rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Energiesteuerrecht: LKW-Zusatztank, Steuerschuldnerschaft des Fahrers bzw. Fuhrunternehmens, Auswahlermessen, Revisionszulassung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Tatbestand des § 15 Abs. 2 Satz 1 EnergieStG setzt durch die Verwendung des Begriffs "erstmals" nicht voraus, dass das Energieerzeugnis nicht bereits außerhalb des Steuergebiets zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten wurde, sondern schließt nur mehrfache Steuerentstehung innerhalb des Steuergebiets aus.

2. Beschränkt sich in einem arbeitsteiligen Prozess ein Autohersteller auf den Bau des Fahrgestells und nimmt ein Karosseriebauer den - auf die speziellen Bedürfnisse des Nutzers ausgerichteten - Spezialaufbau vor, so ist gleichwohl allein der Hersteller des Fahrgestells Hersteller des jeweiligen Fahrzeugs.

3. Ein Fahrgestell ist bereits ein Fahrzeug im technischen Sinne, auch wenn verkehrstechnische Sicherheitserfordernisse nationaler Zulassungsbestimmungen (z. B. Seitenanfahr- bzw. hinterer Unterfahrschutz, Seitenmarkierungsleuchten) nicht vollständig erfüllt sind.

4. Der gewerbliche Betreiber eines Fahrzeugs ist als Verwender des Energieerzeugnisses Steuerschuldner nach § 15 Abs. 2 S. 3 EnergieStG.

5. Zum Erfordernis der Ausübung von Auswahlermessen.

6. Der Umstand, dass ein anderes FG in einem gleichgelagerten Fall die Revision zugelassen hat, begründet für sich allein keine Revisionszulassung.

7. Die Revision ist nicht deswegen zuzulassen, weil eine entscheidungserhebliche Vorschrift in Gerichtsentscheidungen gleichgelagerter Fälle unberücksichtigt geblieben ist, sofern es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass dem eine abweichende Rechtsauffassung zu Grunde gelegen hat.

 

Normenkette

AO §§ 5, 44 Abs. 1; EnergieStG § 15 Abs. 1, 2 Sätze 1, 3; EnergieStV § 41; FGO § 115 Abs. 2; EG-RL 118/2008 Art. 7, 33 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Steuerbefreiung beide Tanks eines Lastkraftwagens (LKW) erfasst.

Ein Fuhrunternehmen hatte im Juli 2006 bei der Fa. A ... GmbH ein Fahrgestell des Fabrikats A " XXX" erworben, das (ausweislich des Datenblatts der Fa. A) mit einem "Haupttank" aus Stahl mit einem Fassungsvermögen von 315 l ausgestattet war. Im Auftrag des Erwerbers wurde das Fahrgestell sodann bei der Firma C, D/E, zu einem PKW-Transporter nebst Anhänger - "C PKW-Transporter XXX - XXX auf A Fahrgestell" - aufgebaut. Dabei wurde auch ein weiterer Tank - aus Aluminium - mit einem Fassungsvermögen von 600 l eingebaut.

Auf seiner Fahrt am ... 2010 wurde der inzwischen von dem polnischen Fuhrunternehmen F ... G ... (F) betriebene und zuletzt in der Tschechischen Republik betankte LKW auf der Bundesautobahn A ... beim Rastplatz H von Zollbeamten kontrolliert. Fahrer des LKWs war der Kläger.

Der Beklagte setzte mit Bescheid vom selben Tag gemäß § 15 Abs. 2 Energiesteuergesetz (EnergieStG) für eine Menge von 259 l Dieselkraftstoff Energiesteuer in Höhe von EUR 121,83 gegen den Kläger fest.

Den Einspruch des Klägers vom 08. Juli 2010, der unter Berufung auf die Steuerbefreiung in § 15 Abs. 4 EnergieStG vortrug, beide Tanks seien der Hauptbehälter des von der Fa. C hergestellten LKW, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28. September 2010 als unbegründet zurück, weil der zweite Tank nicht werkseitig, sondern zusätzlich montiert worden sei.

Zur Begründung seiner am 26. Oktober 2010 erhobenen Klage vertieft der Kläger seine Einspruchsbegründung. Hersteller des Fahrzeugs im Sinne der Vorschrift sei die Fa. C, die Autotransporter wie den streitgegenständlichen serienmäßig baue. Da dieses Unternehmen den LKW mit zwei Tanks ausgeliefert habe, sei der LKW im Sinne der Befreiungsvorschrift bereits herstellermäßig mit zwei Tanks ausgerüstet gewesen. Die Fa. A sei hingegen nicht Hersteller des Fahrzeugs, sondern lediglich Zulieferer des Fahrgestells, das die Firma C neben anderen Teilen für die Herstellung des Autotransporters verwendet habe. Fahrgestelle seien keine Fahrzeuge im Sinne von Art. 112 Abs. 1 ZollbefreiungsVO, insbesondere auch keine Nutzfahrzeuge. Einen Nutzen als Fahrzeug bringe noch nicht das Fahrgestell, sondern erst das von Karosseriebauunternehmen - wie im vorliegenden Fall der Fa. C - hergestellte Aufbaufahrzeug. Weil bei einem Autotransportfahrzeug aus technischen Gründen nur Tanks mit einem besonders niedrigen Querschnitt zum Einsatz kommen könnten, müsse es mit zwei Tanks ausgestattet werden. Beide Tanks zusammen bildeten den "Hauptbehälter" im Sinne der Befreiungsvorschrift.

Der vorliegende Fall unterscheide sich von dem Fall, der dem in der Einspruchsentscheidung angeführten Urteil des EuGH (vom 03. Dezember 1998 C-247/97) zugrunde gelegen habe, weil es dort nicht um die serienmäßige Herstellung eines gebrauchsfähigen Nutzfahrzeuges durch einen Karosseriebauer gegangen sei, sondern um den nachträglichen Einbau eines zusätzlichen Tanks in einen bereits betriebenen LKW.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die Besteuerung stehe im Widerspruch zur europäische...

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