Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifrecht: Tarifierung von Druckerpatronen mit Chip und mechanischen Teilen einer Tintenpumpe
Leitsatz (amtlich)
Eine Tintenkartusche, die zum Einsatz in einem Drucker bestimmt ist, in die kein Druckkopf integriert ist und die über einen Chip verfügt, mit dem Daten im Zusammenhang mit der in der Kartusche befindlichen Tinte an die im Drucker befindliche Steuereinheit übermittelt werden, um die Druckqualität zu optimieren, und die darüber hinaus noch mechanische Teile zum Pumpen der Tinte beinhaltet, ist in Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 3 b als Tinte in die Unterposition 3215 9000 90 und nicht als Teil für einen Drucker in die Unterposition 8443 9990 einzureihen.
Normenkette
KN Pos. 3215 9000; KN Pos. 8433 9990
Nachgehend
Tatbestand
Streitgegenstand sind die verbindlichen Zolltarifauskünfte (vZTA) für zwei Tintenpatronen für Drucker (Druckerkartuschen).
1. Unter dem 26.08.2011 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft für Tintenpatronen mit der Artikel Nr. X und Y. In dem Antrag heißt es, die Patronen bestehen im Grundsatz aus einem Tintenbehälter sowie einem Pumpenkopf.
Die Tintenkartusche X ist eine quaderförmige Kartusche aus Kunststoff (Abmessungen ca. 8 x 7 x 3 cm) mit integrierter Ausgabeöffnung, einem mechanischen Bauteil für eine kontrollierte Tintenentnahme (sog. Bongo-Pumpe), einem Mikrochip und einem Tintenbehälter (Inhalt ca. 67 ml). Die Tintenkartusche Y unterscheidet sich von der vorher beschriebenen lediglich in ihren Abmessungen (ca. 14 x 7 x 3 cm) und der Größe des Tintenbehälters (Inhalt 130 ml).
Die Klägerin gab als Einreihungsvorschlag jeweils die Unterposition 8443 99 90 der Kombinierten Nomenklatur (KN) an.
2. Der Beklagte erließ am 22.12.2011 bzw. 24.01.2012 jeweils eine verbindliche Zolltarifauskunft, in der er die Ware jeweils in die Unterposition 3215 90 00 90 einreihte.
3. Mit Schreiben vom 16.01. bzw. 02.02.2012 erhob die Klägerin Einspruch. In ihrer Einspruchsbegründung nimmt die Klägerin Bezug auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-25005 (Turbon II, Urteil vom 26.10.2006). Demnach seien die streitgegenständlichen Druckerkartuschen in die Unterposition 8443 KN einzureihen, denn die Kartuschen seien für das Funktionieren des Druckers unerlässlich und damit Teile des Druckers im Sinne dieser Unterposition. Die Kartuschen übten Funktionen aus, die typischerweise vom Drucker selbst ausgeübt würden; diese Funktionen seien gewissermaßen vom Drucker an die Kartuschen ausgelagert. Die Kartuschen pumpten die Tinte in den Drucker und steuerten so die Geschwindigkeit des Drucks. Damit unterschieden sich die Kartuschen wesentlich von den Kartuschen, die Gegenstand des zitierten EuGH-Urteils gewesen seien. Die Funktion der Kartuschen als Teile des Druckers und nicht die in den Kartuschen enthaltene Tinte verliehen den Kartuschen ihren wesentlichen Charakter. Folglich seien die Kartuschen gemäß der allgemeinen Vorschrift (AV) 3 b) der Kombinierte Nomenklatur in die Unterposition 8443 KN einzureihen. Zumindest aber bestimmten die beide Funktionen der Kartuschen als Teil des Druckers ihren Charakter in gleicher Weise wie die in den Kartuschen befindliche Tinte, sodass wenn nicht AV 3 b) so doch AV 3 c) zur Anwendung komme, was ebenfalls zur Einreihung in die Position 8443 KN führe.
Im Einzelnen führte die Klägerin aus: Bei einem normalen Tintenstrahldrucksystem gebe es, sofern die Tinte nicht bloß mittels der Schwerkraft von der Kartusche zum Druckkopf fließe, eine im Drucker integrierte Pumpe zur Beförderung der Tinte. Bei den Druckersystemen, die die streitgegenständlichen Kartuschen verwendeten, funktioniere der Pumpvorgang hingegen wie folgt: Drücke ein im Drucker eingebauter Lifter die sich in der Kartusche befindliche Gummimembran nach oben, werde er von einer in die Kartusche ebenfalls eingebaute Feder wieder nach unten gedrückt. Durch konstante Wiederholung dieser aufeinander abgestimmten Bewegungen werde die im Tintenbehälter befindliche Tinte in den unteren Teil der Kartusche gesaugt und schließlich von dort über eine Leitung in den außerhalb der Kartusche befindlichen Druckkopf gepresst. Statt durch den Drucker könne die Pumpe der Kartusche auch etwa durch einen Stift oder einen Finger betätigt werden, was zeige, dass der Drucker bei diesem Vorgang technisch keine komplexe Funktion habe. Weiterhin sei in der Kartusche ein Mikrochip integriert, der dem Drucker die Menge der noch in der Kartusche befindlichen Tinte mitteile. Falle der Tintenstand unter ein bestimmtes Niveau, verzögere der Druckkopf auf die ihm übermittelte Mitteilung den nächsten Ausdruckvorgang, damit in der Kartusche Druck für das Sammeln einer ausreichenden Menge von Tinte aufgebaut werden könne. Ohne diesen Chip käme es zu qualitativen Einbußen im Druckprozess und ggf. zu einer Beschädigung der Druckköpfe, wenn gedruckt würde, ohne dass genügend Tinte nachgeschossen würde. Weiter...