Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinterziehung von Mineralölsteuer - Billigkeitserlaß von Aussetzungszinsen gegen dem Steuerschuldner
Leitsatz (redaktionell)
Es besteht kein Auswahlermessen zwischen dem Steuerhinterzieher und dem nicht personenidentischen Steuerschuldner und Schuldner der Aussetzungszinsen, die für die Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die festgesetzten verkürzten Steuern angefallen sind.
Normenkette
AO §§ 235, 237
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Billigkeitserlass von Aussetzungszinsen.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der P... GmbH (im Folgenden: P-GmbH).
Mit Steuerbescheid vom 05.12.1983 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 06.12.1984 nahm der Beklagte (vormals: Hauptzollamt Hamburg-...) die P-GmbH auf Zahlung von Mineralölsteuer in Höhe von 367.389,30 DM für aus dem Steuerlager der P-GmbH durch Diebstahl im Jahre 1982 entwendetes Mineralöl in Anspruch. Hierdurch sei die zunächst bedingt entstandene Mineralölsteuer unbedingt geworden. Die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage wies das Finanzgericht Hamburg mit Urteil vom 18.09.1989 (IV 9/85 H) als unbegründet ab. Das Finanzgericht wertete die Entwendung des im Steuerlager befindlichen, aufgrund manipulativer Erhöhung der Transportverluste buchhalterisch aber nicht erfassten Gasöls durch Diebstahl als Entnahme im Sinne des § 36 Abs.8 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des Mineralsteuergesetzes. Das Gericht sah es für die Rechtmäßigkeit des Bescheids als unerheblich an, dass nach Kenntnis aus anderen Verfahren zumindest ein erheblicher Teil der entwendeten Mineralöle von den Dieben an den Brennstoffhandel verkauft oder in anderer Weise dem Verheizen zugeführt worden sei. Sofern dies auch bei den hier streitigen Partien der Fall sein und seitens des Beklagten festgestellt werden sollte, müsste dies, so das Finanzgericht in dem Urteil vom 18.09.1989, bei der Prüfung eines Billigkeitserlasses zu Buche schlagen.
Mit Bescheid vom 02.07.1985 hatte der Beklagte die Vollziehung des angefochtenen Bescheides bis einen Monat nach Zustellung der finanzgerichtlichen Entscheidung ausgesetzt.
Mit Urteil ebenfalls vom 18.09.1989 (IV 226/86) hob das Finanzgericht den Haftungsbescheid wegen Steuerhinterziehung gegen einen Mitarbeiter der Klägerin auf, der vom Landgericht Hamburg wegen Beteiligung an dem Mineralöldiebstahl verurteilt worden war. Im Rahmen der Ermessensausübung sei unberücksichtigt geblieben, dass wenigstens Teile des entwendeten Mineralöls verheizt und damit zu steuerlich begünstigtem Zweck verwendet worden seien.
Der daraufhin von der Klägerin gestellte Antrag, den gegen sie geltend gemachten Steueranspruch aus Billigkeitsgründen zu erlassen, hatte keinen Erfolg. Der Beklagte lehnte den Erlass im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass es an einer für eine Steuerbegünstigung von Heizöl erforderlichen Kennzeichnung des Mineralöls gefehlt habe und schon deswegen wie auch nach den übrigen Ermittlungen nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Gasöl zu anderen als zu Heizzwecken, insbesondere als Dieselkraftstoff, verwandt worden sei. Die hiergegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens (IV 144/94 H) erstattete der Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.12.1994 (2 BvR 89/91) und das Verbot der Doppelbesteuerung einen Teilbetrag von 13.798,66 DM. Zur Begründung führte er an, dass das Mineralöl von der aufnehmenden Firma zum ermäßigten Steuersatz von 2 DM/ 100 kg versteuert worden sei. Insoweit erklärten die Beteiligten das Verfahren seinerzeit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt. Im Übrigen verfolgte die Klägerin ihren Erlassantrag weiter. Sie reduzierte ihren Antrag aber auf einen Betrag von 282.872,51 DM, hilfsweise auf 265.192,98 DM mit der Erklärung, dass ggf. ein Anteil von 20-25 % des Mineralöls nicht als Heizöl verwandt worden sei. Das Finanzgericht wies die Klage mit Urteil vom 03.07.1997 als unbegründet ab. Der Beklagte habe ermessensfehlerfrei die allein in Betracht kommenden sachlichen Billigkeitsgründe verneint. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte in eigenständiger und sorgfältiger Würdigung der Ermittlungsergebnisse der Strafverfahren und in Abweichung von den seinerzeitigen nicht bindenden Feststellungen des Finanzgerichts im Haftungsverfahren zu dem Ergebnis gelangt sei, dass maßgebliche Zweifel an einer ordnungsgemäßen Kennzeichnung und Verwendung als Heizöl verblieben. Die Erwägungen, die seinerzeit zur Aufhebung des Haftungsbescheids geführt hätten, müssten nicht zwangsläufig auf den Erlassantrag des Steuerschuldners übertragen werden. Auch dass die für Fälle normgerecht gekennzeichneten leichten Heizöls geltende Dienstanweisung zu Billigkeitsmaßnahmen V 0442 Absatz 12 im Diebstahlsfall nicht entsprechend angewandt worden sei, stelle keinen Ermessensfehler dar. Die gegen das Urteil des Finanzgerichts eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wies der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom...