Entscheidungsstichwort (Thema)
Austretendes Wasser als Bestandteil des Eigengewichts von verpacktem Rindfleisch
Leitsatz (amtlich)
Rindfleisch enthält natürlicherweise Wasser, so dass schon vor diesem Hintergrund das Rindfleisch und das in ihm enthaltene Wasser eine Einheit und zolltariflich eine einheitliche Ware bilden. Diese natürliche Einheit wird auch nicht dadurch unterbrochen, dass ein Teil des im Rindfleisch befindlichen Wassers mit Blut vermischt aus diesem austritt und sich frei fließend in der Verpackung befindet. Dieses Blutwasser haftet dem Fleisch unverändert an und bildet mit diesem eine einheitliche Ware.
Als Fleischsäfte bzw. Fleischextrakte gelten nur solche Fleischprodukte, die durch eine gezielte Behandlung - etwa durch Auspressen des rohen Fleisches oder durch Kochen oder eine Wasserdampfbehandlung des Fleisches als solche gewonnen werden.
Normenkette
KN Pos. 0201; KN Pos. 1603
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ließ im März und April 2003 mit vier Zollanmeldungen beim Zollamt Hamburg-... insgesamt 2.831 Kartons "Rindfleisch, gekühlt, Teilstücke ohne Knochen, ..." der Codenummer 0201 3000 900 des Gemeinsamen Zolltarifs zum freien Verkehr abfertigen. Es handelte sich jeweils um vakuumverpackte Ware, die sich zusammen mit dem infolge der Nachreifung ausgetretenen Blutwasser in der Folie befand. In den Zollanmeldungen war jeweils als Eigengewicht das Nettogewicht des Fleisches ohne Berücksichtigung eines Abschlags für das Blutwasser angegeben. Allerdings befand sich im Feld 44 des Einheitspapiers jeweils ein Antrag auf "Blutwasserfeststellung und Blutwasserminderung", den das Zollamt Hamburg-... ablehnte. Stattdessen erließ das Zollamt Hamburg-... jeweils Steuerbescheide unter Berücksichtigung des in den einzelnen Zollanmeldungen angegebenen ungekürzten Eigengewichtes der Ware.
Die Einsprüche der Klägerin, mit denen sie geltend machte, das Blutwasser dürfe nicht in das für die Zollerhebung maßgebende Eigengewicht des Rindfleisches einbezogen werden, wies das beklagte Hauptzollamt in der Folgezeit mit Einspruchsentscheidung vom 28.11.2003 und dem Hinweis darauf zurück, dass es sich bei dem gekühlten Fleisch und dem ausgetretenen Fleischsaft um eine zolltariflich einheitliche Ware handele, wobei das Blutwasser im Regelfall dem Fleisch innerhalb der üblichen Vakuumverpackung unmittelbar anhafte.
Mit ihrer am 23.12.2003 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie betont, im Unterschied zu gefrorenem Rindfleisch, bei dem durch den Gefriervorgang das Blutwasser dem Fleisch physikalisch anhafte, sei das Blutwasser bei lediglich gekühltem Rindfleisch in der Verpackung frei fließend und ohne jede physikalische Verbindung zum Fleisch. Bei Öffnung der Verpackung laufe es schlicht ab. Blutwasser einerseits und Rindfleisch andererseits stellten zwei physikalisch voneinander zu trennende Waren dar, die sich lediglich in derselben Verpackung befänden. Diese beiden Waren hätten auch keinen ähnlichen Verwendungszweck. Blutwasser könne nicht weiter verarbeitet werden, es stelle Abfall dar. Allein das Rindfleisch sei werthaltig. Dass sich das Blutwasser bei Gelegenheit der Verpackung noch im Fleisch befunden habe, stehe der Annahme von zwei getrennten Waren nicht entgegen. Denn maßgebend ist der Zustand des Fleisches nicht im Zeitpunkt der Verpackung, sondern im Zeitpunkt des Grenzübertritts.
Die Klägerin beantragt,
die Steuerbescheid vom 24.3., 7.4., 22.4. und 28.4.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28.11.2003 insoweit aufzuheben, als bei der Berechnung des Agrarzolls ein Abzug des angemeldeten Gewichts in Höhe von 5 % unberücksichtigt geblieben ist.
Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verteidigt die angefochtenen Steuerbescheide.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten des beklagten Hauptzollamtes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige (Teil-)Anfechtungsklage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das beklagte Hauptzollamt hat zu Recht das Gewicht des Blutwassers in das maßgebende Zollgewicht der eingeführten Waren einbezogen.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 6.6.1989 (VII R 113/86, juris) im Hinblick auf in Folie vakuumverpacktes, gefrorenes Rindfleisch und dem infolge Nachreifung ausgetretenen, ebenfalls gefrorenen Blutwasser entschieden, dass es sich um eine einheitliche Ware handele, bei deren Bestimmung des Zollgewichts nur das Gewicht der Folie unberücksichtigt bleiben könne. In dem Urteil vom 6.6.1989 heißt es u.a., dass zolltariflich gesehen jeder eingeführte Gefrierblock einschließlich des mit eingefrorenen Wassers eine Ganzheit bilde, die nur einer einheitlichen Tarifierung zugänglich sei. Ein und dieselbe Ware könne nicht unter zwei verschiedene Tarifnummern fallen. Da das eingeführte gefrorene Rindfleisch zusammen mit dem ausgetretenen und ebenfalls gefror...