 enthielt in § 3 ("Optionsrechte/Verkaufspflichten") folgende Regelungen:
"Die Parteien beabsichtigen, sich gegenseitig Andienungs- und Erwerbsrechte ihrer Geschäftsanteile an der JV-Gesellschaft einzuräumen. Hinsichtlich der Bedingungen, unter denen diese Andienungs- und Erwerbsrechte ausgeübt werden können, legen die Parteien folgendes fest:
3.1 Erstmals mit Wirkung zum 31.12.2005 können die C Gesellschafter bezüglich aller oder Teile der von ihnen jeweils gehaltenen Geschäftsanteile ein Andienungsrecht gegenüber A ausüben. A ist verpflichtet, die angedienten Geschäftsanteile zu erwerben.
3.1.1 Der bei Ausübung des Andienungsrechtes zu zahlende Kaufpreis berechnet sich auf der Grundlage eines durchschnittlichen PBT (i) des letzten Jahres vor dem Übertragungsstichtag, (ii) des Jahres, in den der Übertragungsstichtag fällt, und (iii) des Jahres nach dem Übertragungsstichtag. Folgende Formel ist anzuwenden, wobei X das Jahr ist, in das der Übertragungsstichtag fällt, und Y der Prozentsatz des zu übertragenden Geschäftsanteils:
Summe der PBT der Jahre X - 1, X und X + 1, dividiert durch 3, multipliziert mit dem Faktor 6 und dem Beteiligungsfaktor Y.
§§ 2.5.2 - 2.5.6 dieses JV-Vertrages gelten entsprechend. (...) Bezüglich der Vorauszahlung von A wird allerdings abweichend von § 2.5.3 die Anwendung folgender Formel vereinbart:
Summe der PBT der Jahre X-1 und X, dividiert durch 2, multipliziert mit dem Faktor 6 und dem Faktor Y.
3.1.2 Das Andienungsrecht kann jeweils nur mit Wirkung zum Ende eines Kalenderjahres ausgeübt werden. (...)
3.4. In verfahrensmäßiger Hinsicht legen die Parteien folgendes fest:
3.4.1 Die Erklärung des Optionsberechtigten hat schriftlich per eingeschriebenem Brief gegenüber der jeweils anderen Partei zu erfolgen.
3.4.2 Bei der Ausübung des Optionsrechtes ist eine Erklärungsfrist von zwei Monaten zum Übertragungsstichtag einzuhalten.
3.4.3 Durch die Erklärung des Optionsberechtigten über die Ausübung der Option und deren Zugang bei der anderen Partei ko...