Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Steuersatz (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG; sog. Hafendiesel) für Fahrzeuge, die zur Erbringung von Festmacherdienstleistungen in Seehäfen verwendet werden
Leitsatz (amtlich)
1. Fahrzeuge, mit denen die Festmacher ihr Arbeitsmaterial an die Anlegestelle transportieren und die zum Heranziehen schwerer Schiffstaue an die Kaimauer genutzt werden, stellen sonstige begünstigte Anlagen i. S. d. § 3a EnergieStG dar, die ausschließlich dem Güterumschlag in Seehäfen dienen.
2. Die zu den o. g. Zwecken verwendeten Fahrzeuge stellen Abfertigungseinrichtungen in Seehäfen dar, deren Aufgabe es ist, Schiffen beim Fest- und Losmachen behilflich zu sein (§ 11a Abs. 3 Satz 3 EnergieStV).
3. Darüber hinaus verdeutlicht die Entstehungsgeschichte des § 11a Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 Nr. 3 EnergieStV, dass die Erbringung von Festmacherdiensten eine Hilfs- und Nebentätigkeit bei der Beförderung von Gütern zu Wasser i. S. d. § 11a Abs. 2 Nr. 3 EnergieStV darstellen und den Tatbestand des § 11a Abs. 3 Satz 3 EnergieStV erfüllen sollte.
4. Die Mitnahme eines weiteren Festmachers im Fahrzeug führt nicht dazu, dass das Fahrzeug einem Personentransport in Seehäfen dient. Ein solcher Personentransport i. S. d. § 11a Abs. 5 Nr. 3 EnergieStV, für den kein Hafendiesel verwendet werden darf, liegt nach dem Willen des Verordnungsgebers nur bei einem reinen Personentransport vor, nicht aber dann, wenn die Fahrt einem anderen Zweck, hier vor allem dem notwendigen Transport von Arbeitsmaterial zur Erbringung der Festmacherdienste, dient.
Normenkette
EnergieStG § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. .1, § 3a; EnergieStV § 11a Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3, Abs. 5 Nr. 3
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Steuerbescheid über Energiesteuern.
Die Klägerin bietet Dienstleistungen für die Seeschifffahrt im ... Hafen an. Zum Unternehmensgegenstand gehören u. a. die Lagerung und Umladung von Umschlagsgütern, die Stauerei sowie die Vermietung von Containern und deren Handel. Zudem ist sie befugt, alle Geschäfte wahrzunehmen, die mit ihrem Unternehmenszweck im Zusammenhang stehen. So befördert sie auch Schiffspassagiere mittels Bussen von den Schiffen zum Terminal. Überdies hält sie weitere Fahrzeuge vor, mit denen ihre Arbeiter, die sog. Festmacher, zu ihrem jeweiligen Einsatzort fahren und mithilfe des im Fahrzeug befindlichen Arbeitsmaterials (u. a. Seile, Ladungssicherungsmaterial, Sicherheitsausrüstung) Schiffe im Hafen festmachen. Die zu diesen Zwecken genutzten Fahrzeuge sind nicht amtlich zugelassen, da sie nur auf dem Hafengelände verwendet werden.
Aufgrund einer Kraftstoffkontrolle stellte der Beklagte im November 2011 fest, dass die Klägerin sowohl Fahrzeuge zur Passagierbeförderung als auch Fahrzeuge zur Beförderung der Festmacher und deren Material mit durch eine Rotfärbung gekennzeichnetem steuerbegünstigtem Kraftstoff (sog. Hafendiesel) betankt hatte.
Der Beklagte vermerkte daraufhin, dass die Beförderung von Passagieren von und zu den Fahrgastschiffen und die Beförderung von Beschäftigten eines Seehafenbetriebes zu den jeweiligen Einsatzorten als Personenbeförderung eine zweckwidrige Verwendung von steuerbegünstigtem Kraftstoff darstelle.
Am 16.11.2012 erließ der Beklagte einen Steuerbescheid über Energiesteuer in Höhe von ... € für ... Liter zweckwidrig verwendeten Dieselkraftstoffs gegen die Klägerin. Sichergestellte Unterlagen hätten ergeben, dass sie vier ihrer Fahrzeuge seit August 2008 bis Oktober 2011 in einer Vielzahl von Fällen mit gekennzeichnetem Kraftstoff betankt habe, ohne dass diese Fahrzeuge zu steuerbegünstigten Zwecken verwendet worden seien. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG sei damit die Energiesteuer in Höhe des Regelsteuersatzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 lit. a) EnergieStG entstanden. Die Klägerin sei Steuerschuldnerin, weil sie das Energieerzeugnis zu nicht begünstigten Zwecken als Kraftstoff bereitgehalten und verwendet habe. Hinsichtlich der einzelnen Betankungsvorgänge wird auf die Anlage zum Steuerbescheid verwiesen. Der Inhalt der dortigen Tabelle mit den einzelnen Betankungsvorgängen von Fahrzeugen der Klägerin und deren jeweiliger Verwendung ("Personenbeförderung" oder "Beförderung von Festmachern und deren Material") sind zwischen den Beteiligten unstreitig.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 11.12.2012 teilweise Einspruch ein. Der Bescheid sei rechtswidrig, soweit die festgesetzte Energiesteuer ... € übersteige. Für den Kraftstoff, der in den Fahrzeugen verbraucht worden sei, die zur Beförderung der Festmacher und deren Material genutzt worden seien, hätte - anders als bei den zur Passagierbeförderung genutzten Fahrzeugen - keine Energiesteuer festgesetzt werden dürfen. Fahrzeuge, die ausschließlich dem Güterumschlag in Seehäfen dienten und über keine Genehmigung für die überwiegende Verwendung auf öffentlichen Straßen verfügten, seien gemäß § 3a Abs. 1 und Abs. 2 EnergieStG begünstigte Anlagen, für die der ermäßigte Steuersatz gelte. Gemäß § 11a Abs. 2 Nr. 3 EnergieStV umfas...