rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Lohnsteuerhaftung einer GmbH & Co KG für den bei ihrer Komplementär-GmbH angestellten Geschäftsführer
Leitsatz (amtlich)
Die organisationsrechtliche Übertragung von Zuständigkeiten auf gesetzlicher Grundlage (hier Zusammenlegung von zwei Finanzämtern durch Zuständigkeitsanordnung gemäß § 17 FVG) bewirkt einen gesetzlichen Beteiligtenwechsel.
Eine GmbH & Co KG haftet nicht für die Lohnsteuer des bei ihrer Komplementär-GmbH angestellten Geschäftsführers.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung obsiegender finanzgerichtlicher Urteile richtet sich weiterhin nach §§ 151, 155 FGO i.V.m. der Vorschrift § 708 Nr. 10 ZPO, ungeachtet deren Neufassung durch das JuMoG vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198: "Berufungsurteile" statt "Urteile der Oberlandesgerichte"), durch die der Anwendungsbereich nur auf andere letzte Tatsacheninstanzgerichte erweitert werden sollte.
Normenkette
EStG § 42d Abs. 1; FVG § 17; FGO §§ 57, 63, 151, 155; ZPO § 708 Nr. 10
Tatbestand
I. Streitig ist die Lohnsteuerhaftung der Klägerin, einer GmbH & Co KG, aus Vergütungen an den früheren Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin (Komplementär-GmbH).
Der betreffende Geschäftsführer war von September 1997 bis September 2000 bei der Komplementär-GmbH angestellt (Vertrag vom September 1997 und Nachträge vom Mai 1998, März und Dezember 1999, Anlagenkonvolut 1, Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 15 ff).
Neben den vertraglich vereinbarten Vergütungen (Gehalt, Tantieme, Sonderzahlungen) ließ er sich so bezeichnete pauschale Reisekostenabschläge als Nettobeträge (ohne Lohnsteuerabzug) auszahlen, für die weder schriftliche Vereinbarungen noch Aufzeichnungen über die tatsächliche Durchführung von Geschäftsreisen vorliegen. Bei diesen Abschlägen handelte es sich um 18.700 DM in 1998, um 30.400 DM in 1999 und um 22.950 DM in 2000 (Arbeitgeber-Akte -ArbG-A- Bl. 41 f). Auch auf nachträgliche Anforderungen der Klägerin legte der ausgeschiedene Geschäftsführer keine Belege vor (Anlagenkonvolut 2, FG-A Bl. 24 ff; Rechtsbehelfs-Akte -Rb-A- Bl. 22 ff).
II. In einer Lohnsteuer-Außenprüfung unterzeichnete am 12. Juni 2001 der damalige Prokurist der Komplementär-GmbH unter Beifügung eines Stempelabdrucks der Klägerin folgende vom Betriebsprüfer aufgeschriebene Erklärung (ArbG-A Bl. 34) "Hinsichtlich der steuerfrei gezahlten Reisekostenabschläge hat sich der Arbeitgeber mit der sofortigen Haftungsinanspruchnahme mit dem Nettosteuersatz einverstanden erklärt."
Der ursprüngliche Beklagte, das Finanzamt (FA) Hamburg-A, nahm nach dem Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 14. Juni 2001 (ArbG-A Bl. 37 ff, 41 f) die Klägerin mit Lohnsteuer-Haftungsbescheid vom selben Tag in Anspruch (Anlage 6, FG-A Bl. 31; ArbG-A Bl. 35). Der gesamte Haftungsbetrag von 95.054,44 DM umfasst zugleich einen nicht mehr streitigen Haftungsfall aus 1998 mit (10.933,00 DM + 601,31 DM =) 11.534,31 DM bzw. 5.897,40 EUR (ArbG-A Bl. 43).
Die Klägerin legte am 13. Juli 2001 Einspruch ein (Rb-A Bl. 1). Der frühere Geschäftsführer habe sich um die pauschalen Reisekostenvergütungen ungerechtfertigt bereichert und müsse diese an sie (die Klägerin) zurückzahlen. Sie lehne die Übernahme der Lohnsteuer auf Nettobasis ab. Der Prokurist habe das Einverständnis ohne Kenntnis des zuständigen Geschäftsführers erklärt (Rb-A Bl. 5 ff, 30 f).
Das FA schrieb der Klägerin am 15. Mai 2002, dass die Inanspruchnahme des früheren Geschäftsführers nicht zum Erfolg geführt habe. Im Übrigen verlangten die Grundsätze von Recht und Billigkeit keine vorrangige Inanspruchnahme des Arbeitnehmers (Rb-A Bl. 28 f). Unter Bezugnahme auf die Ermessensausübung in diesem Schreiben wies das FA den Einspruch am 23. August 2002 zurück (Anlage 7, FG-A Bl. 32; Rb-A Bl. 34)
III. Die Klage ging am 26. September 2002 beim FA ein.
Während des Klageverfahrens wurde das FA Hamburg-A durch eine auf § 17 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) gestützte Zuständigkeitsanordnung vom 18. Mai 2004 ab 1. Juli 2004 mit dem Finanzamt Hamburg-B zu einem neuen Finanzamt unter der Bezeichnung Hamburg-C zusammengelegt. Nach den Geschäftsverteilungsplänen des Finanzgerichts Hamburg ist der erkennende III. Senat auch für Streitsachen gegen das Finanzamt Hamburg-C zuständig (einschließlich der vom Finanzamt Hamburg-A auf das Finanzamt Hamburg-C übergegangenen Streitsachen).
IV. Die Klägerin trägt unter Wiederholung der Einspruchsbegründung weiter vor (FG-A Bl. 4, 9, 11, 54, 56, 60, 62, 74): Sie hafte nicht, da der frühere Geschäftsführer nicht bei ihr, sondern bei der Komplementär-GmbH angestellt gewesen sei, der lediglich die Kosten für seine Tätigkeit ersetzt worden seien. Im Übrigen enthalte der Haftungsbescheid keine Ausführungen zur Ermessensbetätigung des FA. Dessen Schreiben vom 15. Mai 2002 lasse nicht in ausreichendem Maße das Abwägen des Für und Wider ihrer Inanspruchnahme anstelle eines Bescheids gegen den verantwortlichen früheren Geschäftsführers erkennen (Bl. 60f G-Akte).
Die Klägerin beant...