Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Anrechung einer Geschäftsgebühr des Vorverfahrens bei Beraterwechsel zwischen Einspruchs- und Klageverfahren auf die Verfahrensgebühr des Klageverfahrens; Entstehung einer Terminsgebühr
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Anrechungsregelung greift gem. Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG nur ein, wenn derselbe Bevollmächtigte außergerichtlich gegenüber dem späteren Prozessgegner tätig geworden ist. Sie ist nicht anzuwenden, wenn der Erstattungsberechtigte vorprozessual von einem anderen Bevollmächtigten vertreten war und es nach Beendigung der außergerichtlichen Tätigkeit zu einem Bevollmächtigtenwechsel kommt.
2. Die Terminsgebühr gem. Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG entsteht u.a. bei Mitwirkung auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts. Bei der Besprechung kann es sich auch um eine fernmündliche Erörterung mit dem zuständigen Sachbearbeiter der Finanzverwaltung handeln. Dieser Sachbearbeiter muss nicht der entscheidungsbefugte Beamte sein.
Normenkette
VV RVG Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Geschäftsgebühr des Vorverfahrens bei einem Beraterwechsel zwischen Einspruchs- und Klageverfahren auf die Verfahrensgebühr des Klageverfahrens anzurechnen und ob eine Terminsgebühr im Klageverfahren entstanden ist.
Die Klägerin und Erinnerungsgegnerin (im Folgenden: Erinnerungsgegnerin genannt), eine niederländische Firma mit Sitz in den Niederlanden, erhob wegen Vorsteuervergütung Klage beim Finanzgericht Köln (2 K 2965/10). Im Einspruchsverfahren war sie von niederländischen Steuerberatern vertreten worden. Im Klageverfahren wurde sie von deutschen Steuerberatern vertreten.
Die Klage wurde nicht begründet. Vielmehr fanden verschiedene Telefonate der Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin mit dem zuständigen Sachbearbeiter des damaligen Beklagten und jetzigen Erinnerungsführers (im Folgenden: Erinnerungsführer) statt. Nachdem in diesen Telefonaten der Sachverhalt geklärt worden war und weitere Unterlagen eingereicht worden waren, erließ der Erinnerungsführer einen Änderungsbescheid. Beide Beteiligten erklärten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Daraufhin erlegte der Berichterstatter des damaligen Verfahrens mit Beschluss vom 18. Februar 2011 die Kosten dem Erinnerungsführer auf und erklärte die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig.
Die Erinnerungsgegnerin beantragte am 23. Februar 2011, ergänzt am 17. Oktober 2011, die ihr zu erstattenden Kosten festzusetzen.
Der Kostenbeamte des Finanzgerichts setzte die zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 24. Oktober 2011 fest. Dabei berücksichtigte er eine Terminsgebühr und nahm keine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des Klageverfahrens vor.
Mit der rechtzeitig erhobenen Erinnerung trägt der Erinnerungsführer vor:
Eine Terminsgebühr sei nicht anzusetzen. Zwingende Voraussetzung für den Ansatz sei, dass die Besprechungen mit einem entscheidungsbefugten Vertreter erfolgten und diese auf die Erledigung des Rechtsstreits gerichtet seien. Im Streitfall hätten Gespräche nur mit den Sachbearbeitern stattgefunden. In den maßgeblichen Telefongesprächen seien auch nur Sachverhaltsteile erläutert worden. Eine Auseinandersetzung über den Streitstand habe nicht stattgefunden. Für den Ansatz der Terminsgebühr ohne Mitwirken des Gerichts sei grundsätzlich ein Austausch über den Sach-, aber insbesondere den Streitstand erforderlich. Keine der Personen, mit denen die Bevollmächtigten gesprochen hätten, sei entscheidungsbefugt gewesen.
Die Geschäftsgebühr des Vorverfahrens sei auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Nach Erlass eines Bescheids bildeten alle Rechtsbehelfe (z.B. Einspruch gegen den Bescheid bzw. Klage gegen die Einspruchsentscheidung) eine Einheit, mit denen der von der Entscheidung Beschwerte diese angreife. Es sei weder sachgerecht noch erforderlich, innerhalb der Rechtsbehelfe, z. B. zwischen Einspruch und nachfolgender Klage zu unterscheiden.
Wegen der weiteren Begründung wird auf die Erinnerungsschrift vom 18. November 2011 Bezug genommen.
Der Erinnerungsführer beantragt,
den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss mit der Maßgabe zu ändern, dass eine Terminsgebühr nicht angesetzt und die Geschäftsgebühr des Vorverfahrens auf die Verfahrensgebühr des Klageverfahrens angerechnet wird.
Die Erinnerungsgegnerin beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Eine Terminsgebühr sei anzusetzen. Die Ausführungen des Erinnerungsführers seien widersprüchlich. Der Sachbearbeiter habe durch seine Äußerungen, vorbehaltlich einer Zustimmung durch den Vorgesetzten, grundsätzlich die Bereitschaft gezeigt, das Verfahrens einvernehmlich zu erledigen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Erinnerung ist unbegründet.
Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtmäßig und verletzt den Erinnerungsführer deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordn...