Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage

 

Leitsatz (amtlich)

Eine unzulässige Untätigkeitsklage kann durch Zeitablauf in die Zulässigkeit gleichsam hineinlaufen.

 

Normenkette

FGO § 46 Abs. 1-2; UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Kläger ist Steuerberater. Ferner ist er persönlich haftender Mitgesellschafter der Firma A... KG (A) und persönlich haftender Gesellschafter der B... Steuerberatungsgesellschaft KG (B).

Unter dem 25.11.1997 erklärte der Kläger erstmals seine Umsatzsteuer 1996. Unter dem 16.02.1998 gab er eine berichtigte Umsatzsteuererklärung ab, wonach sich die abziehbaren Vorsteuerbeträge auf DM 7.100 beliefen und sich ein Erstattungsbetrag von DM 6.585,93 ergab.

Im Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 01.04.1998 berücksichtigte der Beklagte lediglich Vorsteuerbeträge in Höhe von DM 384,21. Über den vom Kläger am 06.04.1998 eingelegten Einspruch ist seitens des Beklagten nicht entschieden worden. Bereits am 06.03.1998 wandte sich der Kläger an das Finanzgericht mit dem Ziel der Umsatzsteuerveranlagung und Bescheiderteilung.

Mit Schreiben vom 14.05.1998, beim Finanzgericht eingegangen am gleichen Tage, erhob der Kläger gegen den Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 01.04.1998 Klage und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf seine Einwendungen im Einspruch vom 06.04.1998.

In der mündlichen Verhandlung vom 27.03.2001 (Blatt 114 der Gerichtsakte) machte der Kläger abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von DM 1.745,21 geltend. Mit Schreiben vom 09.07.2002 beantragt der Kläger nunmehr, Vorsteuerbeträge in Höhe von DM 1.109,03 zu berücksichtigen. Er führt hierzu aus, bei diesen Beträgen handele es sich um Parkhausgebühren für notwendige Gespräche mit seinem Rechtsanwalt, Bewirtungskosten anlässlich Gespräche mit Zeugen, Fachliteratur und Hotelrechnungen für drei Geschäftsreisen.

In dem vom Kläger vorgelegten Kontennachweis sind in den geltend gemachten Kosten Rechtsanwaltskosten sowie Kosten für Türschlösser enthalten, die der Kläger aufgrund erfolgter Einbrüche auswechseln ließ.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 01.04.1998 mit der Maßgabe abzuändern, dass Umsatzsteuer in Höhe von DM 518,70 und abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von DM 1.109,07, mithin ein Erstattungsbetrag in Höhe von DM 590,33 festgesetzt werden.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er weist darauf hin, dass dem ursprünglichen Begehren des Klägers auf Umsatzsteuerfestsetzung durch den Bescheid vom 01.04.1998 Rechnung getragen worden sei. Im Übrigen hält er die Klage mangels durchgeführten Vorverfahrens für unzulässig. Ferner führt er aus, dass es sich bei den Kosten für das Auswechseln der Schlösser insoweit um Kosten der privaten Lebensführung handele, als es sich um die Kosten für das Türschloss im Privathaus des Klägers handele (DM 327,75).

Für den weiteren Sachverhalt wird im Übrigen auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2002 verwiesen.

Dem Senat haben die Gewinnfeststellungsakten zur StNr.: ... Band V sowie ab 1997, ferner die Bilanz- und Bilanzberichtsakten, die Einkommensteuerakten und die Umsatzsteuerakte zur StNr.: ..., sowie die Umsatzsteuerakten und die Rechtsbehelfsakten zur StNr.: ... vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat legt das Klagbegehren des Klägers dahin gehend aus, dass der Kläger sich nunmehr nur noch gegen den Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 01.04.1998 wendet. Dabei handelt es sich um eine Untätigkeitsklage gem. § 46 Abs. 1 FGO. Diese war zunächst unzulässig, weil sie vor Ablauf von 6 Monaten seit Einlegung des Einspruchs des Klägers vom 06.04.1998 erhoben worden war. Nachdem der Beklagte jedoch bisher nicht über den Einspruch des Klägers entschieden hat und hierfür zureichende Gründe weder ersichtlich sind noch vorgetragen wurden, ist die Untätigkeitsklage durch Zeitablauf in die Zulässigkeit gleichsam hineingewachsen (vgl. BFH, Beschluss vom 11.10.1979 IV B 61/79, BStBl. II 1980, 49/50; Urteil vom 28.09.1990 VI R 98/89,100/89, BStBl. II 1991, 363).

Die gegen den Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 01.04.1998 gerichtete Klage hat auch größtenteils in der Sache Erfolg, denn der Umsatzsteuerbescheid 1996 ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten. Bei den vom Kläger geltend gemachten abziehbaren Vorsteuerbeträgen handelt es sich um Leistungen gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG), die für das Unternehmen des Klägers von anderen Unternehmen ausgeführt worden sind.

a) Hierunter fallen die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten und die entsprechenden Parkgebühren, die für die Zeit von Besprechungen des Klägers mit seinem Anwalt angefallen sind. Im Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 01.12.2000 (Az. I 388/98) wurden Rechtsverfolgungskosten von DM 10.000 für 1996 als Betriebsausgaben anerkannt, so dass die hierauf entfallende Umsatzsteuer grundsätzlich als Vorsteuer abziehbar ist. Da der Kläger in sein...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge