Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Gewährung einer Zollpräferenz wegen außergewöhnlicher Umstände trotz fehlender Antwort auf ein Nachprüfungsersuchen

 

Leitsatz (amtlich)

Außergewöhnliche Umstände i.S.v. Art. 34 Abs. 6 Protokoll II I-PA liegen nicht vor, wenn trotz fehlender Antwort auf ein Nachprüfungsersuchen die Zweifel an der Echtheit eines Ursprungszeugnisses dadurch ausgeräumt werden, dass die Behörden des Ausfuhrstaats in inhaltlich mit dem Streitfall gleich gelagerten Fällen im Rahmen von Nachprüfungsersuchen, die das beklagte Zollamt angestoßen hat, die Echtheit von Ursprungszeugnissen bestätigen, weil diese Antworten nicht generell-abstrakter Natur sind und daher bei Berücksichtigung dieses Sonderwissens die Einheitlichkeit der Präferenzgewährung nicht gewährleistet wäre (Abgrenzung zu FG Hamburg, Urteil vom 21.09.2021, 4 K 63/18).

 

Normenkette

ZK § 218 Abs. 2; EGIntAbkWPSProt II Art. 17 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1, Art. 34 Abs. 6

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung eines Präferenzzolls für die Einfuhr von Palmöl aus Papua-Neuguinea.

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2014 informierte das Customs Office (Zollamt) Kimbe des Papua New Guinea (PNG) Customs Service die Europäische Kommission (Kommission) darüber, dass der PNG Customs Service neue Stempel verwende. Das Schreiben trägt einen solchen Stempel des Zollamts Kimbe, wobei der Stempel einen doppelten Außenkreis aufweist. Den Eingang des Schreibens hat die Kommission auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich nicht bestätigt.

Vom 12. bis 14. November 2014 wurden im Hafen von Bialla, Papua-Neuguinea, vier Mal 520 t rohes Palmöl auf das Schiff X geladen. Am 24. November 2014 wurden nachträglich die vier Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 A 19155, A 19158, A 19161 und A 19162 (WVBen) für diese Menge Palmöl ausgestellt. Als Exporteur ist die D in Kimbe, Papua-Neuguinea, genannt. Im Feld 11 ist das Zollamt Kimbe eingetragen. Der Stempel trägt den Schriftzug "Papua New Guinea, Customs, Kimbe Export" und hat einen doppelten Außenkreis.

Am 8. und 12. Januar 2015 meldete die Klägerin die vorgenannte Menge Palmöl im vereinfachten Anmeldeverfahren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Unter Berufung auf das Interims-Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Pazifik-Staaten (I-PA) beantragte sie die zollfreie Einfuhr.

Bei der Abrechnung der dazugehörigen ergänzenden Zollanmeldung vom 10. Februar 2015 XXX-1, Pos. 1 und 2, legte die Klägerin die WVBen vor. Der Beklagte hatte Zweifel an deren Echtheit, da die darauf befindlichen Stempelabdrücke des Zollamts Kimbe einen doppelten Außenkreis tragen, während der korrespondierende Stempelabdruck im Musterstempelarchiv nur einen einfachen Außenkreis aufweist. Daher gewährte der Beklagte die Zollfreiheit zunächst nur nicht abschließend und wandte sich am 2. September 2015 an das HZA Münster - Bundesstelle Ursprungsnachprüfung (BUN) -, das er um nachträgliche Prüfung der WVBen bat. Das Nachprüfungsersuchen (NPE) sandte die BUN mit Schreiben vom 11. April 2016 an den PNG Customs Service, Port Moresby. Hierin bat die BUN, die Echtheit und die Richtigkeit der in den WVBen enthaltenen Angaben zu prüfen. Es bestünden Zweifel an der Echtheit der WVBen, weil der Stempelabdruck im Feld 11 - anders als der Musterstempel - einen doppelten Außenkreis trage. Da die BUN hierauf keine Antwort erhalten hatte, erinnerte sie mit Schreiben vom 12. Oktober 2016.

Nachdem die BUN auch hierauf keine Rückmeldung erhalten hatte, setzte der Beklagte mit Einfuhrabgabenbescheid XXX-2 vom 3. März 2017 Zoll in Höhe von ... € auf der Grundlage des Drittlandszollsatzes von 3,8 % abschließend gem. Art. 218 Abs. 2 ZK fest. Da außergewöhnliche Umstände nicht ersichtlich seien und die Echtheit der WVBen nicht bestätigt werden könne, sei die Präferenzbehandlung zu versagen.

Mit Schreiben vom 17. März 2017 legte die Klägerin Einspruch ein gegen den Einfuhrabgabenbescheid vom 3. März 2017 sowie weitere Bescheide, die wegen desselben Sachverhalts ergangen waren. Die Abweichung der Stempel stelle einen Verwaltungsfehler dar.

Mit E-Mail vom 7. April 2017 informierte die Klägerin den Beklagten über das eingangs erwähnte Schreiben des PNG Customs Service, Kimbe, vom 20. Oktober 2014 an die Kommission.

Mit Schreiben vom 4. April 2017 des PNG Customs Service, Port Moresby, irrtümlich adressiert an die italienischen Zollbehörden, wurde die Echtheit verschiedener WVBen des Exporteurs D bestätigt. In der dazugehörigen Anlage waren die hier in Rede stehenden WVBen nicht genannt. In Reaktion auf dieses Schreiben half der Beklagte in den Parallelfällen den ebenfalls eingelegten Einsprüchen ab.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2018 übersandte die Klägerin die vier Ersatz-WVBen EUR.1 A 500 1406, EUR.1 A 500 1407, EUR.1 A 500 1408 und EUR.1 A 500 1409 für die hier in Rede stehende Menge Palmöl. Sie tragen den Stempel des Zollamts Kimbe, der dem Musterstempelabdruck entspricht. Diese Ersatz-WVBen seien bereits mit Schreiben vom 16. ...

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