Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine PKH für vor Klageerhebung erledigte Untätigkeitsklage

 

Leitsatz (redaktionell)

Für vor Klageerhebung erledigte Untätigkeitsklagen besteht kein Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.

 

Normenkette

ZPO § 114; VV RVG Nr. 3335; FGO § 142

 

Tatbestand

Das Finanzamt erließ unter dem 21.03.2017 gegen den Antragsteller einen Haftungsbescheid für Lohnsteuerrückstände der A S.R.L.

Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit seinem Einspruch vom 07.06.2017.

Nachdem das Finanzamt zwar dem zugleich gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung und auf Aussetzung der Vollziehung am 19.06.2017 entsprochen hatte, aber eine Entscheidung über den Einspruch ausblieb, hat der Antragsteller mit am 03.05.2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 02.05.2018 einen Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Untätigkeitsklage mit dem Ziel der Aufhebung des Haftungsbescheides gestellt, dem er neben dem Klageentwurf eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt hat.

Mit Bescheid vom 08.06.2018 hat das Finanzamt den angefochtenen Haftungsbescheid aufgehoben und zugleich darin erklärt, dass sich hierdurch der Einspruch erledigt habe.

Hierauf hat der Antragsteller den Prozesskostenhilfeantrag mit Schriftsatz vom 11.06.2018 für erledigt erklärt und

beantragt,

dem Finanzamt B die Kosten des Prozesskostenhilfeverfahrens gemäß § 138 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuerlegen

sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Zur Begründung seines nunmehrigen Antrages trägt der Antragsteller vor, dass hierdurch seinen Vertretern die Geltendmachung der 1,0 Verfahrensgebühr nach VV 3335 ermöglicht würde. Das Finanzamt, das anscheinend nicht mit einer Untätigkeitsklage gerechnet habe, sei sofort nach Zustellung des Prozesskostenhilfeantrages in die Rücknahme des Haftungsbescheides geflüchtet, obwohl die im Entwurf beigefügte Untätigkeitsklage gegenüber den Sach- und Rechtsausführungen im Vorverfahren nichts Neues enthalten habe. Zwar könne nun vorliegend eine Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr ergehen, da das Finanzamt nach dem Prozesskostenhilfeantrag in die Erledigungserklärung geflüchtet sei. Es werde auf eine Kostenentscheidung in unmittelbarer, hilfsweise entsprechender Anwendung des § 138 Abs. 1 FGO und auf eine Berücksichtigung dieser Vorschrift im Prozesskostenhilfeverfahren gehofft. Nach herrschender Meinung könne das Gericht dem obsiegenden Gegner die Kosten des Antragstellers im Prozesskostenhilfeverfahren auferlegen (z. B. Musielak/Voit/Fischer, § 118 ZPO, Rn. 16; MK-ZPO/Wache, § 118 Rn. 24). Es erscheine unbillig, dem durch einen staatlichen Verwaltungsakt Beschwerten, der mittellos und auf einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe angewiesen sei, gegenüber einem Beschwerten, der die finanziellen Mittel zur sofortigen Klageerhebung habe, kostenrechtlich schlechter zu stellen.

 

Entscheidungsgründe

I. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe bzw. darauf, dem Finanzamt die Kosten des Prozesskostenhilfeverfahrens aufzuerlegen, hat keinen Erfolg.

1. Es handelt sich vorliegend nicht um eine Klage – eine solche ist nicht erhoben –, sondern um einen isolierten Antrag auf Prozesskostenhilfe. Dies folgt aus dem Schriftsatz des Antragstellers vom 02.05.2018, in dem ausdrücklich von der beabsichtigten Klage gegen den Haftungsbescheid sowie von Antragsteller und Antragsgegner die Rede ist und auf den beigefügten Klageentwurf verwiesen wird.

2. Der Haftungsbescheid vom 21.03.2017 ist durch Bescheid vom 08.06.2018 aufgehoben worden, so dass von ihm keine, den Antragsteller beschwerenden Rechtswirkungen (vgl. § 124 Abs. 2 AO) mehr ausgehen und insofern bereits vor der Klageerhebung materiell Erledigung eingetreten ist. Das Finanzamt hat im Hinblick darauf das Einspruchsverfahren für erledigt erklärt, worauf der Antragsteller seine Erklärung der Erledigung des Prozesskostenhilfeantrages abgegeben hat.

3. Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 142 FGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO ist kein Raum mehr, wenn sich – wie vorliegend – der materielle Streit in der Hauptsache bereits im Prozesskostenhilfeverfahren noch vor Klageerhebung erledigt.

Die Voraussetzungen für Prozesskostenhilfe sind in einer derartigen Konstellation nicht erfüllt, weil es an der erforderlichen Erfolgsaussicht in der Hauptsache fehlt (§ 142 Abs. 1 FGO i.V. mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Zivilprozessordnung – ZPO –). Denn aufgrund des Wegfalls der Beschwer des Antragstellers, wäre eine Klage unzulässig. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein nicht mehr beabsichtigtes Klageverfahren ginge ins Leere, so dass es dafür jedenfalls an einem schutzwürdigen Interesse fehlte.

Dem Antragsteller kann Prozesskostenhilfe auch nicht mit Rücksicht darauf bewilligt werden, dass seinen Bevollmächtigten nach Nr. 3335 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für das Verfahren über die Prozesskostenhilfe möglicherweise ein Vergütungs...

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