Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer auflösenden Bedingung und Zulässigkeit einer Bilanzberichtigung bei bestandskräftiger Veranlagung
Leitsatz (amtlich)
Der Eintritt eines Ereignisses führt nicht zum nachträglichen Wegfall einer Vergünstigung gemäß § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO, wenn der Eintritt des Ereignisses bei Erlass des Verwaltungsakts gewiss ist.
Nach den Grundsätzen des sog. Auswirkungsvorbehalts ist eine gewinnneutrale Bilanzberichtigung auch dann noch möglich, wenn die Veranlagung des Berichtigungsjahres bestandskräftig ist.
Normenkette
ZRFG § 3; AO § 120 Abs. 2 Nr. 2, § 124 Abs. 2, §§ 130-131; EStG § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 1; HGB § 246 Abs. 2, § 281; FGO § 137
Tatbestand
Es ist streitig, ob eine nach § 3 Abs. 1 Zonenrandförderungsgesetz - ZRFG - gebildete Rücklage gemäß § 3 Abs. 2a Satz 10 ZRFG rückwirkend im Streitjahr 1994 als dem Wirtschaftsjahr ihrer Bildung gewinnerhöhend aufzulösen ist.
Die in 1994 - unter anderer Firma - gegründete Klägerin errichtete in der Zeit von April 1996 bis 30.06.1997 in S./Harz eine Seniorenwohnanlage. Für diese im Fördergebiet des ZRFG belegene und baurechtlich unter dem 07.09.1995 genehmigte Investition beantragte die Klägerin im Januar 1996 für das Streitjahr die Bewilligung einer Rücklage gemäß § 3 Abs. 2a ZRFG in Höhe von 7 Mio. DM. In dem Antragsschreiben der steuerlichen Berater ist u.a. ausgeführt:
"Unsere Mandantin beabsichtigt in S.../Harz eine Seniorenwohnanlage zu errichten, deren Herstellungskosten gemäß vorliegendem Angebot der Firma ... AG ca. DM 15 Mio. beträgt. Die Baumaßnahmen werden voraussichtlich im Juli 1997 abgeschlossen sein."
Der Beklagte forderte zunächst weitere Informationen an und wies darauf hin, dass für die geplante Investition insbesondere die Tz. 24 - 26 des BMF-Schreibens vom 27.12.1989 (BStBl. I 1989, 518) zu beachten seien. Die Klägerin übermittelte die angeforderten Unterlagen mit Schreiben vom 14.05.1996 und wies nochmals auf den voraussichtlichen Investitionsabschluss im zweiten Quartal 1997 hin. Mit Bericht vom 24.10.1996 übersandte der Beklagte den Vorgang der Oberfinanzdirektion Hamburg - Bewilligungsbehörde (OFD) - mit dem abschließenden Vermerk, dass sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 2a ZRFG erfüllt seien, und dem Vorschlag, die beantragte Rücklage für den Veranlagungszeitraum 1994 zu gewähren. Dem entsprach die OFD mit Verfügung vom 04.11.1996. Man sei damit einverstanden, dass eine steuerfreie Rücklage auf den 30.11.1994 - Schluss des (abweichenden Rumpf-)Wirtschaftsjahres 1994 - zugebilligt werde. Der Bewilligungsbescheid sei unter der Bedingung - § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO - zu erteilen, dass die in § 3 ZRFG und der dazu ergangenen Verwaltungsanweisung vom 27.12.1989 (BStBl. I 1989, 518) enthaltenen Voraussetzungen erfüllt würden und mit dem Hinweis zu versehen, dass eine Privatnutzung von 10 v. H. nicht überschritten werden dürfe und dass die Begünstigung rückwirkend entfalle, falls die Bedingung nicht eingehalten werde. Daraufhin stellte der Beklagte mit (Vorbehalts)Bescheid für 1994 vom 11.12.1996 gegenüber der Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -7.001.176 DM fest. Der Verlust setzte sich aus der Rücklage gemäß § 3 Abs. 2a ZRFG in Höhe von 7.000.000 DM sowie aus sonstigen betrieblichen Aufwendungen in Höhe von 1.176 DM zusammen. Der Bescheid enthielt folgenden, handschriftlich als "Nebenbedingung" bezeichneten Zusatz:
"Die Bildung der Rücklage nach dem Zonenrandförderungsgesetz wird unter der Bedingung zugelassen, dass die im § 3 ZRFG und der dazu ergangenen Verw. Anweisungen vom 27.12.1989 (BStBl. I S. 518) vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt werden. Insbesondere weise ich darauf hin, dass eine Privatnutzung von 10 % nicht überschritten werden darf (RdNr. 6 des o.a. Erlasses) und daß die Begünstigung rückwirkend entfällt, falls die Bedingung nicht eingehalten wird."
Die Klägerin führte die erstmals in den Abschluss auf den 30.11.1994 (vom 12.12.1995) eingestellte Rücklage in den Handelsbilanzen unverändert in den Abschlüssen auf den 30.11.1995 (vom 09.04.1997), den 30.11.1996 (vom 09.07.1997) sowie - nach Umstellung des abweichenden Wirtschaftsjahres per 01.07.1997 auf das Kalenderjahr und Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres vom 01.12.1996 bis 30.06.1997 - auf den 30.06.1997 (vom 10.09.1998) fort.
Nach einer bei der Klägerin für die Jahre 1996 - 1998 durchgeführten Außenprüfung erließ der Beklagte den streitgegenständlichen, nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid für 1994 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 19.12.2000. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden abweichend in Höhe von -1.176 DM festgestellt und die Änderung wie folgt erläutert:
"Gemäß § 3 Abs. 2a Satz 10 Zonenrandförderungsgesetz ist die am Schluss des nach dem 30. Dezember 1996 endenden Wirtschaftsjahres (hier: 30.06.1997) noch vorhandene Rücklage i.H.v. DM 7 Millionen im Wirtschaftsjahr ihrer Bildung (1994) gewinnerhöhend aufzulösen."
Parallel zu der Änderung des Gewinnfeststellungsbes...