Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung einer Zollpräferenz wegen außergewöhnlicher Umstände trotz fehlender Antwort auf ein Nachprüfungsersuchen

 

Leitsatz (amtlich)

Außergewöhnlichen Umstände i.S.v. Art. 34 Abs. 6 Protokoll II I-PA liegen vor, wenn der Ausfuhrstaat trotz fehlender Antwort auf ein Nachprüfungsersuchen auf einem anderen, im Vertrag vorgesehenen Weg in für alle Zollverwaltungen der Mitgliedstaaten gleichermaßen zugänglicher Weise die Zweifel an der Echtheit einer Warenverkehrsbescheinigung ausgeräumt hat (Fortentwicklung von EuGH, Urteil vom 7. Dezember 1993, Huygen, C-12/92, und Urteil vom 23. Februar 1995, Bonapharma, C-334/93).

 

Normenkette

ZKDV Art. 122 Abs. 4; KN UPos. 1511 10 90; EGIntAbkWPSProt II Art. 34 Abs. 6

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung eines Präferenzzolls für die Einfuhr von Palmöl aus Papua-Neuguinea.

Am 19. März 2012 stellte das Customs Office (Zollamt) Popondetta, Papua-Neuguinea, für ... Tsd. t rohes Palmöl die Warenverkehrsbescheinigung EUR.xxx-1 (WVB) aus. Sie trägt im Feld "Stamp" und im Feld 7 den Stempel mit dem Schriftzug "Papua New Guinea Customs" und "Export Popondetta". Am selben Tag wurde das Palmöl in A, Papua-Neuguinea, auf das Schiff B geladen. In Hamburg angekommen, wurde die Lieferung geteilt. ... Tsd. t des Palmöls wurden an die Klägerin, ... Tsd. t an ein anderes Unternehmen geliefert. Im Anschluss an die Teilung stellte das damalige HZA Hamburg-1 am 23. April 2012 als Ersatzdokumente für die Klägerin und die C GmbH (C) die WVBen EUR.xxx-2 und xxx-3 (Ersatzdokumente) aus.

Am 23. April 2012 meldete die Klägerin - neben Palmöl, für das die Präferenzberechtigung anerkannt wurde - die für sie bestimmten ... Tsd. t Palmöl (Unterposition 1511 1090 KN) im vereinfachten Anmeldeverfahren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Unter Berufung auf das Interims-Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Pazifik-Staaten (I-PA) beantragte sie die zollfreie Einfuhr.

Bei der Abrechnung der dazugehörigen ergänzenden Zollanmeldung im Mai 2012 legte die Klägerin die WVB sowie das für sie bestimmte Ersatzdokument vor. Der Beklagte hatte Zweifel an der Echtheit der WVB, da bei den Musterstempelabdrücken, die die Behörden Papua-Neuguineas an die Europäische Kommission (Kommission) übermittelt hatten, ein Stempelabdruck des Zollamts Popondetta fehlte. Daher gewährte der Beklagte die Zollfreiheit zunächst nur nicht abschließend und wandte sich im April 2012 an das HZA D - Bundesstelle Ursprungsnachprüfung (BUN) -, das er um nachträgliche Prüfung der WVB bat. Das Nachprüfungsersuchen (NPE) sandte die BUN mit Schreiben vom 22. November 2012 (xxx/12-1) an die Internal Revenue Commission (IRC), Port Moresby, Papua-Neuguinea. Die BUN bat die IRC, die Echtheit und die Richtigkeit der in der WVB enthaltenen Angaben zu prüfen. Es bestünden Zweifel an der Echtheit der WVB, weil im Feld 11 die Zollstelle Popondetta angegeben und diese Zollstelle im Musterstempelarchiv nicht genannt sei. Da die Behörden von Papua-Neuguinea hierauf nicht antworteten, erinnerte die BUN die IRC mit Schreiben vom 24. Mai 2013 an ihre Anfrage vom 22. November 2012.

Nachdem die BUN auch hierauf keine Rückmeldung erhalten hatte, setzte der Beklagte mit Einfuhrabgabenbescheid XXX-1 vom 1. Oktober 2013 Zoll in Höhe von ... € abschließend gem. Art. 218 Abs. 2 ZK fest. Die begehrte Präferenz sei zu verweigern, da die Echtheit der WVB nicht habe bestätigt werden können und außergewöhnliche Umstände nicht ersichtlich seien.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren legte sie ein Schreiben vom 22. Oktober 2013 des PNG Customs, Customs Operations, Southern Region, Popondetta, adressiert an die E LTD in F, vor, in dem die Echtheit der WVB erklärt wird. Das Schreiben enthält jedoch nicht das Geschäftszeichen des NPE. Außerdem legte C mit E-Mail vom 29. Oktober 2013 eine Korrespondenz vor, nach der die Zollabteilung Papua-Neuguineas bereits im Jahre 2009 umgezogen sei.

Auf Anfrage des Beklagten erfragte die BUN mit Schreiben vom 10. Dezember 2013 bei der IRC, ob das Schreiben vom 22. Oktober 2013 echt sei. Die IRC antwortete jedoch nicht.

Mit E-Mail vom 30. Mai 2014 legte C ein undatiertes Schreiben des PNG Customs Service vor, mit dem erneut die Echtheit der WVB bestätigt werden solle. Nach Auskunft der C sollten nach Rückmeldung des PNG Customs Service eine Klärung mit der Europäischen Kommission herbeigeführt und korrekte Musterstempel übermittelt werden.

Am 4. September 2014 aktualisierte die Kommission auf Veranlassung der Behörden Papua-Neuguineas die Kontaktdaten der für ein NPE zuständigen Stelle im Archiv der Musterstempelabdrücke der zuständigen Behörden Papua-Neuguineas (...; im Folgenden: Musterstempelarchiv). Danach ist statt der IRC der PNG Customs Service zuständig. Zeitgleich wurde das Musterstempelarchiv um den Stempelabdruck des Zollamts Popondetta mit dem Zusatz "Valid from 20.12.2009 Size may vary" ergä...

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