Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Annahme schützenswerten Vertrauens bei der Rückforderung von Ausfuhrerstattung

 

Leitsatz (amtlich)

Vor einer Prüfung der erstattungsrelevanten Unterlagen kann nicht erwartet werden, die gewährten Vergünstigungen behalten zu dürfen, wenn nach Rückforderung der überzahlten Erstattung im Ergebnis das gewährt wird, was ursprünglich beantragt wurde.

 

Normenkette

MOG § 10; VwVfG § 48

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung.

Die Klägerin führte in den Jahren 1993 und 1994 verschiedene Nicht-Anhang-I-Waren in Form von Cornflakes und ähnlichen Produkten unter Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung in verschiedene Drittländer aus. In ihren Erstattungsanträgen gab sie als Bezeichnung der zur Herstellung verwendeten Erzeugnisse unter anderem "Mais, geschälte Körner" und die Schlüsselnummer 1005 9000 74 für "Mais in Form von geschälten und perlförmigen Körnern der Position 1104 der Kombinierten Nomenklatur" an. Die letzten Ziffern der Schlüsselnummer sind handschriftlich in 79 ("Mais, verwendet in Form von anderen als sonst genannten") geändert worden. Wer diese Änderung vorgenommen hat, ist ungeklärt. Den Anträgen auf Zahlung der Ausfuhrerstattung gab der Beklagte statt, legte aber hinsichtlich der Berechnung der Erstattungssumme die Schlüsselnummer 1005 9000 79 zu Grunde. Der Erstattungssatz für diese Schlüsselnummer ist höher als der für die Schlüsselnummer 1005 9000 74.

Eine Untersuchung des verwendeten sog. Maisgrits durch die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt Berlin (ZPLA) führte gemäß Gutachten vom 12.9.1995 zu Einreihung als "Körner von Mais, geschält, auch geschnitten oder geschrotet" in die Schlüsselnummer 1005 9000 74.

Das Hauptzollamt für Prüfungen Bremen führte für das Jahr 1994 bei der Klägerin eine Prüfung durch, über die sie unter dem 25.4.1997 berichtete. Soweit hier relevant, heißt es im Prüfbericht in Tz. 4.5, dass die Klägerin bei der Herstellung verschiedener Ausfuhrwaren sog. Maisgrits, also geschälte und entkeimte Mais-körner, eingesetzt habe. Nachdem für das Erzeugnis vorher Ausfuhrerstattung nach der Schlüsselnummer 1005 9000 74 beantragt und gezahlt worden sei, habe der Beklagte im Jahre 1993 begonnen, die Maisgrits der Schlüsselnummer 1005 9000 79 zuzuweisen, was zu höherer Ausfuhrerstattung geführt habe.

Mit Rückforderungsbescheid vom 19.11.1997 forderte der Beklagte von der Klägerin in Umsetzung der Feststellungen im Prüfbericht Ausfuhrerstattung in Höhe von insgesamt 360.155,90 DM zurück. Dabei ging es um verschiedene Komplexe, wobei lediglich der unter III. behandelte Sachverhalt vorliegend im Streit ist. Die Rückforderungssumme beläuft sich in diesem Komplex auf 101.594,97 DM. Im Einzelnen wird auf den Rückforderungsbescheid und dessen Anlage 3 verwiesen.

Der Einspruch der Klägerin vom 19.12.1997, den sie ausdrücklich auf die Komplexe unter III. und VI des Rückforderungsbescheides beschränkte, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 12.9.2003 zurückgewiesen.

Mit ihrer am 15.10.2003 bei Gericht eingegangenen Klage, mit der sie den Rückforderungsbescheid lediglich hinsichtlich des Komplexes unter III. anficht, verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, sie habe die Maisgrits unter der richtigen Schlüsselnummer angemeldet, was von der ZPLA bestätigt worden sei und auch vom Beklagten nicht bestritten werde. Dass der Beklagte tatsächlich aufgrund einer anderen Schlüsselnummer erstattet habe, sei ihr nicht zuzurechnen. Sie habe die handschriftlichen Änderungen auf den Erstattungsanträgen nicht veranlasst. Einer Rückforderung stehe nun der Vertrauensschutzgrundsatz entgegen. Der Fehler in den Erstattungsbescheiden sei für sie nicht klar erkennbar gewesen, jedenfalls hätte sie davon ausgehen dürfen, dass die Abänderung der von ihr angegebenen Schlüsselnummer durch den Beklagten zutreffend gewesen sei. Zur Nachprüfung der Bescheide sei sie nicht verpflichtet. Da das Gutachten der ZPLA bereits am 29.9.1995 der Oberfinanzdirektion Bremen und am 2.10.1995 der Betriebsprüfungsstelle Zoll zugegangen sei, sei auch gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG Verfristung eingetreten.

Die Klägerin beantragt, den Rückforderungsbescheid vom 19.11.1997 - in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.9.2003 - hinsichtlich des Teils III. in Höhe von 51.944,68 EUR (101.594,97 DM) aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, Rechtsgrundlage für die Rückforderung sei § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG. Da abweichend von den Anträgen der Klägerin nicht von der Schlüsselnummer 1005 9000 74, sondern von der Schlüsselnummer 1005 9000 79 ausgegangen worden sei, seien die Erstattungsbescheide insoweit rechtswidrig. Vertrauensschutz könne die Klägerin nicht in Anspruch nehmen, da aus den Erstattungsbescheiden klar erkennbar gewesen sei, dass die Ausfuhrerstattung aufgrund einer unzutreffenden Schlüsselnummer gewährt worden sei. Wer die handschriftlichen Änderungen auf den Erstattungsanträgen vorgenommen habe, könne dahinstehe...

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