Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlängerung der Festsetzungsfrist infolge Steuerhinterziehung
Leitsatz (amtlich)
Das Vermögensteuergesetz gilt für alle bis zum 31.12.1996 verwirklichten Sachverhalte auch mit der Konsequenz fort, dass eine Strafbarkeit wegen Vermögensteuerhinterziehung gem. § 370 AO für die Jahre bis 31.12.1996 weiterhin möglich ist.
Im Falle verspäteter Abgabe von Steuererklärungen tritt die Vollendung der Steuerhinterziehung zu dem Zeitpunkt ein, zu dem das zuständige Finanzamt die Veranlagungsarbeiten für das Jahr in dem betreffenden Bezirk allgemein abgeschlossen hat.
Normenkette
VStG §§ 15, 19; AO § 169 Abs. 2, § 370
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Festsetzungsverjährung für die Vermögensteuer der Jahre 1993 bis 1996.
Gem. Vermerken der Gemeinsamen Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt F vom 05.11.1999 und vom 15.06.2000 (Ermittlungsakte - EA - Bl. 20, 23) nahm die Steuerfahndung des Finanzamts F am 04.11.1999 bei dem Beklagten Einsicht in die Einkommensteuerakte der Klägerin und suchte am 01.03.2000 die Klägerin und deren Steuerberater in ihrer Wohnung auf. Die Steuerfahndung kam, laut Vermerk vom 15.06.2000 (EA Bl. 4) nachdem die mit Schreiben des Beraters vom 15.03.2000 (EA Bl. 22) angekündigten Unterlagen eingegangen und geprüft worden waren, zu dem Ergebnis, dass unter Umständen relevante Kapitalerträge vorlägen. Nachdem die Steuerangelegenheit am 16.06.2000 zur abschließenden Prüfung an die Steuerfahndung in Hamburg abgegeben worden war (EA Bl. 4), teilte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts Hamburg-... dem Beklagten mit Schreiben vom 22.06.2000 (EA, vorgeheftet) mit, dass ein Steuerstrafverfahren bislang nicht eingeleitet worden sei, da nach bisherigem Kenntnisstand keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat vorlägen. Mit Schreiben vom 06.11.2000 (Vermögensteuerakte - VStA - Bl. 1) forderte der Beklagte die Klägerin auf, Vermögensteuererklärungen auf den 01.01.1993, 01.01.1994, 01.01.1995 und 01.01.1996 abzugeben.
Am 09.11.2001 reichte die Klägerin über ihren Berater Vermögensteuererklärungen für die Jahre 1993 bis 1996 ein, die von der Klägerin mit Datum vom 01.09.2001 unterzeichnet waren.
Mit Schreiben vom 25.09.2001 (EA vorgeheftet) übersandte die Steuerfahndung Hamburg dem Beklagten von der Steuerfahndung F mit Schreiben vom 19.09.2001 (betr. "Ermittlungen gegen Kapitalanleger bei der B-Bank Luxemburg") übermittelte Belege betreffend Wertpapiere der Klägerin zur Prüfung etwaiger neuer Erkenntnisse. Auf dem Schreiben findet sich ein Vermerk vom 12.12.2001 "Wertpapiere sind erklärt...".
Der Beklagte erließ eine Vermögenssteuerschuld festsetzende Vermögensteuerbescheide auf den 01.01.1993 (Hauptveranlagung) unter dem 01.12.2003, auf den 01.01.1994 unter dem 02.12.2003 (Neuveranlagung), auf den 01.01.1995 (Hauptveranlagung) unter dem 04.12.2003 und auf den 01.01.1996 (Neuveranlagung) unter dem 05.12.2003 (s. VStA).
Am 10. und 12.12.2003 legte die Klägerin hiergegen Einsprüche ein (Rechtsbehelfsakte - RbA - Bl. 5), mit denen sie sich auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung berief und gegen die Annahme einer wegen Steuerhinterziehung verlängerten Festsetzungsfrist wandte. Von einer notwendigen Vermögensbesteuerung habe sie nichts gewusst, dies nicht zuletzt weil ihr Lebensmittelpunkt langjährig Spanien gewesen sei und dort keine Vermögensbesteuerung erfolge. Im Übrigen müsse die festgestellte Verfassungswidrigkeit der Vermögensbesteuerung Beachtung finden. Mit Einspruchsentscheidung vom 08.09.2004 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.
Hierauf hat die Klägerin am 07.10.2004 Klage erhoben. Ein ebenfalls bei Gericht gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde mit Beschluss des Senats vom 14.12.2004 (II 304/04) abgelehnt.
Die Klägerin trägt vor: Die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer für eine verlängerte Festsetzungsfrist von 10 Jahren erforderlichen Steuerhinterziehung lägen nicht vor. Eine Strafverfolgung wegen Steuerhinterziehung habe auch nicht stattgefunden. Sie, die Klägerin, lebe seit 1984 wieder in Deutschland. Sie sei zuvor in Spanien als Marketing-Direktorin für verschiedene Werbeagenturen tätig gewesen. In Deutschland sei es ihr nicht gelungen, Arbeit zu finden. Sie habe sich seinerzeit um ihre kranke Mutter gekümmert. Die Unterlagen für eine Vermögensteuererklärung habe sie, die Klägerin, schon vor 1997 an ihren Steuerberater S in B mit der Bitte übergeben, diese mit ihrer Erklärung einzuführen. Bis zu ihrem Umzug nach Hamburg im Jahre 1997 sei der Berater aber nicht zu der Bearbeitung gekommen und habe die Klägerin gebeten, sich an einen Steuerberater in Hamburg zu wenden. Demzufolge habe die Klägerin alle Unterlagen wieder mitgenommen und später an die Steuerberaterin A in Hamburg gegeben, die hiermit zunächst Probleme gehabt habe. Als die Steuerfahndung zu ihr gekommen sei, habe sie gemeint, eine Erklärung abgegeben zu haben. Sie habe stets die Steuerberater beauftragt, alles Erforderliche tu...